Entscheidungsstichwort (Thema)
Provisionsforderung. Zulässigkeit des Rechtswegs
Verfahrensgang
LG Bad Kreuznach (Aktenzeichen 5 O 77/97) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Beklagten wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Der Beschwerdewert wird auf 23.060,65 DM festgesetzt.
Tatbestand
I. Der Kläger war für die Beklagte als Handelsvertreter tätig. Nach Kündigung des Vertrages begehrt er Zahlung restlicher nach seiner Auffassung verdienter Provision. Die Beklagte ihrerseits berühmt sich eines Rückzahlungsanspruchs wegen zuviel geleisteter Provision, dem der Kläger mit einer negativen Feststellungsklage entgegentritt.
Die Beklagte meint, der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten sei nicht eröffnet. Nach § 5 Abs. 3 ArbGG sei vielmehr das Arbeitsgericht zuständig. Zwar habe der Kläger in den letzten sechs Monaten vor der Kündigung ein durchschnittliches Einkommen von 2.193,06 DM gehabt, jedoch sei der in § 5 Abs. 3 ArbGG festgesetzte Betrag von monatlich 2.000 DM vor dem Hintergrund der allgemeinen Preissteigerung heute weitaus höher anzusetzen. Der Kläger sei aber in jedem Fall als arbeitnehmerähnliche Person im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 2 ArbGG anzusehen.
Mit dem angefochtenen Beschluß hat das Landgericht den Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten für zulässig erachtet. Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer sofortigen Beschwerde mit der sie weiterhin eine Verweisung des Rechtsstreits an das Arbeitsgericht begehrt.
Der Kläger tritt dem entgegen.
Entscheidungsgründe
II. Die sofortige Beschwerde ist gemäß §§ 17 a Abs. 4 Satz 3 GVG, 567 Abs. 1, 569, 577 Abs. 1 und 2 ZPO zulässig. In der Sache ist sie jedoch unbegründet.
Der Kläger war Handelsvertreter nach § 84 Abs. 1 Satz 1 HGB. Er war damit betraut, für die Beklagte Geschäfte zu vermitteln oder in deren Namen abzuschließen. Er war dabei auch selbständig im Sinne des § 84 Abs. 1 Satz 2 HGB. Er konnte seine Tätigkeit im wesentlichen frei gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen. Er war lediglich gehalten, seine Tourenplanung mit der Beklagten abzustimmen. Darüber hinaus wurde vereinbart, daß er lediglich 80 % seiner Arbeitszeit für die Beklagte aufzuwenden hatte. Wann er für die Beklagte arbeitete, war ihm überlassen. Nach dem Gesamteindruck des Vertrages war der Kläger sonach, was von der Beklagten auch nicht in Zweifel gezogen wird, selbständiger Handelsvertreter, so daß für Streitigkeiten zwischen den Parteien grundsätzlich der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten eröffnet ist.
Eine Zuständigkeit des Arbeitsgerichts wäre nur dann gegeben, wenn der Kläger nach § 5 Abs. 3 Satz 1 ArbGG trotzdem als Arbeitnehmer gelten würde. Voraussetzung hierfür wäre zum einen, daß er sogenannter Einfirmenvertreter im Sinne des § 92 a HGB gewesen wäre und zum anderen in den letzten sechs Monaten des Vertragsverhältnisses im Durchschnitt nicht mehr als 2.000 DM an Vergütung bezogen hätte.
Beides ist vorliegend nicht der Fall. Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, haben die Parteien nicht vereinbart, daß der Kläger ausschließlich für die Beklagte tätig sein mußte. Er hatte vielmehr nur 80 % seiner Arbeitszeit für sie aufzuwenden. Bezüglich der restlichen 20 % konnte er frei verfügen. Tatsächlich war der Kläger auch für zwei weitere Unternehmen als Handelsvertreter tätig. Darüber hinaus hat er in den letzten sechs Monaten des Vertragsverhältnisses unstreitig durchschnittlich monatlich 2.193,06 DM an Provision erhalten. Entgegen der Auffassung der Beklagten kann diese gesetzlich festgelegte Vergütungsgrenze nicht durch ein Gericht wegen der allgemeinen Preissteigerung höher angesetzt werden. Gemäß § 5 Abs. 3 Satz 2 ArbGG kann eine derartige Anpassung nur durch Rechtsverordnung erfolgen. Die Kompetenz ist damit ausdrücklich den dort genannten Bundesministern zugewiesen.
Liegen damit die Voraussetzungen des § 5 Abs. 3 Satz 1 ArbGG nicht vor, bleibt es bei der Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte, auch wenn der Handelsvertreter im Einzelfall eine arbeitnehmerähnliche Person im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 2 ArbGG sein könnte. Einer Prüfung, ob dies vorliegend der Fall ist, bedarf es nicht. Entgegen der Auffassung der Beklagten enthält § 5 Abs. 3 ArbGG für Handelsvertreter eine in sich abgeschlossene Zuständigkeitsregelung. Er ist gegenüber § 5 Abs. 1 Satz 2 ArbGG lex specialis. Handelsvertreter können danach unter anderen als den in § 5 Abs. 3 Satz 1 ArbGG genannten Voraussetzungen nicht als Arbeitnehmer bzw. arbeitnehmerähnliche Personen im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 2 ArbGG angesehen werden (so die ganz herrschende Meinung: BAG AP § 92 HGB Nr. 1; § 92 a HGB Nr. 1; LAG Frankfurt AP § 92 a Nr. 2; MünchKomm HGB von Hoyningen-Huene, § 92 a Rn. 5 – anderer Ansicht: Grunsky, Arbeitsgerichtsgesetz, 7. Aufl., § 5 Rn. 22).
Der Senat folgt dieser herrschenden Auffassung.
Für den vorliegenden Rechtsstreit ist sonach der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten eröffnet.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Den Beschwerdewert hat de...