Entscheidungsstichwort (Thema)

Versorgungsausgleich: Gleichartigkeit von Anrechten aus der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes und aus betrieblicher Altersversorgung

 

Leitsatz (amtlich)

Anrechte aus einer Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes und solche aus einer betrieblichen Altersversorgung außerhalb des öffentlichen Dienstes sind in der Regel nicht gleichartig i.S.v. § 18 Abs. 1 VersAusglG.

 

Normenkette

VersAusglG § 18 Abs. 1

 

Verfahrensgang

AG Konstanz (Beschluss vom 07.10.2010; Aktenzeichen 3 F 202/09)

 

Tenor

1. Auf die Beschwerde des KVBW wird der Beschluss des AG - Familiengericht - Konstanz vom 7.10.2010 in Ziff. 2 Abs. 4 abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts des Antragsgegners bei der Zusatzversorgungskasse des KVBW (ZVVA ...) zugunsten der Antragstellerin ein Anrecht i.H.v. 14,50 Versorgungspunkten nach Maßgabe von § 44 der Satzung der Zusatzversorgungskasse des KVBW, bezogen auf den 31.10.2009 übertragen.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

3. Der Verfahrenswert wird auf 1.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Mit dem angefochtenen Beschluss vom 7.10.2010 hat das AG - Familiengericht - Konstanz die am 22.12.2004 geschlossene Ehe der beteiligten Ehegatten geschieden und den Versorgungsausgleich geregelt. Dabei hat das Familiengericht die von beiden Ehegatten während der Ehezeit erworbenen Anrechte in der gesetzlichen Rentenversicherung im Wege der internen Teilung ausgeglichen.

Bezüglich des Anrechts der Antragstellerin bei den KS (Stiftung und Co. KG) i.H.v. 1.541 EUR und des Anrechts des Antragsgegners bei der ZVK-KVBW i.H.v. 25,78 Versorgungspunkten hat das Familiengericht angeordnet, dass ein Ausgleich unterbleibt. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass es sich um Anrechte gleicher Art handle, deren Differenz gering sei i.S.v. § 18 Abs. 1 und 3 VersAusglG.

Mit ihrer hiergegen gerichteten Beschwerde macht die ZVK-KVBW geltend, ihr Versorgungssystem unterscheide sich von demjenigen der KS in seiner Finanzierung, Wertentwicklung und im Leistungsspektrum. Mangels Vergleichbarkeit der Versorgungen sei deshalb der vorgeschlagene Ausgleichswert von 14,50 Versorgungspunkten zugunsten der Antragstellerin zu übertragen.

Die Antragstellerin hat sich der Rechtsauffassung der Beschwerdeführerin angeschlossen. Der Antragsgegner hat sich zur Beschwerde nicht geäußert.

II.1. Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig. Die für die Beschwerdeberechtigung gem. § 59 Abs. 1 FamFG erforderliche unmittelbare Rechtsbeeinträchtigung der Beschwerdeführerin durch die angefochtene Entscheidung ist gegeben.

Ein Eingriff in eine geschützte Rechtsposition wurde für einen am Verfahren über den Versorgungsausgleich beteiligten Versorgungsträger nach der bis 1.9.2009 geltenden Rechtslage grundsätzlich unabhängig von einer finanziellen Mehrbelastung bereits dann angenommen, wenn der Versorgungsausgleich mit einem im Gesetz nicht vorhergesehenen Eingriff in seine Rechtsstellung verbunden ist (BGH FamRZ 1981, 132).

Hieran hat sich durch die am 1.9.2009 in Kraft getretene gesetzliche Neuregelung nichts geändert. Wie sich aus § 228 FamFG ergibt, hängt die Zulässigkeit einer Beschwerde in Versorgungsausgleichssachen nicht vom Erreichen einer Mindestbeschwer ab. Dies beruht auf der Erwägung, dass die Rentenversicherungsträger im Ergebnis die Interessen der Versichertengemeinschaft wahrnehmen und sich darüber hinaus wegen der Ungewissheit des künftigen Versicherungsverlaufs regelmäßig zunächst noch nicht feststellen lässt, ob sich die getroffene Entscheidung zum Nachteil für den Versorgungsträger auswirkt oder nicht (BT-Drucks. 16/6308, 254). Dementsprechend stellt auch das Unterlassen der Durchführung des Versorgungsausgleichs eine Beeinträchtigung der Rechte des Versorgungsträgers dar, wenn der Ausgleich nach den gesetzlichen Vorschriften geboten wäre (OLG Karlsruhe FamRZ 1996, 560). Es ist durchaus denkbar, dass die unterbliebene Durchführung des Versorgungsausgleichs den Versorgungsträger finanziell belastet, beispielsweise wenn der an sich Ausgleichspflichtige deutlich länger lebt als der Ausgleichsberechtigte.

2. Die Beschwerde ist auch begründet.

Nach § 18 Abs. 1 VersAusglG soll das Familiengericht beiderseitige Anrechte gleicher Art nicht ausgleichen, wenn die Differenz ihrer Ausgleichswerte gering i.S.v. § 18 Abs. 3 VersAusglG ist. Gleichartigkeit von Anrechten im Sinne dieser Vorschrift erfordert keine Wertidentität. Ausreichend ist eine strukturelle Übereinstimmung in den wesentlichen Fragen wie beispielsweise Leistungsspektrum, Finanzierungsart oder Anpassung von Anwartschaften und laufenden Versorgungen (BT-Drucks. 16/11903, 54 und 16/10144, 55). Nicht erforderlich ist, dass die Anrechte beim selben Versorgungsträger bestehen (Johannsen/Henrich, FamR, 5. Aufl. 2010, § 18 VersAusglG Rz. 4).

Wirtschaftlich soll eine Verrechnung gleichartiger Anrechte nach § 18 Abs. 1 VersAusglG im Wesentlichen zu demselben Ergebnis führen wie e...

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