Leitsatz (amtlich)
Zur Bedeutung des § 5 HWO bei der Bestimmung des Deckungsbereichs in der Betriebshaftpflichtversicherung eines Handwerkbetriebs.
Normenkette
AHB § 3; HWO § 5
Verfahrensgang
LG Mannheim (Aktenzeichen 9 O 292/11) |
Tatbestand
Gegenstand der Klage sind Ansprüche auf Deckungsschutz aus einer gewerblichen Haftpflichtversicherung.
Die Klägerin erbringt Bauklempner-, Bauspengler- und Flaschnerarbeiten. Sie hat mit der Beklagten am 19.3.2008 eine Betriebs-Haftpflichtversicherung abgeschlossen. Ausweislich der dem Vertrag zugrunde liegenden Bedingungen ist das im Versicherungsschein genannte Risiko versichert, nämlich das Risiko eines Bauklempners, Bauspenglers und Bauflaschners. Das vertraglich versicherte Risiko nach Ziff. 3 AHB wird in den besonderen Versicherungsbedingungen Teil I. Ziff. 1 geregelt. Dort ist u.a. niedergelegt:
"Versicherte Risiken (Betriebscharakter/individuelle Deckungserweiterungen)
Maßgebend ist die Beschreibung unter Position "Versicherte Risiken" bzw. "Deckungserweiterungen/Nebenrisiken aufgrund besonderer Vereinbarung" im Versicherungsschein oder seinen Nachträgen, wobei das Risiko gem. § 5 Handwerksordnung (HWO) eingeschlossen ist."
Die Klägerin hat bei der Generalinstandsetzung eines Gymnasiums Spengler- und Dachabdichtungsarbeiten im Gesamtvolumen von 108.397,39 EUR. Der Auftragserteilung lag eine Leistungsbeschreibung zugrunde. Die Klägerin hat eine Fläche von 160 qm (Flachdach) mit Bitumenschweißbahnen versehen. Die Abdichtungsarbeiten sind in der Schlussrechnung mit 30.409,28 EUR errechnet, die Spenglerarbeiten mit 2.377,11 EUR, die Dacheindichtung mit 43.192,36 EUR.
Die Klägerin hat behauptet, während der Bauphase, als ein Teil des Daches abgedeckt und vor üblichem Regenfall geschützt war, sei durch einen extrem starken Regenfall in das Objekt Wasser eingetreten, das einen Schaden verursacht habe.
Die Klägerin hat ausgeführt, der Schadensfall sei vom versicherten Risiko umfasst. Arbeiten zum Verlegen von Bitumenschweißbahnen gehörten zum versicherten Risiko eines Bauklempner-, Bauspengler- und Bauflaschnerhandwerksbetriebs. Es sei gängige Praxis, dass Bauklempnerbetriebe Bitumenarbeiten am Dach zum Abdichten erbringen würden. Die im Bauklempnerbereich erbrachten Dacharbeiten würden durch das Aufbringen von Bitumenschweißbahnen ergänzt. Ohne diese Abdichtungsarbeiten könnten Dachabdichtungsarbeiten nicht entsprechend den Regeln der Technik erbracht werden. Zwischen dem Aufbringen der Bitumenbahnen und der Errichtung des Blechdachs hätten ca. 3 Monaten gelegen. Die Bitumenbahnen seien als Notabdichtung zum Schutz vor Eintritt von Nässe unentbehrlich gewesen.
Die Handwerksordnung gewähre hier einem Handwerker das Recht, sein Handwerk sowie Arbeiten in anderen Handwerken auszuführen, wenn sie sein Gewerbe in technischer oder in fachlicher oder wirtschaftlicher Hinsicht ergänzten. Dieser Zusammenhang sei vorliegend gegeben. Die Dachabdichtungsarbeiten mit Bitumenschweißbahnen (Bitumendampfsperre) seien notwendig gewesen zur ordnungsgemäßen Herstellung des Flachdachs mit Aluminiumblech. Die Klempnerausbildungsverordnung sehe vor, den Auszubildenden Fähigkeiten und Kenntnisse bei Durchführen von Dämm- und Dichtungsmaßnahmen zu vermitteln. Hierunter fielen auch Dachabdichtungsarbeiten, insbesondere Bitumenarbeiten.
Die Beklagte hat eine Eintrittspflicht, das Schadensereignis, die Schadenshöhe, den Zinssatz und die Berechtigung zur Geltendmachung von Mehrwertsteuer bestritten. Die Klägerin habe keine Bauspenglerarbeiten durchgeführt, sondern Dachdeckerarbeiten, indem sie ein 160 qm großes Flachdach mit Bitumenschweißbahnen belegt habe. Diese Abdichtungsarbeiten gehörten nicht zu den versicherten Bauklempnerarbeiten. Auch eine Nebenleistung liege angesichts des Volumens der Arbeiten nicht vor. Die von der Klägerin tatsächlich erbrachten Arbeiten gehörten zum Dachdeckerhandwerk, das gerade nicht versichert gewesen sei. Die von der Klägerin aufgebrachten Bitumenschweißbahnen seien auch nicht üblicher oder notwendiger Bestandteil eines Aluminium- oder Blechdachs und auch keine Notmaßnahme zur Abdichtung.
Das LG hat die Klage abgewiesen. Für das von der Klägerin als Klempner/Spengler geschuldete Gewerk sei die tatsächlich ausgeführte Abdichtung nicht erforderlich gewesen, um ein technisch einwandfreies Gewerk zu liefern. Die Arbeiten hätten durchgeführt werden können, sie fielen aber nicht unter das von der Beklagten als Betriebs-Haftpflichtversicherer umfasste Risiko, weil sie weder technisch erforderlich noch als Notmaßnahme gedacht gewesen wären.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin
Entscheidungsgründe
Die Berufung der Klägerin ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg. Der Klägerin kann Zahlung von 22.336,78 EUR beanspruchen. Entgegen der Auffassung des LG sind die hier streitigen, von der Klägerin durchgeführten Dachdeckerarbeiten mitversichert.
1. Der geltend gemachte Haftpflichtschaden fällt unter das versicherte Risiko.
Gemäß Teil I Ziff. 1 der Allgemeinen Vereinbarunge...