Leitsatz (amtlich)
1. Zu den Erfordernissen einer Aufklärungspflicht der Kredit gewährenden Bank, die den Beitritt eines Anlegers zu einem geschlossenen Immobilienfonds finanziert.
2. In den Fällen des finanzierten Gesellschaftsbeitritts fehlt es für die Anwendbarkeit des Einwendungsdurchgriffs nach § 359 S. 1 in Verbindung mit § 358 Abs. 1 und 3 BGB an dem Erfordernis eines verbundenen Vertrages über die Lieferung einer Ware oder die Erbringung einer anderen Leistung durch einen Unternehmer bzw. nach § 9 Abs. 4 VerbrKrG an einem Austauschverhältnis zwischen dem finanzierten Entgelt und der anderen Leistung (des verbundenen Geschäfts), weil die Einlageschuld nicht das Entgelt für die durch den Gesellschaftsvertrag begründete Mitgliedschaft ist.
3. Mängel des Beitritts zu der Fondsgesellschaft führen zur Anwendung der Grundsätze von der fehlerhaften Gesellschaft, so dass die Vorschriften über den Einwendungsdurchgriff weder nach ihrem Tatbestand noch nach der von ihnen vorgesehenen Rechtsfolgenanordnung zur Konfliktlösung in den Fällen des finanzierten Gesellschaftsbeitritts herangezogen werden können.
Normenkette
BGB a.F. §§ 358-359; VerbrKrG § 9
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Verpflichtung zur Rückzahlung eines Darlehens, mit dem die klagende Bank den Beitritt des Beklagten zu einem geschlossenen Immobilienfonds finanzierte.
Die Fonds-Gesellschaft, die „Grundbesitz- und VermögensGbR S. IV M.Straße”, wurde durch notariellen Vertrag vom 23.8.1994 von G.K. und A.R. mit je einer Einlage von 15.000 DM gegründet. Das Gesellschaftskapital war auf 13,5 Mio. DM ausgelegt. Initiator und Vetriebsgesellschaft war die Gesellschaft für Wohnungsbau mbH S. (GWS), die zugleich auch als Mietgarant auftrat. Das Anlagekonzept sah vor, dass der Anleger über den Treuhänder, die Firma S. Treuhand & Steuerberatungsgesellschaft mbH, S., der Gesellschaft beitrat und sich die Mittel für die gezeichnete Einlage durch ein Bankdarlehen beschafft. Die Fondsgesellschaft (GbR) erwarb mit notariellem Vertrag vom 20.12.1995 die bereits im Jahre 1990 errichtete Gewerbeimmobilie M. Straße 8 in L. Mit notariellem Vertrag vom 21.12.1995 trat der Beklagte, vertreten durch die Treuhänder-Gesellschaft, in die GbR ein und übernahm insgesamt 4 Anteile von je 15.000 DM. Die Valutierung des Finanzierungsdarlehens und die Einzahlung der Einlage in das Vermögen der GbR erfolgte über den Treuhänder. Eingeleitet wurde der Fondsbeitritt in der Investitionsphase durch Vermittler, die den Interessierten einen vollständig ausgefüllten formularmäßigen Darlehensantrag der Klägerin bzw. ihrer Rechtsvorgängerin zur Unterschrift vorlegten, der einen ausdrücklichen Hinweis auf den Verwendungszweck der Darlehensmittel jedoch nicht enthielt. Die von dem Beklagten gemäß Kreditantrag vom 1.9.1995 nachgesuchte Darlehenssumme i.H.v. 68.888,88 DM (Nettokreditbetrag 62.000 DM) war mit 6 % jährlich verzinslich, wobei der Zinssatz bis 30.10.2000 festgeschrieben war. Der tilgungsfreie Kredit sollte am 1.8.2015 durch eine von den Darlehensnehmern gleichzeitig abgeschlossene Kapitallebensversicherung abgelöst werden. Den monatlichen Belastungen der Anleger durch Zins- und Prämienzahlungen standen Ausschüttungen der Mieteinnahmen durch die Fondsgesellschaft gegenüber. Die letzten Mietausschüttungen erhielt der Beklagte im Sommer des Jahres 2000. Wegen der späteren Zahlungsausfälle konnte der Beklagte die monatliche Zinslast nicht mehr tragen. Er stellte die Zinszahlungen an die Klägerin ein. Die Klägerin stellte daraufhin die Darlehensverbindlichkeit i.H.v. 68.985,60 DM per 6.12.2000 fällig. Der Beklagte ließ durch seinen Bevollmächtigten mit Schreiben vom 10.4.2001 den Erwerbsvertrag gegenüber der Fonds-GbR anfechten, hilfsweise die außerordentliche Kündigung erklären.
Der Beklagte hat unter Berufung auf strafrechtliche Ermittlungen der Staatsanwaltschaft S. und den polizeilichen Ermittlungsbericht Betrugsvorwürfe gegen den Vertreiber der Fondsanteile erhoben. Er sei nicht nur über die Wertsteigerung der Immobilien getäuscht worden, sondern auch über den tatsächlichen Verkehrswert. Obwohl das Analgeobjekt nur 5,8 Mio. DM wert gewesen sei, habe es die Fondsgesellschaft von der Firma I. & V. GmbH, an der die Treuhänder S. und K. beteiligt gewesen seien, für insgesamt 10,8 Mio. DM erworben. Wegen der 6 Mio. DM „weicher Kosten” sei es ausgeschlossen, dass die Kapitalanlage jemals einen Gewinn werde abwerfen können. Allein die Initiatoren und Treuhänder hätten sich an den Einlage bereichert. Die Arglist der Fondsbetreiber müsse sich auch die Klägerin entgegenhalten lassen. Die Klägerin treffe außerdem der Vorwurf des Aufklärungsverschuldens, so dass sie einer Vertragshaftung aus dem Gesichtspunkt des Verschuldens bei Vertragsschluss unterliege. Durch die Einbindung in die Finanzierung nahezu allee Fondsanteile sei die Klägerin schließlich über alles im Bilde gewesen. Außerdem treffe die Klägerin wegen der Beitrittsmängel eine verschuldensunabhängige Bankenhaftung im Wege des Einw...