Entscheidungsstichwort (Thema)

Anwendbares Recht in Alt- und Übergangsfällen

 

Leitsatz (amtlich)

Die auf dem Kostenrechtsmodernisierungsgesetz beruhenden Änderungen der kostenrechtlichen Rechtsbehelfe finden bei "Altfällen" auch dann keine Anwendung, wenn ein Rechtsmittel nach dem 1.7.2004 eingelegt worden ist.

 

Normenkette

GKG §§ 21, 71-72; GKG a.F. § 8

 

Verfahrensgang

LG Trier (Beschluss vom 15.05.2008; Aktenzeichen 11 O 483/01)

 

Tenor

1. Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des LG Trier vom 15.5.2008 wird zurückgewiesen

2. Die Beschwerdeentscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

Beide Parteien meinen, die Kosten eines 2005 vom LG eingeholten Sachverständigengutachtens seien wegen unrichtiger Sachbehandlung nicht zu erheben. Dem ist das LG nicht gefolgt und hat zur Begründung ausgeführt, die Voraussetzungen des § 21 Abs. 1 Satz 1 GKG (neuer Fassung) seien nicht erfüllt.

Dagegen wendet sich die Beschwerde ohne Erfolg.

Das LG hat aufgrund des Gerichtskostengesetzes in der seit dem 1.7.2004 gültigen Fassung entschieden. Das begegnet durchgreifenden Bedenken. Der Rechtsstreit war seit 2001 bei dem LG anhängig. Seinerzeit galt noch das Gerichtskostengesetz in der Fassung vom 15.12.1975 (BGBl. I, 3047). Am 1.7.2004 ist das neue Gerichtskostengesetz in Kraft getreten. Allerdings sind erst hiernach die Sachverständigenkosten angefallen, die wegen unrichtiger Sachbehandlung nicht erhoben werden sollen.

Das führt zu der Frage, ob in einem derartigen Fall § 8 Abs. 1 Satz 1 GKG a.F. oder § 21 Abs. 1 Satz 1 GKG neuer Fassung anzuwenden ist. Nach der Übergangsregelung des § 72 Nr. 1 Halbs. 1 GKG ist in Rechtsstreitigkeiten, die vor dem 1.7.2004 anhängig geworden sind, das Gerichtskostengesetz in der bisher geltenden Fassung weiterhin anzuwenden. Aus der Einschränkung des § 72 Nr. 1 Halbs. 2 GKG, nach der dies nicht in Verfahren über ein Rechtsmittel gilt, das nach dem 1.7.2004 eingelegt worden ist, ergibt sich nichts anderes. "Rechtsmittel" im Sinn dieser Vorschrift sind nämlich nur Rechtsmittel in der Hauptsache, nicht auch im Gerichtskostengesetz geregelte Rechtsbehelfe gegen die Streitwertfestsetzung oder den gerichtlichen Kostenansatz.

Das ergibt sich aus dem von der allgemeinen Übergangsvorschrift des § 71 Abs. 1 Satz 1 GKG abweichenden Wortlaut des § 72 Nr. 1 Halbs. 1 GKG und aus dem mit dieser Sonderregelung verfolgten Gesetzeszweck. Nach der allgemeinen Übergangsregelung des § 71 Abs. 1 Satz 1 GKG werden in Verfahren, die vor dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung anhängig geworden sind, die Gerichtskosten nach dem bisherigen Recht erhoben. Nach der Sonderregelung des § 72 Nr. 1 Halbs. 1 GKG ist demgegenüber das alte Gerichtskostenrecht in Rechtsstreitigkeiten, die vor dem Inkrafttreten des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes anhängig geworden sind, generell - ohne Beschränkung auf die Kosten - anwendbar. Mit dieser weiten Fassung soll nach der Begründung des Entwurfs für das Kostenmodernisierungsgesetz "im Hinblick auf die Neuregelung des Beschwerderechts" erreicht werden, dass das bisherige Recht auch "hinsichtlich des Verfahrens" Anwendung findet (BT-Drucks. 15/1971, S. 158). Der Gesetzgeber wollte einen Streit darüber, ob ein Erinnerungs- oder Beschwerdeverfahren noch zur "Erhebung der Kosten" i.S.v. § 71 Abs. 1 Satz 1 GKG gehört und ob damit das alte Recht schon aus diesem Grund auch auf diese Rechtsbehelfe anzuwenden ist, vermeiden. Mit dem weit gefassten Wortlaut des § 72 Nr. 1 Halbs. 1 GKG wird klargestellt, dass das bisher geltende Recht bei "Altfällen" auch für einen im Gerichts-kostengesetz geregelten Rechtsbehelf maßgebend ist. Die auf dem Kostenrechtsmodernisierungsgesetz beruhenden Änderungen der kostenrechtlichen Rechtsbehelfe, insbesondere zur Besetzung des Gerichts, zur Höhe des Beschwerdewerts und zur Anfechtbarkeit der Beschwerdeentscheidung, finden somit bei "Altfällen" auch dann keine Anwendung, wenn der Rechtsbehelf nach dem 1.7.2004 eingelegt worden ist. (vgl. zum Ganzen Hartmann, Kostengesetze, 38. Aufl., § 71 GKG Rz. 7 m.w.N.).

Mithin war hier nicht § 21 GKG neuer Fassung, sondern § 8 GKG a.F. anzuwenden. Nach § 8 Abs. 1 GKG werden Gerichtskosten nicht erhoben, die bei richtiger Behandlung der Sache nicht entstanden wären. Das setzt voraus, dass das Gericht gegen eine klare gesetzliche Regelung verstoßen, insbesondere einen schweren Verfahrensfehler begangen hat, der offen zutagOLG Koblenz, 320; Senatsbeschluss vom 27.2.1996 - 14 W 108/96; Senat in VeOLG Koblenz980, 488 jeweils m.w.N.)

Davon kann hier keine Rede sein. Dass das eingeholte Gutachten nach einem Richterwechsel in den Entscheidungsgründen des Urteils erster Instanz keine Erwähnung gefunden hat, belegt keine unrichtige Sachbehandlung der Richterin, die die Beweisanordnung getroffen hat. Sie hat die Entscheidungserheblichkeit bestimmter Behauptungen und die Darlegungs- und Beweislast anders gesehen als der Richter, der letztlich entschieden hat. All das bewegte sich im Rahmen des Vertretbare...

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