Leitsatz (amtlich)
Zur - hier (noch) nicht bejahten - Haftungsbegrenzung bei im Zuge einer vorweggenommenen Erbauseinandersetzung vertraglich übernommenen Pflege-/Wohnungsgewährungs- und Heimkostenübernahmeverpflichtung.
Verfahrensgang
AG Bad Neuenahr-Ahrweiler (Beschluss vom 14.04.2016; Aktenzeichen 61 F 404/15) |
Tenor
1. Die Beschwerde der Antragsgegner gegen den Beschluss des AG - Familiengericht - Bad Neuenahr-Ahrweiler vom 08.04.2016 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 14.04.2016 wird zurückgewiesen.
2. Die Antragsgegner tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens als Gesamtschuldner.
3. Der Verfahrenswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 19.571,06 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Antragsteller nimmt die Antragsgegner aus übergegangenem Recht wegen erbrachter Leistungen für die seit 01.06.2012 im Alten- und Pflegeheim wohnende Mutter der Antragsgegner in Anspruch. Geltend gemacht wird hier der Zeitraum Juni 2012 bis Juli 2013. Gefordert werden gesamtschuldnerisch 19.571,06 EUR nebst Zinsen.
Im Jahr 1991 hatten die Antragsgegner mit ihrer damals 68 Jahre alten Mutter nach dem Tod ihres Vaters und Ehemanns ihrer Mutter unter Beteiligung der Ehefrau des Antragsgegners zu 1) einen notariellen "Erbauseinandersetzungs- und Überlassungsvertrag" geschlossen (Bl. 13 ff. d.A.). Die Mutter der Antragsgegner hatte ihren Ehemann zu 1/2 beerbt und die Antragsgegner diesen zu je 1/6.
In der Erbmasse befand sich u.a. ein Wohngrundstück mit einem gutachterlich geschätzten Wert von 133.000 DM, welches bis dahin der Mutter der Antragsgegner und deren Ehemann zu je 1/2 gehört hatte. Dieses Anwesen erhielten nun der Antragsgegner zu 1) und seine Ehefrau vollständig zu hälftigem Miteigentum. Im Gegenzug räumten die Erwerber der Mutter der Antragsgegner ein unentgeltliches Wohn- und Mitbenutzungsrecht ein (Nr. 1) sowie verpflichten sich, diese in alten und kranken Tagen zu pflegen. Mit einem erforderlichen Umzug der Mutter der Antragsgegner in ein Alten- und Pflegeheim erlosch diese Pflegeverpflichtung entschädigungslos (Nr. 2). Ferner verpflichteten sich die Erwerber als weitere Gegenleistung (Nr. 3), an die Antragsgegner zu 2) und zu 3) je 29.666 DM herauszuzahlen (Bl. 14 f. d.A.).
Anschließend heißt es in dem Notarvertrag nach der mit Nummern versehenen vorgenannten Aufzählung, die Mutter der Antragsgegner (Bl. 15 f. d.A.):
verzichtet auf eine Herauszahlung zugunsten ihrer Kinder.
Im Hinblick darauf verpflichten sich [es folgen namentlich die Antragsgegner] als Gesamtschuldner - im Innenverhältnis zu je 1/3 Anteil - im Falle der Unterbringung von [es folgt der Name der Mutter der Antragsgegner] in einem Alten- und
Pflegeheim alle Kosten zu zahlen, die [es folgt der Name der Mutter der Antragsgegner] aus eigenem Vermögen und eigenem Einkommen nicht bestreiten kann.
Alle Erwerber unterwerfen sich wegen der Herauszahlungsverpflichtung als Gesamtschuldner haftend gegenüber [es folgen die Namen der Antragsgegner zu 2) und zu 3)] der sofortigen Zwangsvollstreckung aus dieser Urkunde in ihr gesamtes Vermögen.
Auf eine dingliche Sicherstellung wird verzichtet.
Der Jahreswert des Wohn- und Mitbenutzungsrechts wurde im Notarvertrag mit 960 DM angegeben und jener der Pflegeverpflichtung mit 1.800 DM. Eine Fremdnutzung des Wohnbereichs der Mutter der Antragsgegner in dem übertragenen Anwesen ist unstreitig nicht möglich.
Das Familiengericht hat die für den o.g. Zeitraum geltend gemachten - unter Berücksichtigung des Erlöses aus einem Grundstücksverkaufs - ungedeckten Kosten von insgesamt 19.571,06 EUR antragsgemäß nebst Zinsen zuerkannt. Die Aufwendungen für die Mutter der Antragsgegner seien zweifelsfrei dargetan und belegt. Der Zahlungsanspruch wiederum ergebe sich aus dem Notarvertrag. Dieser sei weder sittenwidrig noch biete er Raum für eine anderweitige Auslegung. Die Antragsgegner könnten sich ebenfalls nicht auf Verwirkung berufen, weil der Anspruch seit 2013 kontinuierlich verfolgt worden sei. Auf die Leistungsfähigkeit der Antragsgegner komme es nicht an, weil diese vertraglich hafteten. Hierbei kämen die Grundsätze des Elternunterhalts nicht zur Anwendung. Eine Leistungsunfähigkeit sei allenfalls im Rahmen der Zwangsvollstreckung zu beachten.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde aller Antragsgegner, mit welcher diese an ihrem erstinstanzlichen Abweisungsantrag festhalten.
Die Antragsgegner zu 1) und zu 2) bestreiten weiterhin die Hilfsbedürftigkeit ihrer Mutter und rügen, das Familiengericht habe ohne nähere Prüfung die Angaben des Antragstellers übernommen. Des Weiterhin lege die angefochtene Entscheidung den Notarvertrag nicht im Gesamtzusammenhang und vor dem Hintergrund der beabsichtigten Regelung aus. Danach hätten die Antragsgegner zu 2) und zu 3) für den Herauszahlungsbetrag (je 29.666 DM) ihren Nachlassanteil an dem Grundstück von jeweils 1/12 (Wert: je 11.083,33 DM) sowie ihren jeweiligen 1/3-Anteil an der zu erwartenden Erbschaft nach ihrer Mutter (Wert: je 33.250 DM aufgrund 3/4 Eigentums ihrer Mutter) zur Verfügung g...