Leitsatz (amtlich)
1. Der im Rahmen der Zwangsvollstreckung nach fruchtloser Pfändung und Anberaumung eines Termins zur Abgabe der eidesstattlichen Versichung gem. § 806b ZPO mit dem Schuldner Ratenzahlungen vereinbarende Gerichtsvollzieher handelt insoweit allein in Ausübung der staatlichen Vollstreckungsgewalt und ist nicht Vertreter des Gläubigers.
2. Im Rahmen der Zwangsvollstreckung gem. § 806b ZPO werden zivilrechtliche Vollstreckungsvereinbarungen weder zwischen dem Gläubiger und dem Schuldner noch zwischen dem Schuldner und dem Gerichtsvollzieher geschlossen.
3. Außerhalb des 3-Monatsbereichs des § 131 InsO stellen in laufender Zwangsvollstreckung gem. § 806b ZPO erbrachte Teilzahlungen des Schuldners selbst dann keine anfechtbaren Rechtshandlungen i.S.d. § 133 Abs. 1 InsO dar, wenn dessen selbst bestimmtes Handeln nicht ausgeschaltet ist.
4. Bei der Entscheidung der Frage, ob i.S.d. § 133 Abs. 1 InsO eine zur Vermögensverlagerung beitragende Rechtshandlung des Schuldners anzunehmen ist, ist die Art und Weise der Leistung des Schuldners an die Vollziehungsperson ohne Bedeutung. (Abgrenzung und Ergänzung zu BGH, Urt. v. 10.2.2005 - IX ZR 211/02, BGHZ 162, 143 = BGHReport 2005, 741, und BGH, Urt. v. 25.10.2007 - IX ZR 157/06, BGHReport 2008, 361 = WM 2008, 168,)
Normenkette
InsO § 133 Abs. 1; ZPO § 806b
Verfahrensgang
LG Karlsruhe (Urteil vom 11.09.2007; Aktenzeichen 6 O 166/07) |
Nachgehend
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des LG Karlsruhe - 6 O 166/07 - vom 11.9.2007 im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen wie folgt abgeändert:
Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten beider Rechtszüge.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Dem Kläger wird gestattet, die Zwangsvollstreckung der Beklagten im Kostenpunkt gegen Sicherheitsleistung durch Bürgschaft i.S.d. § 108 Abs. 1 ZPO i.H.v. 120 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung in gleicher Art Sicherheit i.H.v. 120 % des von ihr zu vollstreckenden Betrages leistet.
IV. Die Revision wird zugelassen.
V. Der Berufungsstreitwert wird auf 5.036,56 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Kläger macht als Insolvenzverwalter über das Vermögen der H. R. GmbH & Co. KG (i.F.: Insolvenzschuldnerin, IS abgekürzt) Insolvenzanfechtungsansprüche gegen die beklagte Berufsgenossenschaft geltend.
Die am 15.3.2004 gegründete IS war mit der Ausführung von Sanitär-, Heizungs- und Installationsarbeiten sowie dem Handel mit sanitären Gegenständen befasst.
Die Beklagte ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, bei der die IS Pflichtmitglied war und Mitgliedsbeiträge zu entrichten hatte.
Nach einem am 13.11.2006 beim AG K. eingegangenen Eigenantrag der IS (Beiakte 4 IN 1191/06 (G 2) S. 1 ff.) und einem vom Kläger gem. § 5 InsO am 22.12.2006 (genannte Beiakte S. 27 ff.) erstatteten Gutachten wurde durch Beschluss des AG Karlsruhe vom 29.12.2006 (genannte Beiakte S. 87 ff.) wegen Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung das Insolvenzverfahren über die IS eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt.
Diesem Vorgang vorangegangen waren 3 Insolvenzanträge anderer Gläubiger der IS. Im Verfahren IN 110/05 ging der Insolvenzantrag der AOK P. vom 13.12.2004 am 1.2.2005 bei Gericht ein und wurde am 7.7.2005 für erledigt erklärt. Der zweite Insolvenzantrag der AOK K. vom 21.2.2006 ging am 24.2.2006 beim AG K. ein (AZ: IN 174/06) und wurde am 23.3.2006 für erledigt erklärt. Im Verfahren IN 392/06 ging der Insolvenzantrag der IKK Freudenstadt vom 12.4.2006 am 13.4.2006 beim Gericht ein und wurde am 16.6.2006 für erledigt erklärt. Grund der Erledigungserklärungen war jeweils, dass die IS die beantragenden Gläubiger befriedigt hatte.
Gegenstand der vorliegenden, auf § 133 InsO gestützten Anfechtungsklage über 5.036,56 EUR sind Teilzahlungen der IS an die Beklagte im Zeitraum zwischen dem 8.7.2005 und dem 23.5.2006.
1. Die Beklagte erließ gegen die IS am 5.11.2004 einen Beitragsvorschuss-Bescheid über 1.400 EUR. Da keine Zahlung erfolgte, wurde am 23.3.2005 eine vollstreckbare Ausfertigung über einen Betrag von 1.414 EUR ausgestellt (vgl. I 29).
Der Bescheid wurde im Verfahren DR II - 1052/05 am 30.5.2005 der IS durch den von der Beklagten beauftragten OGV K. zugestellt.
Auf dem zugestellten Bescheid war - wie auch in den weiteren Fällen - bereits der Antrag der Beklagten auf Abgabe der eidesstattlichen Versicherung gem. § 807 ZPO enthalten.
Bei einem fruchtlosen Pfändungsversuch des OGV K. hinsichtlich des genannten Bescheids wurde festgestellt, dass das Betriebsmobiliar der IS sicherungsübereignet und Bargeld in der Kasse nicht vorhanden war.
Der OGV K. bestimmte hierauf einen etwa 4 Wochen später liegenden Termin zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung, den er bei rechtzeitiger Zahlung mit der IS vereinbarter Raten jeweils verlängerte.
Im Rahmen der vom OGV K. durchgeführten Zwangsvollstreckung (vgl. hierzu den Vortrag der Parteien I 5/I 17/I 31 ...