Entscheidungsstichwort (Thema)
Internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte: Honorarklage eines deutschen Rechtsanwalts mit Internetpräsenz wegen Vertretung einer in Spanien wohnhaften Partei vor deutschem Gericht
Leitsatz (amtlich)
1. Für die Honorarklage eines deutschen Rechtsanwalts wegen der Vertretung einer in Spanien wohnhaften Partei vor einem deutschen Gericht sind grundsätzlich die deutschen Gerichte zuständig.
2. Der Umstand, dass ein deutscher Rechtsanwalt auf einer passiven Internetseite über sich und seinen Tätigkeitsbereich informiert, hat für sich allein noch nicht zur Folge, dass er seine Honorarklage vor den Gerichten eines anderen Mitgliedsstaates der EG, in dem die von ihm vertretene Partei ihren Wohnsitz hat, zu erheben hat. Für das Eingreifen der Zuständigkeitsregelung gem. Art. 15 Abs. 1 lit. c EuGVVO muss vielmehr hinzukommen, dass zwischen seinem Internet-Auftritt und der Beauftragung des Anwalts ein innerer Zusammenhang besteht.
Normenkette
EuGVVO Art. 5 Nr. 1 lit. b, Art. 15 Abs. 1 lit. c, Art. 16 Abs. 2
Verfahrensgang
AG Kehl (Urteil vom 28.02.2006; Aktenzeichen 4 C 487/05) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil des AG Kehl vom 28.2.2006 - 4 C 487/05 - aufgehoben.
II. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Berufungsverfahrens - an das AG Kehl zurückverwiesen.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Die in Deutschland kanzleiansässigen Kläger nehmen die seit Jahren in Spanien lebende, aber mit erstem Wohnsitz unter der Anschrift ihrer verstorbenen Mutter in Deutschland gemeldete Beklagte auf Zahlung von Rechtsanwaltshonorar in Anspruch.
Die Beklagte, die den Kläger Nr. 1 aus einer ihr zugesandten Liste im Raum Offenburg auf dem Gebiet des Erbrechts tätiger Rechtsanwälte ausgewählt hatte hat den Kläger Nr. 1 in einem von ihr am 19.4.2004 per Telefax bestätigten Telefonat in einer erbrechtlichen Auseinandersetzung mit ihrer Schwester mandatiert. Nachdem der Kläger Nr. 1 für die Beklagte diverse anwaltschaftliche Leistungen erbracht hatte, hat er ggü. dem Ehemann der Beklagten am 11.11.2004 telefonisch und ggü. der Beklagten unter dem 16.11.2004 schriftlich die Niederlegung des Mandats erklärt. Unter dem 1.3.2005 hat er die von ihm erbrachten Leistungen abgerechnet. - Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie wirft dem Kläger Nr. 1 vor, in der Klageschrift fälschlicherweise die Anschrift ihrer verstorbenen Mutter in Kehl angegeben zu haben, obwohl ihm bekannt gewesen sei, dass sie nicht dort, sondern in Spanien lebe; die Klageschrift habe sie nur durch Zufall erreicht. Sie stellt in Abrede, neben dem Kläger Nr. 1 auch die übrigen Kläger beauftragt zu haben, und vertritt die Auffassung, die Honorarabrechnungen des Klägers Nr. 1 seien nicht korrekt.
Wegen der von den Klägern verfolgten Ansprüche und des zugrunde liegenden Sachverhalts im Einzelnen, wegen des Vorbringens der Parteien sowie wegen der erstinstanzlich gestellten Anträge wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Mit Urteil vom 28.2.2006 hat das AG die Klage als unzulässig abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Rechtsstreit falle in den Anwendungsbereich der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVVO). Danach seien international nicht die deutschen, sondern die spanischen Gerichte zuständig. Dadurch, dass die Kläger - wie aus ihrem Briefkopf ersichtlich - über eine Internetpräsenz verfügen, hätten sie nämlich ihre berufliche Tätigkeit "auf irgendeinem Wege" - auch - auf das Mitgliedsland Spanien ausgerichtet (Art. 15 Abs. 1 lit. c EuGVVO), so dass die - eine Verbrauchersache i.S.v. Art. 15 betreffende - Klage gem. Art. 16 Abs. 2 EuGVVO nur vor den spanischen Gerichten erhoben werden könne. - Zudem erscheine die ordnungsgemäße Zustellung der Klage fraglich.
Mit ihrer Berufung verfolgen die Kläger ihren erstinstanzlich gestellten Antrag weiter. Sie halten die Auffassung des AG, wonach die Kläger infolge ihrer Internetpräsenz ihre rechtsanwaltschaftliche Tätigkeit nach Spanien ausrichten, für verfehlt. Zudem sei der Vertrag nicht über das Internet abgeschlossen worden.
Die Kläger beantragen, die Beklagte unter Abänderung des angefochtenen Urteils zu verurteilen, an die Kläger 2.371,80 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1.4.2005 zu bezahlen.
Hilfsweise beantragen sie, den Rechtsstreit an das AG Kehl zurückzuverweisen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung als unzulässig, hilfsweise als unbegründet zurückzuweisen.
Mit dem AG bezweifelt sie eine ordnungsgemäße Zustellung der Klageschrift und verteidigt die Auffassung des AG, dass infolge des Internetauftritts der Kläger und der dadurch bewirkten Ausrichtung ihrer anwaltschaftlichen Tätigkeit auch auf Spanien eine Zuständigkeit der deutschen Gerichte für den Rechtsstrei...