Verfahrensgang

LG Mannheim (Aktenzeichen 14 O 196/19)

 

Tenor

A. Das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 27. Mai 2020, Az. 14 O 196/19 Kart, wird unter Aufhebung im Kostenpunkt - mit Ausnahme der landgerichtlichen Entscheidung über die Kosten der Nebenintervention - auf die Berufung der Verfügungsklägerin, soweit darin zu Lasten der Verfügungsklägerin erkannt worden ist, und auf die Anschlussberufung der Verfügungsbeklagten, soweit darin zu Lasten der Verfügungsbeklagten erkannt worden ist, jeweils teilweise geändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

I. Der Verfügungsbeklagten wird im Weg der einstweiligen Verfügung untersagt, das laufende Konzessionierungsverfahren zum Abschluss jeweils eines Wegenutzungsvertrags zur Verlegung und zum Betrieb von Stromverteilungsleitungen zur unmittelbaren Versorgung von Letztverbrauchern gemäß § 46 Abs. 2 EnWG (Stromkonzessionsvertrag) und zur Verlegung und zum Betrieb von Gasversorgungsleitungen zur unmittelbaren Versorgung von Letztverbrauchern gemäß § 46 Abs. 2 EnWG (Gaskonzessionsvertrag) gemäß den durch die Verfügungsklägerin gerügten Verfahrensunterlagen der Verfügungsbeklagten vom 26. September 2019 und 27. November 2019 (insbes. "Bewerbungsbedingungen und Leistungsbeschreibung", "2. Bewerbungsbedingungen und Leistungsbeschreibung", "Konzessionsvertrag Strom" und "Konzessionsvertrag Gas") fortzusetzen,

ohne zuvor hinsichtlich der nachfolgend im Einzelnen (unter Beibehaltung der Antragszählung in der Antragsformulierung) wiedergegebenen Rügen der Verfügungsklägerin über die Abhilfe unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut entschieden zu haben:

11. Die Vergabestelle darf keine Vorgaben machen, wonach einerseits festgelegt wird, dass im Fall eines Verstoßes gegen § 3 Abs. 2 KAV die entsprechende Leistung nicht gewertet wird, andererseits ausgeführt wird, dass ein Angebot, das unter Zulässigkeitsvorbehalt steht, auch dann gewertet wird, wenn seine konzessionsabgabenrechtliche Zulässigkeit offen beurteilt wird (15. Rüge gem. Schreiben der Verfügungsklägerin vom 14.10.2019: Rechtswidriger Umgang der Vergabestelle mit dem Nebenleistungsverbot nach § 3 KAV.);

12. a) Die Vergabestelle darf nicht lediglich eine Prognose dazu anstellen, wie eine letztinstanzliche Entscheidung die konzessionsabgabenrechtliche Zulässigkeit einer angebotenen Leistung wohl beurteilen wird, sondern muss die Rechtsfrage selbst entscheiden (17. Rüge gem. Schreiben der Verfügungsklägerin vom 14.10.2019: Inanspruchnahme eines unzulässigen Prognosespielraums zugunsten der Vergabestelle - Vorbehalt einer willkürlichen Entscheidung);

b) Es ist unbestimmt, keine Vorgaben dazu zu treffen, wann die Zulässigkeit einer Leistung von ihr als "noch offen" angesehen wird (18. Rüge gem. Schreiben der Verfügungsklägerin vom 14.10.2019: Unbestimmtheit der Vorgaben zur Bewertung von Angeboten am Maßstab des Nebenleistungsverbots);

und ohne zuvor der nachfolgend im Einzelnen (unter Beibehaltung der Antragszählung in der Antragsformulierung) wiedergegebenen Rüge der Verfügungsklägerin in Bezug auf die Verfahrensunterlagen der Verfügungsbeklagten abgeholfen zu haben:

29. Die Vergabeunterlagen dürfen keine unklaren Vorgaben dazu machen, ob und wie allgemein formulierte Einzelleistungen bewertet werden, insbesondere, in welche Bewertungsstufe derartig angebotene Einzelleistungen einzuordnen sind oder ob diese überhaupt nicht bewertet werden (51. Rüge gem. Schreiben der Verfügungsklägerin vom 13.12.2019: Die Definition der "geringen Bedeutung" ist unklar.);

II. Der Verfügungsbeklagten wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die in Ziffer I. ausgesprochene Verpflichtung ein Ordnungsgeld bis zur Höhe von 250.000 EUR und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen jeweils am gesetzlichen Vertreter, angedroht.

III. Der weitergehende Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird zurückgewiesen.

B. Im Übrigen werden die Berufung und die Anschlussberufung jeweils zurückgewiesen.

C. Die erstinstanzlichen Gerichtskosten und außergerichtlichen Kosten der Verfügungsklägerin und der Verfügungsbeklagten tragen die Verfügungsklägerin zu 9/10 und die Verfügungsbeklagte zu 1/10. Hinsichtlich der in erster Instanz entstandenen Kosten der Nebenintervention bleibt es bei der Entscheidung des Landgerichts. Die im Berufungsverfahren entstandenen Gerichtskosten und außergerichtlichen Kosten der Verfügungsklägerin und der Verfügungsbeklagten tragen die Verfügungsklägerin zu 7/8 und die Verfügungsbeklagte zu 1/8.

 

Gründe

A. Die Verfügungsbeklagte (fortan: Beklagte) führt derzeit für ihr Gemeindegebiet ein Konzessionierungsverfahren Strom und Gas hinsichtlich der Wegenutzungsrechte durch, an denen die Verfügungsklägerin (fortan: Klägerin) und die [E] GbR jeweils Interesse bekundet haben. Die Klägerin wendet sich im vorliegenden Verfahren nach § 47 Abs. 5 EnWG gegen im Einzelnen bezeichnete Gestaltungen der mitgeteilten Auswahlkriterien und deren Gew...

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