Verfahrensgang
LG Heidelberg (Aktenzeichen 4 O 359/15) |
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Heidelberg vom 02.06.2017 - 4 O 359/17 - in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 10.08.2017 wird zurückgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsrechtszugs zu tragen.
III. Dieses Urteil und das in Ziffer I. genannte Urteil des Landgerichts Heidelberg sind vorläufig vollstreckbar.
Die Zwangsvollstreckung kann durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abgewendet werden, sofern nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung ihrerseits Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin nimmt die Beklagten auf Schadensersatz und Schmerzensgeld im Zusammenhang mit sog. ... Brustimplantaten in Anspruch. Die Beklagte zu 1 ist "benannte Stelle" im Sinne der Medizinprodukte Richtlinie 93/42/EWG und war mit der europarechtlichen Zertifizierung der Firma ... S. A. (...) beauftragt, die in Frankreich Silikonbrustimplantate herstellte. Bei der Firma ... kam es zur Verwendung von nicht zugelassenem Silikon in Brustimplantaten, die Verantwortlichen wurden in Frankreich strafrechtlich verurteilt, die Firma ... Jahr 2011 liquidiert. Die Beklagte zu 1 führte am 15. und 16.07.1997 ein Zertifizierungsaudit bei der Firma ... vor Ort durch. In der Folge erteilte sie ein CE-Kennzeichen. Bis 2010 fanden weitere 13 Audits vor Ort statt, die jeweils angekündigt waren und bei denen die Produkte selbst nicht geprüft wurden. Die Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 2 schloss am 17.02.2005 mit der ... einen Versicherungsvertrag, der Versicherungsschutz für durch in Frankreich eingesetzte Silikonimplantate verursachte Schäden gewährte. Dieser wurde am 15.04.2008 erneuert. Die Versicherungsverträge unterliegen französischem Recht. Im April 2001 bescheinigte die französische Agentur für Sicherheit von Gesundheitsprodukten (...) die Konformität der Silikonimplantate. Nachdem sie im Juni 2001 bei einem Kontrollbesuch Abweichungen festgestellt hatte, wurden Maßnahmen durchgeführt, die von der ... als zufriedenstellend eingestuft wurden, so dass keine weiteren Kontrollen stattfanden. Entnommene Proben lieferten konforme Untersuchungsergebnisse. Ab dem Jahr 2008 (Vortrag der Klägerin) bzw. dem Jahr 2009 (Vortrag der Beklagten zu 1) erhielt die ... zunehmend Meldungen über Rupturen und Verkapselungen in Bezug auf ...-Produkte, die zu einer Vorladung Ende 2009 und einer erneuten Begehung im März 2010 führten, bei der die Verwendung nicht spezifizierten Silikongels in Implantaten festgestellt wurde. Am 21.06.2010 teilte die niederländische Behörde mit, dass die so genannten M-Implants (...B.V.) mit Implantaten von ... identisch seien. Das deutsche Bundesamt für Arzneimittel und Medizinprodukte sprach im Januar 2012 die Empfehlung aus, ...-Implantate zu entfernen, auch wenn ungeklärt war, ob diese eine konkrete Gesundheitsgefahr darstellten und in welchen Chargen tatsächlich Industriesilikon enthalten war.
Die Klägerin macht geltend, ihr sei am 14.03.2008 ein Brustimplantat aus Silikon der Firma ... in die linke Brust eingesetzt worden. Das Implantat wurde am 27.03.2012 entsprechend der Empfehlung des Bundesamtes für Arzneimittel und Medizinprodukte sowie der behandelnden Universitätsklinik Heidelberg wieder entfernt. Die Klägerin meint, die Beklagte zu 1 habe im Rahmen der durchgeführten Audits ihre Pflichten als benannte Stelle verletzt, insbesondere habe sie unangekündigte Audits durchführen müssen, die dazu geführt hätten, dass die Verwendung von nicht zugelassenem Silikongel durch die Firma ... früher entdeckt und die Klägerin dadurch vor Schaden bewahrt worden wäre. Gegen die Beklagte zu 2 macht die Klägerin einen Direktanspruch nach französischem Recht als Versicherung der Herstellerin geltend.
Das Landgericht, auf dessen Urteil wegen des weiteren Sach- und Streitstands im ersten Rechtszug sowie der getroffenen Feststellungen Bezug genommen wird, hat die Klage abgewiesen. Es hat Ansprüche gegen die Beklagte zu 1 sowohl aus Vertrag mit Schutzwirkung zu Gunsten Dritter als auch aus Delikt verneint, wobei es davon ausgegangen ist, dass der Beklagten zu 1 als benannter Stelle die Zertifizierung des Qualitätssicherungssystems der Firma ... oblag, was das Qualitätssicherungssystem, das im Rahmen der durchzuführenden Audits zu prüfen war, beinhaltete. Eine sich aus der Richtlinie 93/42/EWG ergebende Verpflichtung, die verwendeten Rohstoffe bzw. die im Produktionsablauf tatsächlich verwendeten Rohstoffe zu überprüfen, hat das Landgericht verneint. Eine Verpflichtung der Beklagten zu 1, unangekündigte Audits vorzunehmen, hat das Landgericht nicht gesehen (LGU 20), da sich insoweit nach dem Vortrag der Klägerin keine Anhaltspunkte für die Beklagte zu 1 ergeben hätten, die ihr Veranlassung für die nicht generell vorzunehmenden unangekündigten Überprüfungen hätten geben müssen (LGU 21 ff.)....