Entscheidungsstichwort (Thema)

Ehegattenunterhalt – sittenwidrige Vereinbarung. Ehescheidung

 

Leitsatz (amtlich)

Eine notarielle Unterhaltsvereinbarung zwischen Eheleuten, wonach der Unterhaltsanspruch der Ehefrau – bei weiterhin vorhandener Leistungsfähigkeit des Ehemannes – sich verringert, wenn diese die gemeinsamen Kinder zu sich nimmt, ist sittenwidrig im Sinne des § 138 BGB, da die Ehefrau davon abgehalten werden soll, die Kinder zu sich zu nehmen. Dies gilt auch dann, wenn der Ehemann meint, hiermit im Interesse der Kinder zu handeln, da sich eine solche Regelung über das Wohl der Kinder hinwegsetzt und sie zum Gegenstand eines Handels macht.

 

Normenkette

BGB § 138

 

Verfahrensgang

AG Karlsruhe-Durlach (Urteil vom 08.01.1999; Aktenzeichen 2 F 84/98)

 

Tenor

1. Die Berufungen der Antragstellerin und des Antragsgegners werden zurückgewiesen.

2. Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Antragstellerin 52 %, der Antragsgegner 48 %.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Tatbestand

Die Parteien haben am 26. März 1975 die Ehe geschlossen. Aus der Ehe sind drei Kinder hervorgegangen, von denen das jüngste am 25.2.2000 volljährig wird. Die Parteien leben spätestens seit Frühjahr 1995 getrennt, zu diesem Zeitpunkt hat die Antragstellerin die ehegemeinsame Wohnung verlassen. Kurze Zeit später übersiedelten die Kinder zur Antragstellerin.

Mit Schriftsatz vom 21.8.1995 hat die Antragstellerin die Scheidung der Ehe beantragt. Nachdem sie mehrfach Anfragen des Versorgungsträgers zum Versorgungsausgleich nicht beantwortet hat, hat das Familiengericht nach entsprechender Ankündigung am 17.7.1997 die Akten gem. § 7 AktO weggelegt. Durch Schriftsatz des Antragsgegners vom 8.4.1998, zugestellt am 16.4.1998 (I, 191 ES), in dem dieser eigenen Scheidungsantrag gestellt hat, wurde das Verfahren wieder angerufen. Die Antragstellerin hat mit Schriftsatz vom 7.8.1998 (I, 193 ES) ihren Scheidungsantrag zurückgenommen. Das Familiengericht hat die Ehe auf Antrag des Antragsgegners geschieden.

Die Parteien haben am 8.3.1995 beim Notariat … unter Urk.Nr. 491/95 einen Ehevertrag geschlossen, in dem mit sofortiger Wirkung der Güterstand der Zugewinngemeinschaft aufgehoben und Gütertrennung vereinbart wurde. Vom Zugewinnausgleich ausgenommen wurden das im Eigentum des Antragsgegners stehende Hausanwesen …, die Arztpraxis des Antragsgegners sowie dessen Lebensversicherung, die zur Tilgung der für das Hausanwesen bestehenden Verbindlichkeiten abgeschlossen war sowie die Bilder des Malers …, gleich, wem das Eigentum hieran zusteht. Im übrigen sollte der Zugewinnausgleich zum Stichtag 1.3.1995 durchgeführt werden. Der Antragsgegner hat gleichzeitig ab dem 1.3.1995 die Darlehensverbindlichkeiten für das Haus mit schuldbefreiender Wirkung für die Antragstellerin allein übernommen und vorsorglich diese von allen Verpflichtungen freigestellt.

Hinsichtlich des Hausanwesens in … wurde in § 3 des Vertrages vereinbart, daß für den Fall der Veräußerung zu Lebzeiten der Antragstellerin dieser ein Zahlungsanspruch in Höhe von 200.000 DM zusteht, zur Absicherung wurde die Eintragung einer entsprechenden Sicherungshypothek bewilligt. Der Antragstellerin wurde an den oberhalb der Arztpraxis gelegenen Räumen ein Wohnrecht eingeräumt, diese sollte nur die anfallenden Nebenkosten für die Räume tragen.

In § 6 des Vertrages wurde klargestellt, daß vorbehaltlich der in der Urkunde enthaltenen Vereinbarungen alle gegenseitigen Ansprüche auf Trennungs- und nachehelichen Unterhalt sowie auf Versorgungsausgleich nicht berührt werden.

In § 7 des Vertrages wurden folgende „Vereinbarungen über den Unterhalt” getroffen:

  1. „Dr. … entrichtet an seine Ehefrau für … die Zeit der Trennung und für die Zeit nach Rechtskraft einer etwaigen Scheidung Unterhalt in Höhe von 2.000 DM – Zweitausend Deutsche Mark – monatlich, der spätestens bis zum 3. eines jeden Monats im voraus auf ein noch anzugebendes Konto zu überweisen ist.
  2. Sollten die beiden noch minderjährigen Kinder oder eines von beiden bei der Mutter wohnen und von ihr versorgt werden, so hat … lediglich noch Anspruch auf Unterhalt in Höhe der Differenz zwischen 2.500 DM – Zweitausendfünfhundert Deutsche Mark – und dem von geschuldeten Unterhalt für beide Kinder oder ein Kind.
  3. Den vorstehenden Vereinbarungen liegen die derzeitigen Verhältnisse der Beteiligten zugrunde. Bei einer wesentlichen Änderung (z. B. Aufnahme einer Erwerbstätigkeit durch …, Zurruhesetzung von …) besteht Anspruch auf eine Anpassung gem. § 323 ZPO. Bei Wiederverheiratung von … entfällt jeder Unterhalt.”

Hinsichtlich der monatlichen Unterhaltsverpflichtung von 2.000 DM hat sich der Antragsgegner der sofortigen Zwangsvollstreckung unterworfen.

Zwischen den Parteien ist sowohl im Trennungsunterhaltsverfahren als auch hinsichtlich der Folgesachen nachehelicher Unterhalt und Zugewinn Streit über die Wirksamkeit der notariellen Vereinbarung entstanden.

Die Antragstellerin hat den notariellen Vertrag angefochten, da der Antragsgegner sie vor dem Abschluß mißhan...

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