Verfahrensgang
LG Mannheim (Urteil vom 23.01.2004; Aktenzeichen 7 O 262/03) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des LG Mannheim vom 23.1.2004 - 7 O 262/03 - wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Berufungsrechtszuges fallen der Beklagten zur Last.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte darf die Zwangsvollstreckung der Klägerin gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 60.000 EUR abwenden, wenn nicht diese vor Vollstreckung Sicherheit in der gleichen Höhe leisten.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Kläger nehmen die Beklagte mit der Behauptung, Inhaber eines Urheberrechts an einem Sammel- und Datenbankwerk (Kläger) bzw. eines Leistungsschutzrechts an einer Datenbank (Klägerin) auf Unterlassung, Auskunftserteilung, Vernichtung und auf Schadensersatzfeststellung in Anspruch.
Hierzu ist unstreitig, dass sich die Beklagte bei der Zusammenstellung der auf der angegriffenen CD-ROM "..." an der von der Klägerin in das Internet gestellten, von dem Kläger erarbeiteten Gedichttitelliste im sog. "Projekt Klassikerwortschatz" (Anlage K 9, Anlagenband 1) orientiert hat, wobei sie einige der dort angeführten Gedichte weggelassen, einige wenige hinzugefügt und im Übrigen die von dem Kläger getroffene Auswahl jeweils kritisch überprüft hat. Die Beklagte verteidigt sich gegen den Plagiatsvorwurf damit, dass sie bei der Auslese der Gedichte dasselbe Auswahlkriterium wie die Kläger, nämlich die allgemeine Beliebtheit der Gedichte aus der Zeit zwischen 1720 bis 1900, zugrunde gelegt habe. Die Kläger könnten sich, was die Liste des Klassikerwortschatzes angehe, auch nicht auf eine schutzfähige Leistung berufen, insoweit liege weder ein urheberrechtsfähiges Sammel- oder Datenbankwerk noch eine unmittelbare Leistungsübernahme vor.
Das LG hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben.
Dagegen wendet sich die Beklagte mit der Berufung, deren Ziel wie im ersten Rechtszug in der Abweisung der Klage besteht. Zur Begründung führt die Beklagte im Wesentlichen aus: Das LG habe den Grad der Übereinstimmung der beanstandeten Gedichtsammlung mit der Gedichtliste des Klassikerwortschatzes zu hoch veranschlagt. Der Gedichtliste fehle überhaupt die für einen Urheberrechtsschutz erforderliche schöpferische Höhe hinsichtlich der Auswahl und der Anordnung des Stoffes. Ebenso könne sich die Klägerin auf ein Leistungsschutzrecht nicht berufen, weil die Gedichtauswahl nicht übernommenen, sondern lediglich als Orientierungshilfe verwendet worden sei.
Die Kläger treten der Berufung entgegen und verteidigen das Urteil des LG.
Gemäß § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO wird auf das angefochtene Urteil sowie auf dem Vortrag der Parteienbezug genommen.
II. Die zulässige Berufung bleibt in der Sache ohne Erfolg. Vielmehr hat das LG die Beklagte zu Recht zur Unterlassung, zur Vernichtung und zur Auskunft verurteilt und darüber hinaus dem Schadensersatzfeststellungsbegehren der Kläger entsprochen.
Auf der tatsächlichen Grundlage des unstreitigen Ausgangssachverhalts (Geständnis der Benutzung der Gedichtauswahl "Projekt Klassikerwortschatz" durch die Beklagte) zeigt die Berufung einen Rechtsfehler des LG gem. §§ 513 Abs. 1, 546 ZPO nicht auf. Der Senat teilt in vollem Umfang die Rechtsauffassung des LG, dass die Gedichttitelliste der Kläger als Sammel- und Datenbankwerk Urheber- und Herstellerschutz genießt und dass die Beklagte durch Übernahme dieses Werkes in die Immaterialgüterrechte der Kläger eingegriffen hat.
1. Schutzfähigkeit des "Projekts Klassikerwortschatz"
Bei der Gedichttitelliste der Kläger handelt es sich, wie das LG im Einzelnen zutreffend ausgeführt hat, um ein urheberrechtlich geschütztes Werk i.S.v. § 4 UrhG.
a) Sammelwerk
Nach § 4 Abs. 1 UrhG werden Sammlungen von Werken, Daten oder anderen unabhängigen Elementen, die auf Grund der Auswahl oder Anordnung der Elemente eine persönliche geistige Schöpfung sind, unbeschadet eines an den einzelnen Elementen ggf. bestehenden Urheberrechts, wie selbstständige Werke geschützt. Die für ein Sammelwerk hiernach erforderliche Schöpfungshöhe der Auswahl der Elemente ist im Streitfall gegeben.
Mit Recht hat das LG angenommen, die vom Kläger erstellte Titelliste könne für sich jedenfalls als sog. kleine Münze einen Rang an der untersten Grenze der Urheberrechtsfähigkeit beanspruchen. Das mit der Liste verfolgte praktische Ziel, die beliebtesten Gedichte während einer Zeitperiode aufzunehmen, bietet zwar im Hinblick auf die Auswahlkriterien, wie der Berufung einzuräumen ist, nur einen geringen Gestaltungsspielraum. Dennoch fehlt es hier nicht an einer Gestaltungshöhe, weil die (zielführende) Entscheidung, welche Titel (Elemente) zur Aufnahme in die Liste überhaupt in Betracht kommen und schließlich in die Sammlung aufgenommen werden sollen, eine individuelle Auswahl erfordert. Materialsichtung und Auslese setzen ...