Entscheidungsstichwort (Thema)
Feststellung der Überschreitung von Lenkzeiten; Tageslenkzeit. Ruhezeit
Leitsatz (redaktionell)
1. Zur Festsetzung sog. Lenkzeitüberschreitungen ist eine Berechnung der Fahrt- und Ruhezeiten erforderlich.
2. Bei der Berechnung der Tageslenkzeit sind alle Lenkzeiten zu addieren, die nicht durch eine ausreichende Ruhezeit im Sinne von Art. 8 VO unterbrochen worden sind. Für das Rechtsbeschwerdegericht sind Verstöße hiergegen demnach nur nachvollziehbar, wenn festgestellt ist, welche Zeit der Fahrer jeweils zwischen zwei täglichen Ruhezeiten oder einer täglichen und einer wöchentlichen Ruhezeit das Fahrzeug gelenkt hat, und dass diese Zeitabschnitte keine Fahrtunterbrechung enthalten.
3. Um einen Verstoß gegen die tägliche Ruhezeit nachvollziehen zu können, hätte es der Feststellung bedurft, wann die letzte Fahrt vor der Ruhepause beendet wurde und wann die nächste Fahrt nach der Ruhepause begonnen wurde.
Verfahrensgang
AG Koblenz (Entscheidung vom 21.11.2008) |
Tenor
Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird das Urteil des Amtsgerichts Koblenz vom 21. November 2008 mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben.
Das Verfahren wird zu erneuter Verhandlung und Entscheidung auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens an dieselbe Abteilung des Amtsgerichts Koblenz zurückverwiesen.
Gründe
Das Amtsgericht Koblenz verurteilte den Betroffenen am 21. November 2008 wegen vorsätzlicher Tageslenküberschreitung in Tateinheit mit vorsätzlicher Tagesruhezeitverkürzung zu einer Geldbuße von 495 €, wegen vorsätzlicher Lenkdauerüberschreitung in Tateinheit mit vorsätzlicher Tageslenkzeitüberschreitung in Tateinheit mit vorsätzlicher Tagesruhezeitverkürzung zu einer weiteren Geldbuße von 375 €, wegen vorsätzlicher Tageslenküberschreitung in Tateinheit mit vorsätzlicher Tageslenküberschreitung in Tateinheit mit vorsätzlicher Tagesruhezeitverkürzung zu einer Geldbuße von 240 € und wegen vorsätzlicher Tagesruhezeitverkürzung zu einer Geldbuße von 120 €. Gegen dieses Urteil richtet sich die Rechtsbeschwerde des Betroffenen, mit der er die Verletzung sachlichen Rechts rügt.
Das zulässige Rechtsmittel hat in der Sache einen - vorläufigen - Erfolg. Die amtgerichtlichen Feststellungen sind lückenhaft und tragen den Schuldspruch nicht. Die Generalstaatsanwaltschaft Koblenz hat in ihrem Aufhebungsantrag vom 23. März 2009 hierzu ausgeführt:
"Nach Art. 6 Abs. 1 VO (EWG) Nr. 561/2006 darf die Tageslenkzeit zwischen 2 täglichen Ruhezeiten oder einer täglichen und einer wöchentlichen Ruhezeit 9 Stunden nicht überschreiten und darf nur zweimal auf 10 Stunden verlängert werden. Unter Tageslenkzeit ist die summierte Gesamtlenkzeit zwischen dem Ende einer täglichen Ruhezeit und dem Beginn der darauf folgenden täglichen Ruhezeit zu verstehen (Art. 4 lit. k VO (EWG) Nr. 561/2006).
Nach Art. 8 Abs. 2 VO (EWG) Nr. 561/2006) muss der Fahrer innerhalb von 24 Stunden nach dem Ende der vorangegangenen täglichen oder wöchentlichen Ruhezeit eine neue tägliche Ruhezeit genommen haben. Unter täglicher Ruhezeit ist dabei der tägliche Zeitraum zu verstehen, in dem ein Fahrer frei über seine Zeit verfügen kann und die eine "regelmäßige tägliche Ruhezeit" und eine "reduzierte tägliche Ruhezeit" umfasst. Eine "regelmäßige tägliche Ruhezeit" bezeichnet eine Ruhepause von mindestens 11 Stunden. Sie kann auch in zwei Teilen genommen werden, wobei der erste Teil einen ununterbrochener Zeitraum von mindestens 3 Stunden und der zweite Teil einen ununterbrochenen Zeitraum von mindestens 9 Stunden umfassen muss. Unter einer "reduzierten täglichen Ruhezeit" ist eine Ruhepause von mindestens 9 Stunden, aber weniger als 11 Stunden zu verstehen (Art. 4 lit. g VO (EWG) 516/2006).
Tageslenkzeit und tägliche Ruhezeit sind mithin voneinander abhängig. Bei der Berechnung der Tageslenkzeit sind alle Lenkzeiten zu addieren, die nicht durch eine ausreichende Ruhezeit im Sinne von Art. 8 VO unterbrochen worden sind. Für das Rechtsbeschwerdegericht sind Verstöße hiergegen demnach nur nachvollziehbar, wenn festgestellt ist, welche Zeit der Fahrer jeweils zwischen zwei täglichen Ruhezeiten oder einer täglichen und einer wöchentlichen Ruhezeit das Fahrzeug gelenkt hat, und dass diese Zeitabschnitte keine Fahrtunterbrechung enthalten. Der Tatrichter hätte daher im Einzelnen angeben müssen, wann der Betroffene seine Fahrt an dem jeweiligen Tag begonnen und wann er sie beendet hat, und ob und gegebenenfalls wann es zu Unterbrechungen der Fahrt gekommen ist (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 26. März 2001, 2 Ws (B) 1001/01, zitiert nach www.juris.de ; OLG Schleswig, SchlHA 2002, 179).
Um einen Verstoß gegen die tägliche Ruhezeit nachvollziehen zu können, hätte es der Feststellung bedurft, wann die letzte Fahrt vor der Ruhepause beendet wurde und wann die nächste Fahrt nach der Ruhepause begonnen wurde.
Das amtsgerichtliche Urteil hält dagegen nur die Summen der einzelnen Lenkzeitüberschreitungen und Ruhezeitverkürzungen bezogen auf den jeweiligen Tageszei...