Entscheidungsstichwort (Thema)

Unterhalt. Kostenfestsetzung nach §§ 121 f BRAGO

 

Verfahrensgang

AG Saarburg (Beschluss vom 15.02.1995; Aktenzeichen 3 F 118/94)

AG Saarburg (Beschluss vom 26.10.1994)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Landeskasse Rheinland-Pfalz wird der Beschluß des Amtsgerichts – Familiengericht – Saarburg vom 15. Februar 1995 mit der Maßgabe aufgehoben, daß es bei dem Kostenfestsetzungsbeschluß des Amtsgerichts – Familiengericht – Saarburg vom 26. Oktober 1994 verbleibt.

Das Verfahren über die Beschwerde ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

Die gemäß § 128 Abs. 4 BRAGO statthafte und auch im übrigen zulässige Beschwerde der Landeskasse Rheinland-Pfalz, mit der sie sich gegen die Festsetzung der Vergleichsgebühr für den zwischen den Parteien am 24. August 1994 geschlossenen außergerichtlichen Vergleich über die Streitsache (Bl. 9 PKH) wendet, ist begründet.

Es ist in Rechtsprechung und Lehre umstritten, ob der im Rahmen der Prozeßkostenhilfe beigeordnete Rechtsanwalt einen Anspruch gegen die Landeskasse auf Erstattung einer Vergleichsgebühr hat, wenn unter seiner Mitwirkung ein außergerichtlicher Vergleich über die Streitsache zustandekommt (bejahend z.B.: BGH NJW 1988, 494; LAG Berlin, JurBüro 1994, 481 f.; Gerold/Schmidt, BRAGO, 11. Aufl., § 121 Rn 81; Stein/Jonas/Bork, ZPO, 21. Aufl., § 119 Rn 8; Zöller/Philippi, ZPO, 19. Aufl., § 119 Rn 25; verneinend: OLG München, JurBüro 1991, 945; OLG Köln JurBüro 1994, 605 mit Anmerkung Mümmler; LAG Köln, JurBüro 1994, 481; OLG Hamm, Rpfleger 1987, 82; Münchener Kommentar ZPO/Wax, § 119 Rn 247 Baumbach-Lauterbach-Albers-Hartmann, ZPO, 53. Aufl., Rn 46, jeweils m.w.N.). Der Senat schließt sich der Auffassung an, die eine Erstattung der Vergleichsgebühr aus der Staatskasse für einen den Prozeß beendenden außergerichtlichen Vergleich verneint.

Nach § 121 BRAGO erfolgt die Beiordnung des Anwalts im Prozeßkostenhilfeverfahren nur im „Verfahren vor Gerichten”, die Mitwirkung beim Abschluß eines außergerichtlichen Vergleichs wird von der Beiordnung nicht erfaßt. Die Gegenmeinung (siehe z.B. Zöller-Philippi, a.a.O.) stützt ihre Auffassung insbesondere darauf, daß nach § 119 Satz 1 ZPO die Bewilligung der Prozeßkostenhilfe für jeden Rechtszug besonders erfolgt; zum Rechtszug gehören aber nach § 37 Nr. 2 BRAGO auch außergerichtliche Vergleichsverhandlungen. Daraus folgt aber nicht zugleich, daß auch der Abschluß eines außergerichtlichen Vergleichs von der Beiordnung umfaßt wird. § 37 BRAGO umschreibt den für die Vergütung des Anwalts in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten maßgebenden Begriff des Rechtszuges im Sinne von § 13 Abs. 2 Satz 2 BRAGO; eine der in § 37 genannten Tätigkeiten ist damit mit einer der für diesen Rechtszug vorgesehenen Vergütung, z.B. durch die Prozeßgebühr, abgegolten. Ausdrücklich regelt § 37 Nr. 2 BRAGO nicht, daß auch der Abschluß eines außergerichtlichen Vergleichs zum Rechtszug gehört und damit von der Prozeßkostenhilfebewilligung nach § 119 Satz 1 ZPO umfaßt ist.

Die Argumente, mit welchen eine Erstattungsfähigkeit abgelehnt wird, sind überzeugend. Es kann nicht im Belieben der Parteien liegen, ohne Mitwirkung des Gerichts, durch außergerichtliche Regelung beliebiger, hinsichtlich Existenz und Bewertung nicht nachprüfbarer Gegenstände Ansprüche gegen die Staatskasse zu begründen. Die vom Gesetz vorgesehene Einflußnahmemöglichkeit des Gerichts auf Grund und Höhe solcher Ansprüche besteht aber nur dann, wenn die Vergleiche zu gerichtlichem Protokoll erklärt werden. Auf diese Weise wird sichergestellt, daß ohne weitere Nachprüfung festgestellt werden kann, welchen Umfang die Tätigkeit des Anwalts hatte und ob sie sich in dem nach § 122 BRAGO zu beachtenden Rahmen gehalten hat (OLG München, a.a.O.). Es bedeutet nämlich für die Partei keinen unzumutbaren Mehraufwand, eine während eines anhängigen Rechtsstreits erzielte außergerichtliche Einigung durch das Gericht protokollieren zu lassen. Auch aus Gründen der Gleichstellung der prozeßkostenhilfebedürftigen Partei mit der reichen Partei folgt nicht, dieser gebührenrechtlich die Möglichkeit zu gewähren, einen außergerichtlichen Vergleich zu schließen. Dieser bietet in prozeßökonomischer Sicht kaum einen Vorteil, da der Rechtsstreit nicht durch den außergerichtlichen Vergleich selbst, sondern durch eine ohnehin noch erforderliche Prozeßhandlung (Klagerücknahme, Erledigung der Hauptsache) beendigt wird. Gegen die Gleichstellung des gerichtlichen und des außergerichtlichen Vergleichs spricht außerdem, daß der außergerichtliche Vergleich – abgesehen von der Ausnahme des sogenannten Anwaltsvergleichs nach § 1044 b ZPO – keinen Titel schafft, er vielmehr unter Umständen Anlaß für neue gerichtliche Verfahren – mit neuen Gebührentatbeständen – bietet, mithin auch unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten es durchaus zweifelhaft erscheinen kann, ob nicht auch die bemittelte Partei den Abschluß eines gerichtlichen Vergleichs vorziehen würde (OLG Köln, a.a.O.).

Insbesondere aber das gleichzeitig ...

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