Entscheidungsstichwort (Thema)
Auskunftsanspruch des Versicherungsnehmers in der privaten Krankenversicherung über zurückliegende Prämienanpassungen
Leitsatz (amtlich)
1. Aus § 242 BGB folgt ein Auskunftsanspruch des Versicherungsnehmers über zurückliegende Beitragsanpassungen und die ihm hierzu übermittelten Unterlagen, soweit ihm die entsprechenden Nachträge und Unterlagen nicht mehr vorliegen.
2. Ein weitergehender Auskunftsanspruch über den Inhalt von ihm bekannten und vorliegenden Beilagen zu den Prämienanpassungen (Begründungen und Informationsblätter) folgt auch nicht aus der DSGVO.
3. Eine Stufenklage, mit welcher der Auskunftsantrag verbunden wird mit Anträgen auf Feststellung der Unwirksamkeit noch zu benennender und Rückzahlung eines noch zu beziffernden Betrages ist unzulässig. Der Auskunftsantrag bleibt aber als solcher zulässig.
Normenkette
BGB §§ 242, 666, 675, 810; DSGVO Art. 12, 15; VVG § 3; ZPO § 254
Verfahrensgang
LG Mosbach (Urteil vom 09.09.2021; Aktenzeichen 7 O 40/20) |
Tenor
1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Mosbach vom 09.09.2021, Az. 7 O 40/20, abgeändert:
Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerseite Auskunft über alle Beitragsanpassungen zu erteilen, die die Beklagte in dem zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag in den Jahren 2011, 2012, 2013, 2014, 2015, 2016, 2017, 2018, 2019 und 2020 zur Versicherungsnummer ... vorgenommen hat. Die Auskunft muss folgende Informationen enthalten:
a) die Höhe der Beitragsanpassungen unter Benennung der jeweiligen Tarife im Versicherungsverhältnis der Klägerseite,
b) die der Klägerseite zu diesem Zwecke übermittelten Informationen in Form von Versicherungsscheinen und Nachträgen zum Versicherungsschein.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
3. Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
5. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger begehrt von der Beklagten Auskunft über Beitragserhöhungen zu seiner privaten Kranken- und Pflegeversicherung, Feststellung der Unwirksamkeit der noch zu bezeichnenden Prämienerhöhungen sowie deren verzinsliche Rückzahlung.
Der Kläger unterhält bei der Beklagten seit dem 01.08.1987 eine private Krankheitskosten- und Pflegeversicherung. Im Tarif G... sind ambulante und stationäre Heil- und zahnärztliche Behandlungen, im Tarif S... ist Krankenhaustagegeld versichert. Dem Vertragsverhältnis liegen die MB/KK 2009 zugrunde. Die Versicherungsbedingungen der Beklagten sehen unter § 8b AVB das Recht des Versicherers zur Beitragsanpassung vor.
Mit E-Mail vom 28./29.09.2020 forderte der Kläger die Beklagte zur Auskunft und Übersendung von Unterlagen betreffend alle Beitragsanpassungen ab dem 01.01.2011 auf. Mit Schreiben vom 01.10.2020 wies die Beklagte das Auskunftsersuchen zurück und machte geltend, dass die Beitragsanpassungen den gesetzlichen Vorschriften entsprächen.
Der Kläger hat vorgetragen:
Er habe die ihm übersandten Versicherungsscheine und Beiblätter aus den Jahren 2011 bis 2020 verloren.
Ein prozessuales Vorgehen im Wege der Stufenklage sei zulässig, da die Auskunft zur Bezifferung des Leistungsantrags benötigt werde. Dem Kläger stehe nach §§ 3 Abs. 4 VVG, § 810 BGB analog, § 666 BGB und Art. 15 DS-GVO ein Herausgabe- und Auskunftsanspruch zu. Der Kläger habe begründeten Anlass zu der Annahme, dass die durch die Beklagte vorgenommenen Prämienanpassungen rechtswidrig gewesen seien. Ansprüche des Klägers hieraus seien weder verjährt noch anderweitig nicht durchsetzbar.
Der Kläger hat beantragt:
1. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerseite Auskunft über alle Beitragsanpassungen ab dem 01.01.2011 bis zur Rechtshängigkeit zu erteilen, die die Beklagte in dem zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag mit der Versicherungsnummer ... vorgenommen hat und hierzu geeignete Unterlagen zur Verfügung zu stellen, in denen mindestens die folgenden Informationen enthalten sind:
die Höhe der Beitragserhöhungen unter Benennung der jeweiligen Tarife im Versicherungsverhältnis der Klägerseite,
die der Klägerseite zu diesem Zwecke übermittelten Informationen aus Anschreiben und Nachträgen zum Versicherungsschein sowie
die der Klägerseite zum Zwecke der Beitragserhöhung übermittelten Informationen aus den Begründungsschreiben sowie der Beiblätter.
2. Es wird festgestellt, dass alle Erhöhungen in den Krankenversicherungstarifen der Klägerseite, die die Beklagte gegenüber der Klägerseite im Rahmen des zwischen ihnen bestehenden Krankenversicherungsverhältnisses zur Versicherungsnummer ... vorgenommen hat, und die nach Erteilung der Auskunft gemäß dem Antrag zu Ziffer 1 noch genauer zu bezeichnen sind, unwirksam sind und die Klägerseite nicht zur Zahlung des jeweiligen Erhöhungsbetrags verpflichtet ist, sowie, dass der monatlich fällige Gesamtbetrag für die Zukunft auf einen nach Erteilung der Auskunft gemäß dem Klageantrag zu 1 noch genau zu beziffernden Betrag zu reduzieren ist.
3. Die Beklagte wird v...