Entscheidungsstichwort (Thema)
Verbindung mehrerer selbständiger Beweisverfahren; Kostenentscheidung bei Nichtbetrieb
Normenkette
ZPO §§ 147, 269 Abs. 3 S. 2, § 494a Abs. 2
Verfahrensgang
LG Mainz (Beschluss vom 20.02.2003; Aktenzeichen 9 OH 49/01) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des LG Mainz vom 20.2.2003 aufgehoben und das Verfahren an das LG zwecks Erlass der erforderlichen Anordnung zurückverwiesen. Gerichtskosten werden für das Beschwerdeverfahren nicht erhoben.
Gründe
Die Antragstellerin wendet sich mit ihrer sofortigen Beschwerde gegen eine Kostenentscheidung des LG, die in entspr. Anwendung von § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO zu ihren Lasten im selbständigen Beweisverfahren ergangen ist.
Das vorliegende Verfahren ist mit Schriftsatz der Antragstellerin vom 28.9.2001, bei Gericht eingegangen am 1.10.2001, und folgenden Anträgen eingeleitet worden:
1. Was ist die Ursache dafür, dass die staufische Wehrmauer am B.er Turm am 25.9.2001 zusammengestürzt ist?
2. War die Wehrmauer vor ihrem Einsturz überhaupt sanierungsfähig?
3. Sind alle für eine Sanierung der Wehrmauer erforderlichen Sicherungsmaßnahmen von den Antragstellern beachtet worden?
4. Wenn nein – in wessen Verantwortungsbereich liegt der Einsturz der Wehrmauer?
Mit Schriftsatz vom 4.10.2001, beim LG Mainz eingegangen am 5.10.2001, stellte die Antragsgegnerin zu 3) des vorliegenden Verfahrens ebenfalls Antrag auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens – Az. 9 OH 51/01 –, und zwar gegen die Antragstellerin des hiesigen Verfahrens. Die Anträge in jenem Verfahren lauten:
1. Der Sachverständige möge feststellen, worauf zurückzuführen ist, dass die vormals in I. gelegene staufische Wehrmauer Im Saal am 26.9.2001 auf eine Länge von 20 m einstürzte.
2. Der Sachverständige soll feststellen, dass durch herabfallende Mauerteile der alten Wehrmauer der Bagger der Antragstellerin … [genaue Bezeichnung] beschädigt wurde und welche Kosten entstehen.
Während in dem zweiten Verfahren eine Beweisaufnahme eingeleitet wurde und nach Erstattung eines ersten Sachverständigengutachtens derzeit weiterbetrieben wird, hat das LG im vorliegenden Verfahren keinen Beweisbeschluss erlassen. Einen Antrag der Antragstellerin auf Verbindung des vorliegenden mit dem Verfahren 9 OH 51/01 hat das LG durch Beschluss vom 9.9.2001 zurückgewiesen (Bl. 21 GA). Nach der Ankündigung, die Akten sollten weggelegt werden, hat das LG auf Antrag der Antragsgegnerin zu 1) durch den angefochtenen Beschluss vom 20.2.2003 der Antragstellerin die Kosten des Verfahrens auferlegt.
Die sofortige Beschwerde ist zulässig (§ 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO) und hat auch in der Sache Erfolg.
Die angefochtene Kostenentscheidung ist zu Unrecht ergangen. Eine Entscheidung entspr. § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO ist jedenfalls im derzeitigen Stadium des selbständigen Beweisverfahrens nicht zulässig.
Denn unabhängig von der Frage, ob § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO im selbständigen Beweisverfahren überhaupt Anwendung findet (vgl. dazu u.a. OLG Koblenz v. 10.1.2000 – 8 W 810/99, MDR 2000, 478; dagegen: OLG Koblenz v. 16.10.1995 – 9 W 395/95, MDR 1996, 101), sind zumindest im vorliegenden Fall die Voraussetzungen für eine solche Kostenentscheidung nicht gegeben.
Eine ausdrückliche Rücknahmeerklärung hat die Antragstellerin nicht abgegeben. Auf den Hinweis des LG hin, die Akten weglegen zu wollen, hat lediglich die Antragsgegnerin zu 3) Zustimmung erklärt. Der Kostenantrag der Antragsgegnerin zu 1) ist ausdrücklich nur für den Fall gestellt worden, dass das Verfahren nicht weiterbetrieben werde. Zu dem Kostenantrag der Antragsgegnerin zu 1) hat die Antragstellerin ablehnend Stellung genommen, ohne sich zur Frage des Nichtbetreibens des Verfahrens zu äußern. In der Beschwerdebegründung trägt sie die Rechtsansicht vor, das vorliegende Verfahren habe in dem Verfahren 9 OH 51/01 seine Fortsetzung gefunden und sei dadurch erledigt. Auch darin ist eine Rücknahmeerklärung nicht enthalten.
Das Nichtbetreiben des Verfahrens durch die Antragstellerin ist einer Antragsrücknahme nicht gleich zu erachten,
In der Rspr. wird vielfach die Rechtsansicht vertreten, in einem selbständigen Beweisverfahren könne eine Kostenentscheidung sowohl nach einer Antragsrücknahme als auch dann ergehen, wenn der Antragsteller das Verfahren nicht weiterbetreibe. Die Gleichstellung längeren Nichtbetreibens mit der Antragsrücknahme wird dabei zum Teil damit begründet, dass in dem Nichtbetreiben des Verfahrens die Erklärung der Rücknahme zu erblicken sei (vgl. z.B. OLG Frankfurt v. 27.2.1995 – 22 W 43/94, OLGReport Frankfurt 1995, 72 = MDR 1995, 751), i.Ü. damit, dass ggü. einer Partei, die das Verfahren nicht weiterbetreibe, der Antragsgegner bezüglich seiner Kosten gleichen Schutz verdiene wie bei Rücknahme des Antrags. Als maßgeblicher Gesichtspunkt wird dabei angesehen, dass dem Antragsgegner der Weg versperrt sei, Kostenerstattung über § 494a ZPO zu erlangen (vgl. z.B. OLG Hamm BauR 2000, 1090).
Von einer konkludenten Antragsrücknahme kann hier ni...