Leitsatz (amtlich)
Zu nachbarrechtlichen Ansprüchen hinsichtlich einer aus 21 Fichten mit einer Höhe von etwa 16 Metern bestehenden Baumreihe entlang der Grundstücksgrenze in einem Wohngebiet.
Normenkette
BGB § 910 Abs. 1 S. 1, § 1004 Abs. 1 S. 2, Abs. 2; Nachbarrechtsgesetz Baden-Württemberg § 24
Verfahrensgang
LG Heidelberg (Urteil vom 21.11.2013; Aktenzeichen 4 O 315/11) |
Tenor
1. Die Berufungen der Kläger und der Beklagten gegen das Urteil des LG Heidelberg vom 21.11.2013 - 4 O 315/11 - werden zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
3. Das Urteil und die angefochtene Entscheidung sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien sind Grundstücksnachbarn und streiten über das Recht der Beklagten zur Beseitigung eines vom klägerischen Grundstück ausgehenden Überhangs und Überwuchses.
Die Kläger sind Eigentümer des Grundstücks T-Str. 6 in S. Die Beklagte ist Eigentümerin des unmittelbar angrenzenden Grundstücks A. 25, S., das sie mit ihrem Ehemann bewohnt.
Auf dem Grundstück der Kläger befindet sich grenznah zum Grundstück der Beklagten eine Baumreihe von 21 Fichten.
In dem beim LG Heidelberg unter 1 O 92/06 durch die hiesige Beklagte gegen den Kläger Ziff. 2 als damaligen Alleineigentümer des Grundstücks T.-Straße 6, S. geführten Rechtsstreit hat die Beklagte u.a. die Entfernung der streitgegenständlichen Baumreihe, hilfsweise deren Kürzung auf 1,80 m begehrt. Durch Urt. v. 20.7.2006 - 1 O 92/06 - hat das LG Heidelberg die Klage abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung der hiesigen Beklagten wurde (...) zurückgewiesen.
Die Kläger verlangen nunmehr von der Beklagten, es zu unterlassen, den auf das Grundstück der Beklagten hinüberreichenden Überhang der klägerischen Fichtenreihe und die auf das Grundstück der Beklagten wachsenden Wurzeln der Bäume zu entfernen.
Die streitgegenständlichen Fichten wurden 1979 gepflanzt und haben eine durchschnittliche Höhe von ca. 16 Metern. Sie sind bis zu einer Höhe von mindestens 4 Metern von Ästen befreit, so dass die Fichtenreihe keinen Sichtschutz zum Nachbargrundstück bietet. Von der Fichtenreihe auf dem Grundstück der Kläger geht ein Überhang von Zweigen sowie ein Überwuchs von Wurzeln auf die Südseite des Grundstücks der Beklagten aus. Auch auf letztgenanntem Grundstück befinden sich auf der Südseite 4 Fichten in Grenznähe sowie 2 Tannen und ein Laubbaum. Wegen der Einzelheiten wird insoweit auf die vorgelegten Lichtbilder und die durch den Sachverständigen Dipl.-Phys. R. gefertigte Skizze verwiesen.
Die Kläger haben vorgetragen, es stehe zu befürchten, dass die Beklagte eigenmächtig in den Überhang eingreife, um die Bäume zu schädigen. Dies sei unzulässig, da von den überhängenden Ästen der an der Grundstücksgrenze stehenden Fichten keine wesentlichen Beeinträchtigungen für die Nutzbarkeit des Grundstücks der Beklagten ausgingen. Die Beklagte behaupte vielmehr wechselnde Nutzungsabsichten, wie z.B. die Anlage eines Biotops oder die Installation einer Solaranlage, um so zu erreichen, dass sie in den Überhang der Baumreihe eingreifen und dadurch - in Umgehung des Urteils des OLG Karlsruhe vom 13.6.2007 - 6 U 110/06 - letztlich eine Entfernung der Fichtenreihe bewirken könne. Durch das Entfernen überhängender Äste und überwachsender Wurzeln büssten die Fichten ihre Standfestigkeit ein, wodurch die Verkehrssicherheit der Baumreihe verloren ginge und eine Fällung notwendig würde. Die Entfernung der Wurzeln könne jedenfalls nicht verlangt werden, wenn hierdurch die Bäume absterben, da bei der Ausübung des Selbsthilferechts nach § 910 BGB Maß zu halten sei. Selbst wenn eine Beeinträchtigung des Grundstücks der Beklagten vorläge, sei diese maßgeblich auf die Gegebenheiten auf ihrem eigenen Grundstück und die dort stehenden Nadelgewächse zurückzuführen. Jedenfalls sei nicht feststellbar, welche Baumwurzeln für die nachteiligen Umstände auf dem Grundstück der Beklagten verantwortlich seien. In solch unklaren Fällen müsse eine Entfernung der Wurzeln nicht geduldet werden. Durch die Entfernung des Überhangs ergebe sich ohnehin keine qualitative Änderung der Situation auf dem Grundstück der Beklagten hinsichtlich der Lichtzufuhr. Dies verhindere zum einen die Vegetation auf diesem selbst, zum anderen ergäben sich die Lichtverhältnisse zwar maßgeblich aus der Fichtenreihe auf dem Grundstück der Kläger, nicht aber aus dem von dieser ausgehenden Überhang. Wegen der Aufastung der Fichten auf 4 Meter Höhe könne auch durch die Zweige keinerlei Beeinträchtigung mehr stattfinden.
Die Kläger haben in erster Instanz zuletzt beantragt:
Die Beklagte hat es zu unterlassen, den Überhang und/oder die Wurzeln der Baumreihe, bestehend aus 21 Fichten, die auf dem klägerischen Grundstück, T-Str. 6, S., an der Grundstücksgrenze zum Grundstück der Beklagten, A. 25, S., stehen, zu entfernen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie hat vorgetragen, die überhängenden Äste führten zu erh...