nicht revisibel
Entscheidungsstichwort (Thema)
Feststellung des Bestehens eines Krankenversicherungsvertrages
Leitsatz (amtlich)
Zur Wissenszurechnung bei Vermittlungspersonen, die vom Versicherungsnehmer nicht als Versicherungsmakler beauftragt sind.
Normenkette
VVG § 43 Nr. 1, § 44
Verfahrensgang
LG Mannheim (Aktenzeichen 8 O 36/99) |
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 17. Mai 2000 – 8 O 36/99 – wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Die Beschwer der Beklagten übersteigt 60.000 DM nicht.
Gründe
(teilweise abgekürzt gem. § 543 ZPO)
Die zulässige Berufung bleibt ohne Erfolg.
Das Landgericht Mannheim hat der Feststellungsklage des Klägers auf Fortbestand seines Krankenversicherungsschutzes bei der Beklagten stattgegeben und die Widerklage auf Rückzahlung erbrachter Krankenversicherungsleistungen abgewiesen mit der im Ergebnis zutreffenden Begründung, die Beklagte könne sich nicht auf einen wirksamen Rücktritt vom Versicherungsvertrag gemäß § 20 VVG stützen und sei auch nicht berechtigt gem. § 22 VVG wegen arglistiger Täuschung vom Versicherungsvertrag zurückzutreten.
I.
Die Beklagte hat schon keine wirksame Rücktrittserklärung dargetan. Sie beruft sich auf ein Rücktrittsschreiben vom 29.07.1998, das auf Basis der der Beklagten angeblich am 13.07.1998 mitgeteilten Umstände verfasst sein soll. Bereits im ersten Rechtszug hat der Kläger bestritten, dass die namentlich nicht genannten Unterzeichner dieses Schreibens zur Abgabe einer Rücktrittserklärung bevollmächtigt seien. Auch im zweiten Rechtszug hat der Kläger unter Bezugnahme auf den Vortrag der Beklagten, die Unterzeichner seien gem. § 49 HGB zur Abgabe derartiger Erklärungen bevollmächtigt, bestritten, dass die nicht näher bezeichneten Unterzeichner im Zeitpunkt der Abgabe der Erklärung Prokura hatten. Die Erteilung der Prokura hat die Klägerin nicht bewiesen. Mangels Benennung der Unterzeichner war es auch nicht möglich, die Frage durch Einholung einer Handelsregisterauskunft zu klären.
Damit ist für die Entscheidung davon auszugehen, dass die Erklärung vom 29.07.1998 von den Unterzeichnern ohne Vertretungsmacht abgegeben wurde und die Rücktrittserklärung gem. § 180 BGB keine Wirksamkeit entfaltet. Offen bleiben kann, ob eine Gestaltungserklärung wie die Rücktrittserklärung unter den Voraussetzungen des § 180 Satz 2 BGB über eine entsprechende Anwendung von § 177 BGB der Genehmigung durch nachträgliche Erklärung des Geschäftsherrn zugänglich ist (vgl. hierzu Palandt/Heinrichs; BGB; 60. Aufl.; § 180 Rn. 1). Handelt es sich nämlich – wie hier – um ein fristgebundenes Rechtsgeschäft, so muss die Genehmigung innerhalb der Frist erfolgen (vgl. Staudinger/Schilken; BGB; 1995; § 180 Rn. 6 m.w.N.). Eine rechtzeitige Genehmigung ist hier nicht dargetan.
II.
Das Landgericht ist – im Ergebnis zutreffend – davon ausgegangen, dass die Beklagte die tatsächlichen Voraussetzungen eines Rücktrittsrechts gem. §§ 16, 17 VVG nicht nachgewiesen hat. Auf die Ausführungen des Landgerichts zur Beweiswürdigung, denen beigetreten wird, wird Bezug genommen. Die Ausführungen der Beklagten im Berufungsrechtszug geben zu einer abweichenden Beweiswürdigung keinen hinreichenden Anlass. Überzeugend hebt schon das Landgericht darauf ab, dass der Streithelfer als Zeuge bei der Darstellung des Gesprächs vom 22.09.1997, aufgrund dessen der Zeuge selbst für den Kläger und dessen Ehefrau den Versicherungsantrag ausfüllte, weitgehend auf seine – von ihm als üblich dargestellte – Praxis verwies. Im Hinblick auf die Bekundungen der Ehefrau des Klägers und den Angaben des Klägers selbst reichen die Bekundungen des Streithelfers nicht hin, um eine hinreichend sichere Überzeugung von einer Anzeigepflichtverletzung des Klägers zu begründen.
Der Entscheidung ist daher zugrunde zu legen, dass dem Streithelfer bei Aufnahme des Versicherungsantrags gerade die Umstände mitgeteilt wurden, auf deren Verschweigen der Rücktritt gestützt wird.
III.
Dieses Wissen des Streithelfers muss sich die Beklagte zurechnen lassen.
Das Landgericht stützt diese Wissenszurechnung im Ergebnis zutreffend auf die Auge-und-Ohr-Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHZ 102, 194). Danach kommt es, wird der Versicherungsantrag nicht vom Versicherungsnehmer, sondern von einem Versicherungsvermittler aufgrund der Befragung des Antagstellers ausgefüllt, nicht auf die schriftlich niedergelegten Antworten an, sondern auf das, was der Versicherungsnehmer bei Antragstellung dem Vermittler mitteilt. Bei der Entgegennahme eines Antrags auf Abschluss eines Versicherungsvertrages steht dem Antragsteller der empfangsbevollmächtigte Versicherungsagent – bildlich gesprochen – als Auge und Ohr des Versicherers gegenüber. Was dem Vermittler in Bezug auf die Antragstellung gesagt oder vorgelegt wird, ist dem Versicherer gesagt und vorgelegt worden. Diese besondere Stellung des Vermittlers erlangt jedoch nicht nur dann Bedeutung, wen...