Verfahrensgang

LG Koblenz (Entscheidung vom 23.09.2020)

AG Koblenz (Entscheidung vom 11.07.2019)

 

Tenor

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil der 8. kleinen Strafkammer des Landgerichts Koblenz vom 23. September 2020 aufgehoben.

Die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Koblenz vom 11. Juli 2019 wird als unzulässig verworfen.

Der Angeklagte hat die Kosten seiner Berufung und der Revision zu tragen.

 

Gründe

I.

Das Amtsgericht Koblenz verurteilte den anwesenden Angeklagten am 11. Juli 2019 wegen Urkundenfälschung in Tateinheit mit versuchter Steuerhinterziehung zu einer Geldstrafe von 130 Tagessätzen zu je 40 Euro. Am 12. Juli 2019 reichte der Verteidiger des Angeklagten einen auf den gleichen Tag datierten Schriftsatz über das besondere elektronische Anwaltspostfach beim Amtsgericht ein, indem er namens und mit Vollmacht des Angeklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Berufung einlegte. Signiert war das Schreiben mit seinem maschinenschriftlichen Namenszug. Die Übermittlung erfolgte ohne qualifizierte elektronische Signatur. Eine weitere Berufungseinlegung erfolgte nicht.

Mit Urteil vom 23. September 2020 hat die 8. kleine Strafkammer des Landgerichts Koblenz die Berufung des anwesenden Angeklagten kostenpflichtig als unbegründet verworfen. Hiergegen richtet sich die über das besondere elektronische Anwaltspostfach durch den Verteidiger mit Schriftsatz vom 29. September 2020 am gleichen Tag - wiederum ohne qualifizierte elektronische Signatur - dem Landgericht Koblenz übermittelte Revision des Angeklagten. Nach der Zustellung des Urteils am 25. September 2020 übermittelte der Verteidiger am 29. Oktober 2020 mit Schriftsatz vom gleichen Tag die Revisionsbegründung - erneut unter Verwendung des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs und ohne qualifizierte elektronische Signatur. Der Angeklagte erstrebt mit seinem Rechtsmittel, welches er auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts stützt, die Aufhebung des Urteils und seinen Freispruch oder hilfsweise die Zurückverweisung des Verfahrens an das Landgericht zur erneuten Verhandlung und Entscheidung.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt dem Hilfsantrag stattzugeben.

II.

Die Revision des Angeklagten ist zulässig, ihr bleibt jedoch der angestrebte Erfolg sowohl auf den Haupt- als auch den Hilfsantrag versagt. Das Berufungsurteil war aufzuheben, da es an einer Sachurteilsvoraussetzung fehlte. Die Berufung wurde entgegen § 314 Abs. 1 StPO nicht innerhalb der Berufungsfrist formgerecht eingelegt und ist daher unzulässig gewesen. Sie hätte gemäß § 319 Abs. 1 StPO als unzulässig verworfen werden müssen. Dies war nach der Aufhebung des Urteils nun durch den Senat auszusprechen.

1. Die Revision des Angeklagten wurde durch die Schriftsätze seines Verteidigers jeweils form- und fristgerecht eingelegt sowie begründet. Die Übermittlung der mit seinem maschinenschriftlichen Namenszug signierten Schriftsätze am 29. September und 29. Oktober 2020 unter Verwendung des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs erfüllte jeweils die gemäß § 341 Abs. 1, 345 Abs. 2 StPO zu beachtende Schriftform.

Gemäß § 32a Abs. 3 StPO wird die Schriftform bei elektronischen Dokumenten dadurch gewahrt, dass sie von der zu verantwortenden Person mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen werden oder von ihr signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht werden. Gemäß § 32a Abs. 4 Nr. 2 StPO gilt der vorliegend verwandte Übermittlungsweg zwischen dem besonderen elektronischen Anwaltspostfach und der elektronischen Poststelle des Gerichts als sicher.

2. Auf die zulässige Revision ist das Urteil des Landgerichts aufzuheben. Allerdings kann dem weiteren Antrag bzw. Hilfsantrag des Angeklagten nicht entsprochen werden. Vielmehr ist durch den Senat auszusprechen, dass die Berufung als unzulässig zu verwerfen ist.

a) Bei einer zulässigen Revision hat der Senat von Amts wegen zu überprüfen, ob die Sachurteilsvoraussetzungen für die angefochtene Berufungsentscheidung vorgelegen haben. Dabei ist auch zu prüfen, ob die Berufung vom Angeklagten innerhalb der einwöchigen Berufungsfrist nach Verkündung des Urteils am 11. September 2019 gemäß § 314 Abs. 1 StPO schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle eingelegt worden ist. Diese Prüfung ergibt hier, dass die Berufungseinlegung des Angeklagten innerhalb der gebotenen Frist nicht formgerecht erfolgte.

Die am 12. Juli 2019 vom besonderen elektronischen Anwaltspostfach des Verteidigers an das elektronische Postfach des Amtsgerichts übermittelte Berufung genügt nicht der Schriftform, da sie ohne qualifizierte elektronische Signatur erfolgte. § 32a Abs. 3, Abs. 4 Nr. 2 StPO war zum Zeitpunkt der Berufungseinlegung in Rheinland-Pfalz noch nicht anwendbar. Die Landesregierung hat in § 1 der Landesverordnung zur Ausführung des § 15 des Einführungsgesetzes zur Strafprozessordnung und des § 134 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten vom 6. November 2017 (GVBl. S. 246) von der gemäß § 15 Satz 1 EGStPO erö...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge