Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachweis der Entwendung eines Fahrzeugs in der Kaskoversicherung
Leitsatz (amtlich)
1. Macht der Versicherungsnehmer geltend, sein Fahrzeug sei vermutlich mit einem Fahrzeugschlüssel entwendet worden, den der Täter beim vorausgegangenen Wohnungseinbruch mitgenommen habe, gehören Einbruchsspuren nicht zum sogenannten "äußeren Bild" des Fahrzeugdiebstahls.
2. Findet die Polizei keine Werkzeugspuren an einer Terrassentür, ist dies nicht ohne weiteres ein Indiz dagegen, dass der Täter bei einem Wohnungseinbruch die gekippte Terrassentür gewaltsam geöffnet hat.
Verfahrensgang
LG Freiburg i. Br. (Aktenzeichen 14 O 65/16) |
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Freiburg vom 03.03.2017 - 14 O 65/16 - wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Das Urteil des Senats und das Urteil des Landgerichts sind vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung. Die Beklagte kann eine Vollstreckung des Klägers abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des nach den Urteilen vollstreckbaren Betrages, wenn nicht der Kläger Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger macht gegen die Beklagte Ansprüche aus einer Teilkaskoversicherung wegen der Entwendung seines Kraftfahrzeugs geltend.
Der Kläger war Eigentümer eines Pkw Volkswagen Touareg, Erstzulassung 2005. Für das Fahrzeug bestand ein Kraftfahrtversicherungs-Vertrag mit der Beklagten. Der Vertrag schloss u. a. eine Teilkasko-Versicherung für den Fall der Entwendung mit einem Selbstbehalt von 150,00 EUR ein. Die Parteien hatten die Allgemeinen Bedingungen für die Kraftfahrtversicherung (AKB) der Beklagten mit Stand 01.10.2014 vereinbart. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die vorgelegten Versicherungsbedingungen (Anlage K 4) verwiesen.
Der Kläger hat erstinstanzlich vorgetragen: Am Abend des 02.10.2015 habe er sein Fahrzeug auf einem angemieteten Stellplatz in unmittelbarer Nähe seiner Wohnung in W. abgestellt. Den Fahrzeugschlüssel habe er, wie üblich, auf einem Sideboard im Wohnzimmer abgelegt. Am nächsten Morgen sei der im Wohnzimmer abgelegte Fahrzeugschlüssel nicht mehr vorhanden gewesen; das Fahrzeug habe sich nicht mehr auf dem Abstellplatz befunden, sondern sei entwendet worden. Die vom Kläger noch am Morgen des 03.10.2015 bei der Polizei erstattete Strafanzeige führte zu einem Ermittlungsverfahren gegen Unbekannt (Staatsanwaltschaft Lörrach 85 UJs xxxx/15). Ein Täter wurde nicht ermittelt.
Im Mai 2016 wurde das Fahrzeug des Klägers in L./Frankreich, wenige Kilometer von W. entfernt, aufgefunden. Der Kläger ließ das Fahrzeug dort abholen, verbrachte es zunächst in eine Werkstatt in S., und stellte es sodann auf einem von ihm angemieteten Stellplatz in W. ab.
Der Kläger hat erstinstanzlich von der Beklagten die Zahlung einer Teilkasko-Entschädigung in Höhe von 9.350,00 EUR nebst Zinsen, Zug um Zug gegen Herausgabe des Fahrzeugs an die Beklagte, verlangt, nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 23.12.2015. Außerdem hat der Kläger die Erstattung außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 887,03 EUR verlangt. Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat eine Entwendung des Fahrzeugs bestritten. Der Kläger habe einen Diebstahl nur vorgetäuscht. Es gebe eine ganze Reihe
von Indizien dafür, dass der Kläger einen Diebstahl vorgetäuscht habe, um zu Unrecht von der Beklagten eine Versicherungsleistung zu erhalten.
Mit Urteil vom 06.03.2017 hat das Landgericht die Beklagte entsprechend den Anträgen des Klägers verurteilt. Es stehe fest, dass das Fahrzeug tatsächlich entwendet worden sei. Dies habe sich unter anderem aus den Ermittlungsergebnissen der Polizei ergeben. Da das Fahrzeug erst später als einen Monat nach der Entwendung aufgefunden worden sei, bestehe keine Rücknahmepflicht des Klägers, so dass er die volle Entschädigung gegen Herausgabe des Fahrzeugs verlangen könne. Entgegen der Auffassung der Beklagten gebe es keine erheblichen Anhaltspunkte, die für einen lediglich vorgetäuschten Diebstahl sprächen.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung der Beklagten. Sie ist der Auffassung, der Kläger habe schon das äußere Bild eines Diebstahls nicht nachgewiesen. Vor allem gebe es eine ganze Reihe von Indizien für einen vorgetäuschten Diebstahl, welche das Landgericht nicht berücksichtigt habe. Gegen einen Diebstahl spreche, dass das Fahrzeug unbeschädigt aufgefunden worden sei. Es sei nicht auszuschließen, dass der Kläger beim vermeintlichen "Auffinden" des Fahrzeugs in Frankreich behilflich gewesen sei. Es sei unklar, wie ein angeblicher Täter nach dem Diebstahl eines Schlüssels das zu dem Schlüssel passende Fahrzeug habe auffinden können. Die Polizei habe keine Einbruchsspuren an der Terrassentür der Wohnung des Kläglers vorgefunden; daraus sei zu schließen, dass es keinen Einbruch gegeben haben könne, so dass d...