Leitsatz (amtlich)

Die vermächtnisweise Zuwendung eines Sparguthabens, von Bundesschatzbriefen oder Festgeldguthaben hat nicht notwendig zur Folge, dass der Vermächtnisnehmer auf das zum Zeitpunkt des Erbfalls noch vorhandene Guthaben bzw. dessen wirtschaftliche Äquivalente beschränkt ist.

 

Normenkette

BGB § 2173

 

Verfahrensgang

LG Konstanz (Urteil vom 10.08.2004; Aktenzeichen 4 O 109/04)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des LG Konstanz vom 10.8.2004 hinsichtlich Ziff. 2 abgeändert:

Der Beklagte wird verurteilt, der Auszahlung eines Betrages von jeweils 26.230,33 EUR an jeden der Kläger aus dem gemeinschaftlichen Nachlass auf Ableben der H.F. zuzustimmen.

Der weiter gehende Klagantrag Ziff. 2 wird abgewiesen. Die weiter gehende Berufung des Beklagten wird zurückgewiesen.

I. Der Beklagte hat auch die Kosten des Berufungsrechtszuges zu tragen.

II. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten für die Kläger vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung i.H.v. jeweils 110 % des zu vollstreckenden Betrages Sicherheit leisten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Parteien sind Miterben zu je einem Drittel auf Ableben ihrer am 31.1.2002 in Radolfzell verstorbenen Tante. Zwischen Ihnen ist, soweit für das Berufungsverfahren noch erheblich, streitig, ob die Erblasserin den Klägern in dem handschriftlichen Testament vom 14.12.1997 ein Vorausvermächtnis i.H.v. jeweils 26.690,49 EUR zugewandt hat. Auf die tatsächlichen Feststellungen in der angefochtenen Entscheidung wird Bezug genommen.

II. Das LG hat der Klage stattgegeben. Das Testament der Erblasserin sei dahin auszulegen, dass die Sparguthaben, der Geschäftsanteil der Volksbank, der Bundesschatzbrief sowie das Festgeldkonto i.H.v. 20.000 DM den beiden Klägern als Vorausvermächtnis zukommen sollte. Die Erblasserin habe in ihrem Testament nämlich zwischen den genannten Vermögensgegenständen, die den beiden Klägern allein zustehen sollten, und dem übrigen Vermögen, welches den Parteien als Erben zu gleichen Teilen zufallen solle, unterschieden. Außerdem ergebe sich aus § 2173 BGB, dass den Klägern, für den Fall, dass sich die bezeichneten Wertpapiere nicht mehr im Nachlassvermögen befinden sollten, ein entsprechender Vermögensvorteil zustehe. Das Vermächtnis sei nämlich mit der Auflage verknüpft gewesen, dass die Vermächtnisnehmer die Kosten der Beerdigung und der jährlichen Grabpflege zu tragen hätten

Hiergegen richtete sich die rechtzeitig eingelegte Berufung des Beklagten. Er rügt, die Kläger würden mit der Geltendmachung des Vermächtnisses rechtsmissbräuchlich handeln. Ihnen sei es zumutbar, die alsbald anstehende Auseinandersetzung des Nachlasses abzuwarten. Die Voraussetzungen für eine ausnahmsweise Zulassung einer teilweisen Erbauseinandersetzung seien nicht gegeben. Dem Beklagten könne der Vorwurf einer Verzögerung der Auseinandersetzung nicht gemacht werden. § 2173 S. 2 BGB sei tatbestandlich nicht erfüllt. Werde nämlich ein Sparbuch vermacht, so werde nur das beim Erbfall noch vorhandene Guthaben vermacht, nicht jedoch zusätzlich die Summe, über die die Erblasserin nach Anordnung des Vermächtnisses verfügt habe. Gleiches gelte hinsichtlich der übrigen Vermögensgegenstände. Eine Verbindung zu der Auflage an die Kläger, die Kosten der Beerdigung und der jährlichen Grabpflege zu übernehmen, sei nicht gegeben.

Der Beklagte stellt folgenden Antrag:

Namens des Berufungsklägers wird beantragt, abändernd die Klage Ziff. 2. abzuweisen.

Die Kläger beantragen, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigen die angefochtenen Entscheidung und wiederholen und vertiefen hierbei ihr erstinstanzliches Vorbringen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

II. Die Berufung des Beklagten ist zulässig, hat jedoch nur in geringem Umfang Erfolg, weil die Erblasserin den Klägern im Wege des Vorausvermächtnisses einen Zahlungsanspruch i.H.v. insgesamt 102.604,12 DM zugewandt hat.

I. Die Klage ist zulässig. Miterben, die selbst Nachlassgläubiger sind, können während des Bestehens der Erbengemeinschaft die Befriedigung aus dem ungeteilten Nachlass im Wege der sog. Gesamthandklage nach § 2059 Abs. 2 BGB verlangen (BGH v. 10.2.1988 - IVa ZR 227/86, MDR 1988, 653 = NJW-RR 1988, 710). Da nur der Beklagte sich einer Auszahlung widersetzt, kann er auf Zustimmung zur Auszahlung der Vorausvermächtnisse in Anspruch genommen werden, der Erhebung einer Zahlungsklage bedarf es insoweit entgegen der Auffassung des Beklagten nicht (OLG Köln v. 30.7.1996 - 19 W 40/96, OLGReport Köln 1997, 25).

II. Die Kläger müssen sich auch nicht auf die endgültige Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft verweisen lassen. Nach § 2174 BGB wird durch das Vermächtnis für den Bedachten das Recht begründet, von dem Beschwerten die Leistung des vermachten Gegenstandes zu ford...

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