Verfahrensgang

LG Mannheim (Aktenzeichen 15 O 122/18)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 18.10.2022; Aktenzeichen VI ZR 1177/20)

 

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 12.11.2018 - 15 O 122/18 - wird zurückgewiesen.

II. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

III. Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar, das des Landgerichts Mannheim ist - hinsichtlich der Kosten - nunmehr ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus diesem und dem angefochtenen Urteil für den Beklagten zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn dieser nicht seinerseits vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

IV. Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin macht gemäß § 116 SGB X aus übergegangenem Recht Schadensersatzansprüche gegen den Beklagten aufgrund eines Verkehrsunfalls vom 20.04.1999 geltend.

Die Klägerin hat nach einem Unfall Leistungen zu Gunsten des Leistungsempfängers F. W. erbracht, der, geboren am, durch den Unfall als knapp 13jähriger, unbehelmter Sozius auf dem vom Beklagten in den Gegenverkehr gesteuerten Mofa schwer verletzt wurde, namentlich ein Schädel-Hirn-Trauma erlitten hatte und seither zu 100% schwerbehindert ist. Er bezieht seit dem 10.07.2006 von der Klägerin Leistungen gemäß SGB III (Arbeitsförderung, v.a. Maßnahmen zur beruflichen Rehabilitation). Die Klägerin beziffert ihre Gesamtaufwendungen auf bislang 211.062,57 EUR. Der Haftpflichtversicherer des Beklagten hat jede Eintrittspflicht außergerichtlich verweigert: die Direktansprüche des Geschädigten seien im Juli 2008 abgefunden worden; zu dieser Zeit habe im Hinblick auf die Integration des Geschädigten in den allgemeinen Arbeitsmarkt aus Sicht des Haftpflichtversicherers auch eine gute Prognose bestanden.

Die Klage vom 14.12.2017, gerichtet auf

(1) Zahlung o.g. Summe nebst gesetzlicher Zinsen seit 22.01.2018 sowie

(2) Feststellung, dass der Beklagte zum Ersatz weiterer und zukünftiger Leistungen der Klägerin im Rahmen der Übergangsfähigkeit von Schadensersatzansprüchen aus dem Verkehrsunfall vom 20.04.1999, verpflichtet sei,

ist dem Beklagten - nach Nachreichung einer aktuellen Beklagten-Adresse - am 22.01.2018 zugestellt worden.

Das Landgericht hat am 13.02.2018 Versäumnisurteil erlassen und den Beklagten antragsgemäß verurteilt (vgl. I 29 f.). Hiergegen hat der Beklagte am 20.02.2018 Einspruch einlegen und - binnen verlängerter Frist (I 41) - begründen lassen (I 50 ff.).

Die Klägerin hat erstinstanzlich im Wesentlichen geltend gemacht, die streitgegenständlichen Ansprüche seien unverjährt. Denn der Anspruchsübergang auf sie - die Klägerin - habe bereits im Zeitpunkt des Unfalls stattgefunden; und zwar unabhängig vom (Vor-)Bestehen eines Sozialversicherungsverhältnisses, weil bereits zu vorgenanntem Zeitpunkt ernsthaft mit konkreten Leistungen der Klägerin zu rechnen gewesen sei. Es habe sich sofort eine dauerhafte Schwerbehinderung in erheblichem Maße abgezeichnet. Maßgebend für die Verjährungsrelevante Kenntnis sei im Übrigen alleine die Kenntnis des eigenen Regressdezernats.

Infolge des vorausgegangenen Anspruchsübergangs sei der Anspruch auch nicht durch die Abfindungsvereinbarung im Juli 2008 zwischen dem Geschädigten und dem Haftpflichtversicherer des Beklagten berührt worden, namentlich ausgeschlossen.

Außerdem liege kein anspruchsreduzierendes Mitverschulden des Geschädigten vor. Jedenfalls sei dem Beklagten ein Mitverschuldenseinwand nach Treu und Glauben verwehrt, denn der Beklagte als Fahrer des Unfallfahrzeugs könne sich auf den Verstoß des Geschädigten gegen die Schutzhelmtragepflicht (§ 21a Abs. 2 StVO) deshalb nicht berufen, weil er diesen Verstoß aktiv selbst gefördert habe.

Die Klägerin hat demgemäß in erster Instanz beantragt,

das Versäumnisurteil vom 13.02.2018 aufrecht zu erhalten.

Der beklagte Mofa-Halter und -Lenker hat erstinstanzlich beantragt,

das Versäumnisurteil vom 13.02.2018 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Er hat die Einrede der Verjährung erhoben. Die Ansprüche seien nämlich nicht bereits im Zeitpunkt des Unfallereignisses auf die Klägerin übergegangen. Denn zum Zeitpunkt des Unfallereignisses habe noch gar kein Arbeitslosenversicherungsverhältnis mit der Klägerin bestanden, weil der Geschädigte erst 12 Jahre alt gewesen sei. Die Ansprüche seien vielmehr frühestens zum 10.07.2006, mit der ersten Leistung der Klägerin, auf diese übergegangen.

Ab diesem Zeitpunkt habe die Verjährungsfrist begonnen zu laufen. Auf die Kenntnis der Mitarbeiter der Regressabteilung sei nicht abzustellen. Diese sei nur von Belang, wenn ein Forderungsübergang zum Zeitpunkt des schädigenden Ereignisses stattfinde. Im Übrigen habe bei einem späteren Forderungsübergang der Rechtsnachfolger den Zustand der Forderung so hinzunehmen, wie diese sich bei dem Rechtsübergang befinde. Die Klägerseite müsse sich folglich hier die Kenntnis des Ges...

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