Entscheidungsstichwort (Thema)

Kosten im selbstständigen Beweisverfahren nach teilweisem Vergleichsschluss

 

Verfahrensgang

LG Mainz (Beschluss vom 14.11.2003; Aktenzeichen 9 OH 47/97)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des LG Mainz vom 14.11.2003 ersatzlos aufgehoben.

Gerichtskosten werden für das Beschwerdeverfahren nicht erhoben.

 

Gründe

Das von der Antragstellerin veranlasste selbstständige Beweisverfahren ist von dieser nicht weiter betrieben worden, nachdem die Antragstellerin sowie die Antragsgegnerinnen zu 1), 3) und 4) einen außergerichtlichen Vergleich mit Kostenregelung geschlossen hatten. Die Antragsgegnerin zu 2) ist nicht Partei des Vergleiches.

Auf Antrag der Antragsgegnerin zu 2) hat das LG durch den angefochtenen Beschluss der Antragstellerin die Kosten der Antragsgegnerin zu 2) auferlegt. Hiergegen hat die Antragstellerin sofortige Beschwerde eingelegt.

Die Antragstellerin trägt u.a. vor, bei dem Vergleichsschluss sei sie stets davon ausgegangen, dass sie keine Verfahrenskosten zu tragen habe. Die an dem Vergleich beteiligten Antragsgegnerinnen hätten untereinander Kostenaufhebung vereinbart. Der Antragsgegnerin zu 2) seien von der Antragstellerin sämtliche Honorarrechnungen aus dem mit dieser bestehenden Ingenieurvertrag beglichen worden.

Die Antragsgegnerin zu 1) behauptet, der Antragsgegnerin zu 2) Kosten, die dieser "im Zusammenhang mit dem Gegenstand dieses Verfahrens" entstanden seien, i.H.v. 13.888,28 DM erstattet zu haben.

Die Antragsgegnerin zu 2) bestreitet jegliche Erstattung ihrer Verfahrenskosten.

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg.

Die angefochtene Kostenentscheidung ist zu Unrecht ergangen. Eine Kostenentscheidung ist jedenfalls im derzeitigen Stadium des selbstständigen Beweisverfahrens nicht zulässig.

Eine Kostenentscheidung in entsprechender Anwendung von § 91a ZPO scheidet aus, da die Antragstellerin und die Antragsgegnerin zu 2) nicht übereinstimmend das Verfahren in der Hauptsache für erledigt erklärt haben. Der Vortrag der Antragsgegnerin zu 2) lässt nicht erkennen, dass diese sich stillschweigend mit der Erledigung des selbstständigen Beweisverfahrens einverstanden erklären will. Vielmehr betont sie, sich an einer Einigung mit der Antragstellerin nicht beteiligt zu haben, wobei sich ihr Vortrag weiterhin darauf beschränkt, sie sei für den Schaden, der Gegenstand des Beweisverfahrens ist, nicht verantwortlich. Der Umstand allein, dass die Antragstellerin sich mit den übrigen Antragsgegnerinnen außergerichtlich geeinigt hat, hat überdies nicht zu einer tatsächlichen Erledigung der Hauptsache geführt, da offen ist, ob die von der Antragstellerin geltend gemachten Ansprüche aus dem Schadensfall restlos erfüllt sind.

Die möglicherweise einseitig abgegebene Erklärung der Antragstellerin, das Verfahren sei in der Hauptsache erledigt, ermöglicht keine Kostenentscheidung. Denn in einem selbstständigen Beweisverfahren sind die Grundsätze, die für das Klageverfahren bezüglich der einseitigen Erledigungserklärung entwickelt worden sind, nicht anwendbar (vgl. BGH MDR 2004, 715). Stimmt der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht zu, so scheidet eine Ermessensentscheidung über die Kosten aus. Vielmehr ist die Erledigungserklärung in diesem Fall als Klageänderung gerichtet auf Feststellung zu deuten. Dies kann jedoch nicht Gegenstand eines selbstständigen Beweisverfahrens sein (BGH MDR 2004, 715).

Der Senat schließt sich zwar der Rechtsansicht an, wonach in einem selbstständigen Beweisverfahren dann, wenn der Antragsteller durch Nichtbetreiben des Verfahrens stillschweigend die Rücknahme seines Antrags erklärt hat, in entsprechender Anwendung von § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO über die Kosten entschieden werden kann (vgl. z.B. OLG Frankfurt v. 27.2.1995 - 22 W 43/94, MDR 1995, 751 = OLGReport Frankfurt 1995, 72). Für den Fall der - ausdrücklich erklärten - Antragsrücknahme in einem selbstständigen Beweisverfahren hält die weit überwiegende Meinung in der Rechtsprechung den Erlass einer Kostenentscheidung entsprechend § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO für zulässig und geboten (so z.B. OLG Koblenz v. 10.1.2000 - 8 W 810/99, MDR 2000, 478; a.A. v. 16.10.1995 - 9 W 395/95, MDR 1996, 101). Dem folgt auch der erkennende Senat. Da in einem selbstständigen Beweisverfahren - wie in jedem Zivilprozess - die Rücknahme des Antrags auch stillschweigend erklärt werden kann, ist eine Kostenentscheidung ebenfalls geboten, wenn der Antragsteller durch Nichtbetreiben des Verfahrens zu erkennen gibt, dass er seinen Antrag zurücknehmen will. Ein solcher Fall ist hier jedoch nicht gegeben.

Eine Antragsrücknahme ohne ausdrückliche Erklärung kann nur dann bejaht werden, wenn das Verhalten der Partei eindeutig und unzweifelhaft ergibt, dass diese den Willen zur Rücknahme hat (BGH NJW-RR 1989, 1276). In einem Klageverfahren kann von einem solchen Willen ausgegangen werden, wenn die Partei zu erkennen gibt, dass sie das Verfahren nicht n...

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