Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsschließungsversicherung bei Schließung in Folge der Corona-Pandemie
Leitsatz (amtlich)
1. Enthalten Versicherungsbedingungen einer Betriebsschließungsversicherung die ausdrückliche Regelung, dass meldepflichtige Krankheiten und Krankheitserreger im Sinne dieses Vertrags "nur" die in einem nachfolgenden Katalog - ohne Erwähnung des Infektionsschutzgesetzes - aufgezählten sind, wobei weder die Krankheit COVID-19 noch der Krankheitserreger SARS-CoV-2 enthalten ist, so ist eine Betriebsschließung infolge des Auftretens dieser Krankheit bzw. dieses Erregers nicht vom Versicherungsschutz umfasst.
2. Die hierin liegende Risikobegrenzung ist wirksam. Sie ist weder mehrdeutig noch überraschend gemäß § 305 c BGB und begründet auch keine unangemessene Benachteiligung des Versicherungsnehmers im Sinne von § 307 BGB.
Normenkette
BGB §§ 305 c, 307
Verfahrensgang
LG Mannheim (Urteil vom 04.12.2020; Aktenzeichen 11 O 113/20) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 04.12.2020, Az. 11 O 113/20, wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Mannheim ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Parteien streiten über Ansprüche aus einer Betriebsschließungsversicherung.
Die Klägerin ist Eigentümerin einer Hotel- und Gaststättenanlage in V. (Hessen), bestehend aus dem Restaurant "W." nebst Geschäftshaus, den Pensionshäusern "C. Hüttendorf" (fünf Chalets und ein Appartementhaus mit vier Wohnungen) sowie einem Café und einem Catering-Service. Aufgrund der Vergrößerung ihres Geschäftsbetriebs trat die Klägerin mit dem Leiter der Generalagentur der Beklagten in A. in Verbindung und erneuerte zwischen Juli und Oktober 2019 ihre Versicherungsverträge. Der Versicherungsschutz der Klägerin wurde umfassend neu bei der Beklagten abgeschlossen. Als neue Komponente des Vertragswerks wurde dabei eine Betriebsschließungsversicherung mit einer Haftzeit von 8 Wochen (56 Tagen) bei einer Versicherungssumme von 249.000,- EUR aufgenommen. Die Versicherungssumme wurde im April 2020 auf 202.222,- EUR angepasst.
Die auf den Vertrag anwendbaren "Besonderen Vereinbarungen für die Betriebsschließungsversicherung zur S. FirmenPolice" (i.F.: SFP-BS) lauten auszugsweise wie folgt:
"1. Der Versicherer leistet Entschädigung
bis zu den vereinbarten Entschädigungsbegrenzungen für den Fall, dass die zuständige Behörde aufgrund von Gesetzen zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen, Maßnahmen der in den Ziffern 1.1. bis 1.4 oder soweit zusätzlich vereinbart auch der in Ziffer 1.5 genannten Art ergriffen hat. [...]
1.1. Betriebsschließung
Als Betriebsschließung gilt, wenn die Behörde den versicherten Betrieb ganz oder teilweise zur Verhinderung und Verbreitung von meldepflichtigen Krankheiten oder Krankheitserregern bei Menschen schließt oder deshalb Tätigkeitsverbote gegen sämtliche Betriebsangehörige ausspricht.
[...]
2. Meldepflichtige Krankheiten oder meldepflichtige Krankheitserreger im Sinne dieses Vertrages sind nur die im Folgenden aufgeführten:
2.1. meldepflichtige Krankheiten
Botulismus, Cholera, Diphtherie, akute Virushepatitis, enteropathisches hämolytisch urämisches Syndrom (HUS), virusbedingte hämorrhagische Fieber, Masern, Meningokokken-Meningitis oder -Sepsis, Milzbrand, Poliomyelitis (als Verdacht gilt jede akute schlaffe Lähmung, außer wenn traumatisch bedingt), Pest, Tollwut, Typhus abdominalis/Paratyphus, eine behandlungsbedürftige Tuberkulose (auch wenn ein bakteriologischer Nachweis nicht vorliegt), eine mikrobiell bedingte Lebensmittelvergiftung, eine akute infektiöse Gastroenteritis, eine über das übliche Ausmaß einer Impfreaktion hinausgehende gesundheitliche Schädigung, die Verletzung eines Menschen durch ein tollwutkrankes, -verdächtiges oder ansteckungsverdächtiges Tier sowie die Berührung eines solchen Tieres oder Tierkörpers.
2. 2 meldepflichtige Krankheitserreger
Adenoviren, Bacillus anthracis, Borrelia recurrentis, Brucella sp., Campylobacter sp. (darmpathogen), Chlamydia psittaci, Clostridium botulinum oder Toxinnachweis, Corynebacetrium diphtheriae (Toxin bildend), Coxiella brunetii, Cyrptosporidium parvum, Ebolavirus, Escherichia coli (enterohämorrhagische Stämme EHEC), Escherichia coli (sonstige darmpathogene Stämme), Francisella tularensis, FSME-Virus, Gelbfiebervirus, Giardia lamblia, Haemophilus influenzae, Hantaviren, Hepatitis-A-Virus, Hepatitis-B-Virus, Hepatitis-C-Virus, Hepatitis-DVirus, Hepatitis-E-Virus, Influenzaviren, Lassavirus, Legionella sp., Leptospira interrogans, Listeria monocytogenes, Mar...