Verfahrensgang
LG Freiburg i. Br. (Aktenzeichen 6 O 190/19) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Freiburg vom 30. Oktober 2020, Az. 6 O 190/19, im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen abgeändert:
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 219.705 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 3. Januar 2019 zu zahlen.
2. Die Beklagten haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die Vollstreckung der Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe des 1,2-fachen des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor Vollstreckung Sicherheit in Höhe des 1,2-fachen des zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.
5. Beschluss
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 219.705 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Parteien streiten um die Rückforderung einer für den Zeitraum vom 01.01.2016 bis 31.12.2017 bezahlten erhöhten Einspeisevergütung. Hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Der geltend gemachte Anspruch sei nach § 242 BGB verwirkt. Bei der zeitlichen Komponente seien die seit der Vorlage der Bescheinigung des Umweltgutachters Dipl.-Ing. ... im April 2011 erfolgten Zahlungen der erhöhten Einspeisevergütung von 11,67 Cent/Kilowattstunde seit 2011 bis ins Jahr 2018 zu berücksichtigen. Die Beklagten hätten sich aufgrund dieses Verhaltens der Klägerin darauf verlassen können, dass eine Rückzahlung nicht gefordert werde, und im Vertrauen hierauf weitere Investitionen getätigt, so dass ihnen durch die verspätete Geltendmachung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstünde. Den Beklagten sei nicht erkennbar gewesen, dass eine nachträgliche Prüfung der Bescheinigung ergeben könne, dass diese für den Nachweis der Voraussetzungen des § 23 Abs. 2 EEG nicht geeignet wäre, weshalb sie mit einer möglichen Rückforderung durch die Klägerin nicht zu rechnen hatten. Der durch eine Rückzahlung bei den Beklagten eintretende Nachteil wäre angesichts der Umstände des Einzelfalls unzumutbar.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie ihr Klagebegehren in vollem Umfang weiter verfolgt. Das Landgericht habe unzutreffend die Voraussetzungen der Verwirkung als gegeben erachtet. Es habe einen falschen zeitlichen Anknüpfungspunkt gewählt. Der Zeitraum, der dem Zeitmoment zugrunde zu legen sei, könne nicht beginnen, bevor das Recht, das Gegenstand der Verwirkung sein solle, überhaupt entstanden sei. Es fehle auch am Umstandsmoment. Eine außerordentliche Schutzbedürftigkeit der Beklagten sei nicht gegeben. Die Klägerin habe sich nicht widersprüchlich verhalten. Sie habe von den tatsächlichen und fachlichen Punkten, die ihren Rückforderungsanspruch begründen, bis zumindest Ende September 2018 keine Kenntnis gehabt. Außerdem habe das Landgericht im Rahmen der anzustellenden Gesamtbetrachtung die Verantwortungs- und Risikosphäre der Beklagten Ziff. 1 fehlerhaft unberücksichtigt gelassen. Auf Seiten der Beklagten habe auch kein Vertrauen darauf bestanden, dass die Klägerin die Bescheinigung nicht in Frage stellen und die erhöhte EEG-Vergütung zurückfordern werde. Die Rückforderung stelle keine unzumutbare Härte für die Beklagten dar. Selbst wenn man mit dem Landgericht unterstelle, die Beklagte Ziff. 1 habe im Vertrauen auf den Erhalt der erhöhten EEG-Vergütung zur Ertüchtigung der Anlage und für den Bau eines Fischpasses mit Dotieranlage etwa 2,1 Millionen EUR finanziert, ergebe sich allein hieraus keine unzumutbare Härte. Außerdem habe das Landgericht unberücksichtigt gelassen, dass die Klägerin im öffentlichen Interesse zurückfordere. Dieses Interesse überwiege das Privatinteresse der Beklagten. Im Übrigen habe das Landgericht übergangen, dass die Klägerin bestritten hatte, dass sich die Beklagten auf die Bescheinigung und auf die Zahlungen der Klägerin verlassen und darauf vertraut hätten, die Klägerin werde die streitgegenständliche Bescheinigung nicht (mehr) angreifen und Rückforderungsansprüche geltend machen. Außerdem habe es nicht berücksichtigt, dass die beklagtenseits behaupteten Investitionen dem Grunde und der Höhe nach bestritten waren.
Der Rückforderungsanspruch bestehe, weil die Anspruchsvoraussetzungen für eine erhöhte Vergütung nicht vorgelegen hätten. Die streitgegenständlichen Bescheinigungen des Gutachters ... erfüllten die Anforderungen nicht, denen Bescheinigungen der Umweltgutachter unterliegen.
Die Klägerin beantragt,
unter Abänderung des am 30. Oktober 2020 verkündeten Urteils des Landgerichts Freiburg im Breisgau, Az. 6 O 190/19, die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin 219.705 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 3. Januar 2019 zu zahlen.
Die Beklagten beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Das wide...