Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachehelicher Unterhalt: Begrenzung und Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs wegen Krankheit
Leitsatz (amtlich)
1. Zur Begrenzung und Herabsetzung eines Anspruchs auf Unterhalt wegen Krankheit.
2. Eine Absenkung des Unterhalts unter den gegenüber Ehegatten geltenden Selbstbehalt kommt in der Regel nicht in Betracht.
Normenkette
BGB § 1578b Abs. 2; EGZPO § 36 Nrn. 1-2
Verfahrensgang
AG Karlsruhe (Urteil vom 30.11.2001; Aktenzeichen 3 F 67/00) |
Tenor
1. Auf die Berufung des Klägers und die Anschlussberufung der Beklagten wird das Urteil des AG - FamG - Karlsruhe vom 30.11.2001 (3 F 67/00) in Ziff. 1 unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung und Anschlussberufung wie folgt abgeändert:
Das Urteil des OLG Karlsruhe vom 3.11.1994 (2 UF 185/92) wird dahin abgeändert, dass der Kläger verurteilt wird, an die Beklagte monatlichen, monatlich im Voraus fälligen Unterhalt im Zeitraum 1.7.2003 bis 31.12.2012 wie folgt zu zahlen:
Vom 1.7.2003 bis 31.12.2003 833 EUR,
vom 1.1.2004 bis 31.8.2004 839 EUR,
vom 1.9.2004 bis 31.12.2004 838 EUR,
vom 1.1.2005 bis 30.6.2005 842 EUR,
vom 1.7.2005 bis 31.12.2005 858 EUR,
vom 1.1.2006 bis 31.3.2006 870 EUR,
vom 1.4.2006 bis 31.12.2006 697 EUR,
vom 1.1.2007 bis 30.6.2007 765 EUR,
vom 1.7.2007 bis 31.12.2007 767 EUR und
vom 1.1.2008 bis 31.12.2012 550 EUR.
Im Übrigen werden Klage und Widerklage abgewiesen.
2. Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger 77 % und die Beklagte 23 %.
3. Das Urteil vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der jeweils fälligen Beträge nebst eines Zuschlages von 10 % abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Die Revision wird hinsichtlich der Herabsetzung und Befristung des Unterhaltsanspruchs zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger und die Beklagte haben am ... 1976 die Ehe geschlossen. Aus dieser ist die am ... 1977 geborene Tochter N. hervorgegangen, die bis zu ihrer Volljährigkeit im Haushalt der Beklagten gelebt hat und von dieser betreut und versorgt worden ist. Die Trennung der Parteien erfolgte Ende 1981, spätestens jedoch im Jahr 1982, die Scheidung wurde am 2.3.1984 rechtskräftig.
Die am ... 1955 geborene Beklagte ist von Beruf Arzthelferin. Sie war in der Ehe nicht berufstätig. Der am ... 1948 geborene Kläger ist selbständiger Kaufmann und seit ... 1985 wieder verheiratet. Seine Ehefrau erzielt eigene Einkünfte. Aus dieser Ehe sind drei Kinder, Ser., geboren am ... 1988, Ei., geboren am ... 1990, und Sea., geboren am ... 1997, hervorgegangen. Diese gehen noch zur Schule bzw. befinden sich in Ausbildung.
Am 8.8.1985 einigten sich die Parteien in einem vor dem AG - FamG - Ettlingen anhängigen Verfahren (1 F 55/85) über die Verpflichtung des Klägers, an die Beklagte nachehelichen Unterhalt i.H.v. 1.800 DM und 635 DM Kindesunterhalt für die Tochter N. zu zahlen. Der Kläger erbringt spätestens seit Februar 1982 laufende Unterhaltszahlungen an die Beklagte. Mit Vergleich vor dem OLG Karlsruhe vom 20.6.2005 (2 UF 273/04) verpflichtete sich der Kläger zur Zahlung von Ausbildungsunterhalt für N. ab 1.7.2005 i.H.v. monatlich 250 EUR bis zum 31.12.2006.
Die Beklagte hatte im Dezember 1989 eine Halbtagstätigkeit aufgenommen. Ab 1.4.1993 war sie dann vollschichtig in ihrem Beruf als Arzthelferin tätig, ohne jedoch das volle tarifliche Gehalt hierfür zu erhalten. Sie verdiente damals monatlich netto 2.179,73 DM. Die Arbeitsstelle wurde ihr seitens des Arbeitgebers Dr. W. zum 30.6.1996 gekündigt (I, 49). Die Beklagte bezog dann in der Folge Krankengeld bzw. Arbeitslosenhilfe. Im Jahr 1999 hat sie eine Umschulungsmaßnahme zur Bürokraft abgeschlossen (I, 51), wobei sie Unterhaltsgeld bezog. Ab Ende März 2000 erhielt sie wiederum Arbeitslosenhilfe. Nach einer halbschichtigen Aushilfstätigkeit als Schreibkraft vom 15.8.2001 bis 15.8.2002 war sie wiederum arbeitslos. Seit dem 4.5.2001 ist sie als Schwerbehinderte mit einem Grad der Behinderung von 60 % anerkannt. Mit Bescheid der BfA vom 17.12.2003 (II, 239) wurde ihr Rente wegen Erwerbsunfähigkeit ab 1.7.2003 i.H.v. monatlich 453,31 EUR bzw. ab 1.9.2004 i.H.v. 449,61 EUR (II, 241) bewilligt.
Ein im Jahr 1988 seitens des Klägers vor dem AG - FamG - Ettlingen eingeleitetes Abänderungsverfahren führte zu der hier mit der Abänderungsklage angegriffenen Entscheidung des OLG Karlsruhe vom 3.11.1994 (AG Ettlingen 1 F 291/88 und OLG Karlsruhe 2 UF 185/92), in der der Kläger zuletzt ab 1.2.1994 zur Zahlung von nachehelichem Unterhalt i.H.v. monatlich 661 DM verurteilt worden ist. Im Urteil des OLG Karlsruhe vom 3.11.1994 wurde von einem eheprägenden monatlichen Nettoeinkommen des Klägers i.H.v. 6.297 DM, bei in Wahrheit deutlich höheren Einkünften, und einem ...