rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Schmerzensgeld
Orientierungssatz
Kein Schmerzensgeld bei alsbald eintretendem Unfalltod
Verfahrensgang
AG Konstanz (Urteil vom 05.08.1999; Aktenzeichen 11 C 374/99) |
Tenor
I. Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Amtsgerichts – Schifffahrtsgericht – Konstanz vom 05. August 1999 – 11 C 374/99 – wird zurückgewiesen.
II. Die Kläger haben die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
IV. Der Wert der Beschwer der Kläger beträgt DM 10.000,00.
Gründe
(abgekürzt und ohne Tatbestand gemäß § 543 Abs. 1 ZPO)
Die Berufung der Kläger ist zulässig, hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.
1. Mit zutreffenden Gründen, die der Senat teilt und die durch das Berufungsvorbringen der Kläger nicht entkräftet werden, hat das Schiffahrtsgericht den geltend gemachten Schmerzensgeldanspruch nicht zuerkannt.
a) Die Kläger sind die volljährigen Kinder und Alleinerben ihrer am 10.08.1996 verstorbenen Mutter. Am Abend dieses Tages befand sich die Mutter der Kläger an Bord der Motoryacht mit dem Kennzeichen … (Typ Sealine 23; Innenborder, Motorleistung 112 PS, zulässige Personenanzahl: 7), dessen Schiffseigner und Schiffsführer der Beklagte war. Auf dem Boot befanden sich insgesamt fünf Personen auf der Rückfahrt vom Seenachtsfest in K. in Richtung Heimathafen H. am. Gegen Ende des Seenachtsfestes und danach war ein heftiger Sturm aufgekommen. Die Mutter der Kläger saß auf der Steuerbordseite am Bug des Bootes und hielt sich an der Reeling fest. Der Beklagte nahm bei dem stürmischen Wetter und der Dunkelheit zu spät einen Holzdalben, an dem das Seezeichen „31” befestigt ist, wahr und stieß mit dem Boot gegen den Dalben. Dadurch stürzte die Mutter der Kläger, die keine Schwimmweste trug, über Bord gegen den Dalben und anschließend ins Wasser. Infolge des Aufpralls gegen den Dalben erlitt sie Frakturen an den Oberschenkeln und an den Rippen sowie schwere Prellungen. Sofort eingeleitete Suchmaßnahmen blieben erfolglos. Am darauf folgenden Tag wurde im Seebereich vor Fischbach die Leiche aufgefunden und geborgen.
Das Amtsgericht – Schiffahrtsgericht – verhängte durch rechtskräftigen Strafbefehl vom 02.01.1997 gegen den Beklagten wegen fahrlässiger Tötung eine Geldstrafe in Höhe von 100 Tagessätzen zu jeweils DM 140,00, insgesamt DM 14.000,00 (beigezogene Akten 8 Cs 1078/96).
b) Gemäß § 847 Abs. 1 BGB kann im Falle der Verletzung des Körpers oder der Gesundheit sowie im Falle der Freiheitsentziehung der Verletzte auch wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine billige Entschädigung in Geld verlangen. Das Leben ist in § 847 Abs. 1 BGB nicht genannt. Der Eintritt des Todes als solcher führt also nicht zu einem Schmerzensgeldanspruch (OLG Karlsruhe r + s 1998, 376 = OLGR 1997, 20). Dies bedeutet, daß nur in Fällen, in denen der Verletzte noch wenigstens eine gewisse Zeit lebte, ein dann auf die Erben übergangsfähiger Schmerzensgeldanspruch entstehen kann, bei dem beispielsweise die Todesangst und die Erkenntnis einer deutlich abgekürzten Lebenserwartung Bemessungsfaktoren darstellen können (vgl. Wussow/Kürschner Unfallhaftpflichtrecht 14. Aufl. TZ 1836; OLG Karlsruhe OLGR 1997, 22, 23f). Entscheidend dafür, ob ein Schmerzensgeldanspruch entsteht, ist der Zeitraum zwischen Verletzung und Eintritt des Todes (vgl. hierzu anschaulich BGH NZV 1998, 370: Die Eltern des Klägers haben unterschiedlich lange – 30 Minuten bzw. 10 Tage – einen Verkehrsunfall überlebt, bis sie an ihren schweren Verletzungen verstarben; zu weiteren Einzelfällen vgl. Jaeger, Schmerzensgeldbemessung bei Zerstörung der Persönlichkeit und bei alsbaldigem Tod, MDR 1998, 450; vgl. ferner Huber, Schmerzensgeld ohne Schmerzen bei nur kurzzeitigem Überleben der Verletzung im Koma – eine sachlich gerechtfertigte Transferierung von Vermögenswerten an die Erben? NZV 1998, 345). Ein Anspruch auf Schmerzensgeld ist zu verneinen, wenn die Körperverletzung nach den Umständen des Falles gegenüber dem alsbald eintretenden Tod keine abgrenzbare immaterielle Beeinträchtigung darstellt, die aus Billigkeitsgesichtspunkten einen Ausgleich in Geld erforderlich macht (vgl. dazu OLG Karlsruhe r + s 1998, 376; BGH a.a.O.). Aus der jüngeren Rechtsprechung zur Bemessung eines mehr als bloß symbolischen Schmerzensgeldes bei schuldhafter Verursachung schwerster Gehirnschädigungen (BGH VersR 1993, 327 unter Aufgabe der früheren Rechtsprechung NJW 1982, 2123) lassen sich keine Argumente für eine Entschädigung des Eintritts des Todes gewinnen. Dem mit dem Unfalltod einhergehenden Verlust der Persönlichkeit kommt keine eigenständige Bedeutung zu, weil das Leben zu Ende ist. In dem Fall der andauernden schweren Hirnschädigung hingegen hat der Verlust der Persönlichkeit eigenständige Bedeutung, weil das Opfer mit dieser Beeinträchtigung weiter lebt.
c) Der Senat ist – ebenso wie das Schiffahrtsgericht – davon überzeugt, daß die Mutter der Klägerunmittelbar, nachdem sie infolge der Kollision des Motorbootes mit dem D...