Leitsatz (amtlich)
1. Bei einem Fernabsatzgeschäft im Internet genügt der Unternehmer seiner Verpflichtung zur klaren und unmissverständlichen Angabe seiner Identität und Anschrift nicht, wenn diese Informationen für den Verbraucher nur über einen Link „Kontakt” zu erreichen und dort unter der Überschrift „Impressum” angeführt sind.
2. Besteht die durch ein Fernabsatzgeschäft angebotene Dienstleistung in der Weiterleitung eines Lottotipps an eine Lottogesellschaft, so ist die geschuldete Information über wesentliche Merkmale der Dienstleistung nur dann klar und unmissverständlich erteilt, wenn dem Verbraucher nahe gebracht wird, dass er die Wette nicht mit dem Unternehmer abschließt, sondern der Vertrag nur die Dienstleistung der Weitergabe seines Tipps an ein anderes Unternehmen gegen Zahlung eines Lohnes umfasst.
3. Die Geschäftsbesorgung durch Weiterleitung eines Lottotipps an eine Lottogesellschaft ist kein Vertrag zur Erbringung von Wett- oder Lotteriedienstleistungen. Der Unternehmer hat den Verbraucher daher bei einem Fernabsatzgeschäft über das Widerrufsrecht zu belehren.
Normenkette
FernAbsG § 2 Abs. 2 Nr. 1; BGB § 312c Abs. 1 S. 1 Nr. 1; BGB-InfoVO § 1 Abs. 1 Nr. 1, 2
Tatbestand
Die Klägerin organisiert gewerblich Lottospielgemeinschaften. Die Beklagte betreibt ein Internetportal. Sie bietet dort an, Lottospieltipps gegen Entgelt an eine Lottospielgesellschaft weiterzuleiten. Dazu ist zunächst erforderlich, dass sich der Internetbenutzer bei der Beklagten registrieren lässt. Dann kann der Kunde online einen Lottoschein „ausfüllen”. Alle Seiten im Zusammenhang mit der Lottoannahme sind so gestaltet, dass in einem Rahmen links unter dem Menüpunkt „Preise/AGB” der Unterpunkt „AGB” ausgewählt werden kann. Die Betätigung von „AGB” führt zu den allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten, in denen sie sich selbst als „W. AG (nachstehend W. genannt)” bezeichnet. Sämtliche Seiten – auch die bei der Registrierung zu durchlaufenden – weisen im Navigationsmenü im Seitenkopf und in einer Zeile am Fuß der Seite die Links „Suche – Themen – Dienste – FreeMail – Hilfe – Kontakt” auf. Die Betätigung von „Kontakt” führt zu einer Seite, auf der der Nutzer über ein Formular eine Anfrage an die Beklagte richten kann. In einem Rahmen rechts auf der Seite finden sich unter der Überschrift „Impressum” neben der Firma der Beklagten ihre Anschrift und die Namen ihrer Vorstandsmitglieder. Die Parteien des einstweiligen Verfügungsverfahrens streiten darüber, ob die Beklagte damit den Regelungen der §§ 2 und 3 FernAbsG genügt hat.
Entscheidungsgründe
Die Berufung der Beklagten ist zulässig aber unbegründet. Das LG hat der Beklagten mit Recht einstweilen verboten, Verträge über die Einreichung eines Lottospieltipps anzubieten, ohne im Internet die gesetzlich gebotenen Informationen über ihre Identität, ihre Anschrift und die Art des Geschäfts zu geben. Die Berufung der Klägerin ist zulässig und begründet. Das LG hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zu Unrecht teilweise zurückgewiesen. Es besteht auch ein Anspruch der Klägerin, dass die Beklagte einstweilen unterlässt, Verträge über die Einreichung eines Lottospieltipps anzubieten, ohne über das Widerrufsrecht des Kunden zu informieren.
Der Verfügungsanspruch ergibt sich aus § 1 UWG. Die Beklagte hat im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs mit ihrem Internetangebot eine Handlung vorgenommen, die gegen die guten Sitten verstößt. Sie hat sich durch bewussten und planmäßig verübten Rechtsbruch einen sachlich ungerechtfertigten Vorsprung vor ihren gesetzestreuen Wettbewerbern verschafft (vgl. OLG Frankfurt OLGReport Frankfurt 2001, 195; LG Duisburg WRP 2001, 981).
I. Die Beklagte hat durch die Art und Weise der Ausgestaltung ihres bisherigen Angebots im Internet gegen ihre Pflicht zur Information über Identität und Anschrift gem. § 2 Abs. 2 Nr. 1 und 2 FernAbsG (heute § 312c Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BGB i.V.m. Art. 240 EGBGB und § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 BGB-InfoVO) verstoßen.
1. Im Rahmen des Angebots der Vermittlung von Lottowetten ist die Beklagte Unternehmer. Sie ist als Aktiengesellschaft eine juristische Person (§ 1 Abs. 1 S. 1 AktG) und handelte bei Abschluss des Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer gewerblichen Tätigkeit, § 14 Abs. 1 BGB. Der Vertragspartner ist regelmäßig ein Verbraucher. Er handelt als natürliche Person und schließt das Rechtsgeschäft der Lottowette zu einem Zweck, der weder seiner gewerblichen noch der selbstständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden kann, § 13 BGB. Der von der Beklagten angebotene Vertrag ist ein Fernabsatzvertrag. Es soll von der Beklagten eine Dienstleistung unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln erbracht werden, § 1 Abs. 1 S. 1 FernAbsG (heute § 312b Abs. 1 Satz 1 BGB). Wird der Teilbereich „World Wide Web” des Internet so wie von der Beklagten genutzt, so ist er ein Fernkommunikationsmittel, § 1 Abs. 1 S. 1 FernAbsG (heute § 312b Abs. 1 S. 1 BGB). In ihm findet der Informationsaustausch z...