Leitsatz (amtlich)
1. Keine Schutzwirkung des gesetzlichen Musters nach Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 3 EGBGB in der zwischen 4. August 2011 und 12. Juni 2014 geltenden Fassung, wenn unter der Überschrift "Besonderheiten bei weiteren Verträgen" über ein "Vertragsverhältnis mit der Gebäudeversicherung" als angegebenes Geschäft im Sinne des § 359a Abs. 1 BGB in der zwischen 4. August 2011 und 12. Juni 2014 geltenden Fassung belehrt wird, obwohl dieser Vertrag kein angegebenes Geschäft im Sinne der Vorschrift darstellt (Anschluss an Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken, Urteil vom 30. Juni 2020 - 4 U 70/18 -, juris Rn. 51ff.). Auf die Umsetzung des Gestaltungshinweises 8e für das angegebene Geschäft darf nur verzichtet werden, wenn der Darlehensgeber zugleich Vertragspartner des Darlehensnehmers aus dem weiteren Vertrag ist; auf die Anwendung des Hinweises 4c, der ausschließlich im Falle des Vorliegens eines Vertrages über eine Zusatzleistung nach § 359a Abs. 2 BGB in der zwischen 4. August 2011 und 12. Juni 2014 geltenden Fassung umgesetzt werden darf, kommt es in diesem Zusammenhang nicht an.
2. Zur Zulässigkeit einer Feststellungsklage bzgl. der Rückzahlung von nach Widerruf unter Vorbehalt geleisteten und in Zukunft möglicherweise beabsichtigten Zahlungen des Darlehensnehmers; zu den Rechtsfolgen des Widerrufs eines Darlehensvertrages.
Tenor
I. Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 31. Januar 2019 - 2 O 92/17 - im Kostenpunkt aufgehoben sowie im Übrigen abgeändert und wie folgt gefasst:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger Zinsen in Höhe von 2,5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus einem Betrag von 67,61 EUR seit dem 30. September 2011, sowie jeweils aus einem Betrag von 1.200,00 EUR seit dem 31. Oktober 2011, 30. November 2011, 30. Dezember 2011, 31. Januar 2012, 29. Februar 2012, 30. März 2012, 30. April 2012, 31. Mai 2012, 29. Juni 2012, 31. Juli 2012, 31. August 2012, 28. September 2012, 31. Oktober 2012, 30. November 2012, 29. Dezember 2012, 31. Januar 2013, 28. Februar 2013, 28. März 2013, 30. April 2013, 31. Mai 2013, 28. Juni 2013, 31. Juli 2013, 30. August 2013, 30. September 2013, 31. Oktober 2013, 29. November 2013, 30. Dezember 2013, 31. Januar 2014, 28. Februar 2014, 31. März 2014, 30. April 2014, 30. Mai 2014, 30. Juni 2014, 31. Juli 2014, 29. August 2014, 30. September 2014, 31. Oktober 2014, 28. November 2014, 30. Dezember 2014, 30. Januar 2015, 27. Februar 2015, 31. März 2015, 30. April 2015, 29. Mai 2015, 30. Juni 2015, 31. Juli 2015, 31. August 2015, 30. September 2015, 30. Oktober 2015, 30. November 2015, 30. Dezember 2015, 29. Januar 2016, 29. Februar 2016, 31. März 2016 und seit dem 29. April 2016 jeweils bis zum 20. Mai 2016 zu zahlen.
2. Es wird festgestellt, dass der Beklagten seit Zugang der Widerrufserklärung vom 20. Mai 2016 aus dem Darlehensvertrag mit der Nummer 300... vom 4./11. August 2011 kein Anspruch mehr auf Zins- und Tilgungszahlungen gegen die Kläger zusteht.
3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
III. Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens tragen die Kläger zu 85 % und die Beklagte zu 15 %. Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Kläger 64 % und die Beklagte 36 %.
IV. Dieses Urteil und das angefochtene Urteil des Landgerichts, soweit es aufrecht erhalten bleibt, sind vorläufig vollstreckbar. Beide Parteien können die Vollstreckung der Vollstreckungsgläubiger durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die vollstreckende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
V. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Parteien streiten über die Wirksamkeit des Widerrufs der auf Abschluss eines Darlehensvertrages gerichteten Willenserklärungen.
Die Kläger schlossen als Verbraucher in den Jahren 2011 und 2013 mit der Beklagten zwei grundpfandrechtlich gesicherte Annuitätendarlehen. Mit Vertrag vom 4./11. August 2011 gewährte die Beklagte den Klägern zur Vertragsnummer 300... für den Kauf eines Reihenhauses ein Darlehen über eine Nettodarlehenssumme von 260.000 EUR zu einem Sollzinssatz von 3,59% jährlich, der bis zum 12. Juli 2021 festgeschrieben ist. Das Darlehen ist in 278 Monatsraten zu je 1.200 EUR und einer letzten Rate von 841,75 EUR zurückzuzahlen, beginnend ab dem 30. November 2011. Der Vertrag enthält unter Ziffer 11 eine Widerrufsinformation. Wegen der Einzelheiten des Darlehensvertrags wird auf die Anlage K1 Bezug genommen.
Dem Vertragsschluss vorausgegangen war ein persönliches Beratungsgespräch am 17. Juli 2011 in den Geschäftsräumen der Beklagten in deren Filiale ....
Die Kläger bedienen - seit Erklärung des Widerrufs unter Vorbehalt - das Darlehen vertragsgemäß. Wegen der geleisteten Zahlungen wird auf die Zahlungsaufstellung (Anlagenkonvolut K 14) verwiesen.
Das zweite Darlehen vom 6./11. März 2013, Vertrag...