Entscheidungsstichwort (Thema)
Festsetzung der Geldbußen bei mehreren Handlungen. Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Betroffenen
Leitsatz (redaktionell)
1. Ergeht ein Urteil wegen mehrerer Handlungen, die jeweils Bußgeldvorschriften verletzen, so sind jeweils gesonderte Geldbußen festzusetzen.
2. Die wirtschaftlichen Verhältnisse des Betroffenen sind stets in Betracht zu ziehen, wenn eine Geldbuße von 250 EUR oder mehr verhängt werden soll.
3. Das Bußgeld gerechtfertigt Bewilligung von Zahlungserleichterungen von Amts wegen zu prüfen.
Verfahrensgang
AG Koblenz (Entscheidung vom 13.07.2006) |
Gründe
I. Das Amtsgericht hat den Betroffenen wegen vorsätzlicher Tageslenkzeitüberschreitung in 2 Fällen, tateinheitlich hierzu wegen vorsätzlicher Tagesruhezeitunterschreitung in 2 Fällen sowie wegen fahrlässiger Lenkzeitüberschreitung und wegen vorsätzlicher Lenkzeitunterschreitung zu einer Geldbuße von 1.035,-- EUR verurteilt. Grundlage dieser Entscheidung waren folgende Feststellungen:
"Der Betroffene ist als Fahrer für die Firma K... R... GmbH & Co KG, ... in S... tätig. Als Berufskraftfahrer fährt er den firmenseits gestellten LKW mit Anhänger, welcher für die gesamte Beförderungseinheit ein Gesamtgewicht von 40.000 kg aufweist. Die Beförderungseinheit, bestehend aus der Zugmaschine amtlichen Kennzeichen ...und dem Anhänger amtliches Kennzeichen ... wurde von dem Betroffenen in der Zeit vom 17.07. bis zum 20.07.2005 von S... über W... über E... über P... nach H... gefahren.
Der Betroffene fuhr mit seiner Beförderungseinheit vom 17.07.2005 beginnend 22.00 Uhr bis zum 18.07.2005 bis ca. 2.30 Uhr. Gegen 9.35 Uhr des 18.07.2005 fuhr er weiter bis um 12.30 Uhr. Die Fahrt wurde fortgesetzt um 19.15 Uhr bis 21.30 Uhr. Nach erfolgtem Schaublattwechsel fuhr der Betroffene von 21.30 Uhr des 18.07. bis ca. 1.10 Uhr morgens des 19.07.2005.
Am 19.07.2005 fuhr der Betroffene gegen 9.25 Uhr bis 10.40 Uhr, und von 11.35 Uhr bis 15.00 Uhr. Anschließend fuhr der Betroffene gegen 19.05 Uhr weiter bis um 21.00 Uhr bzw. nach dem Schaublattwechsel von 21 Uhr bis 21.50 Uhr, von 22.20 Uhr bis 22.25 Uhr, von 22.40 Uhr bis 22.41 Uhr und von 23.45 Uhr durchgängig bis um 3.45 Uhr des 20.07.2005.
Am 20.07.2005 setzte der Betroffene seine Fahrt gegen 10.15 Uhr fort bis um 14.00 Uhr. Nach ca. 2 1/2-stündiger Pause setzte der Betroffene seine Fahrt gegen 16.25 Uhr bis 19.35 Uhr fort. Anschließend fuhr der Betroffene von 20.45 Uhr bis 23 Uhr.
Am Kontrolltag, dem 21.07.05, fuhr der Betroffene von 08.10 Uhr bis 10.25 Uhr, von 10.55 Uhr bis 11.50 Uhr, von 12.30 Uhr bis 13.05 Uhr, von 13.35 Uhr bis 13.55 Uhr, von 14.40 Uhr bis 15.40 Uhr, von 16.20 Uhr bis um 16.55 Uhr als die Kontrolle durch das Bundesamt für Güterverkehr auf der B 52, Gemeinde Hermeskeil erfolgte.
Der Betroffene überschritt damit die höchstzulässige Lenkzeit von 10 Stunden am 17./18.07.05 um 3 Stunden und 15 Minuten (Nr. 1). Gleichzeitig hielt er die Tagesruhezeit von mindestens 11 zusammenhängenden Stunden, die auf 9 Stunden verkürzt werden können um 2 Stunden nicht ein (Nr. 2).
Am 18./19.07.05 überschritt er die zulässige Lenkzeit von maximal 4 1/2 Stunden um 1 Stunde und 20 Minuten (Nr. 3). Gleichzeitig wurde in o.g. Zeitraum die vorgeschriebene Lenkzeitunterbrechung nach 4 1/2 stündiger Lenkzeit von 45 Minuten bzw. entsprechend den Pausen 15 Minuten um 20 Minuten nicht eingehalten (Nr. 4).
Am 19./20.07.05 überschritt er die höchst zulässige tägliche Lenkzeit von 10 Stunden um 10 Stunden und 55 Minuten (Nr. 5). Gleichzeitig hielt er die Tagesruhezeit von mindestens 9 zusammenhängenden Stunden um 3 Stunden und 20 Minuten nicht ein (Nr. 6)."
Gegen diese Entscheidung wendet sich der Betroffene mit der Rechtsbeschwerde. Er beantragt, das Urteil aufzuheben und rügt die Verletzung materiellen Rechts.
II. Die in zulässiger Weise eingelegte Rechtsbeschwerde hat einen zumindest vorläufigen Erfolg.
1. Die Feststellungen der Tatrichterin sind in sich widersprüchlich und tragen den Schuldspruch nicht.
a) In den Urteilsgründen (UA S. 9) heißt es:
"Dementsprechend hat der Betroffene eine vorsätzliche Tageslenkzeitüberschreitung, Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 i.V.m. § 8 Abs. 1 Nr. 2 FPersG, § 22 Abs. 2 Nr. 3 FPersV in zwei Fällen, tateinheitlich hierzu wegen vorsätzlicher Tagesruhenszeitunterschreitung in weiteren zwei Fällen sowie wegen einer fahrlässiger Lenkzeitunterbrechung, Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 i.V.m. § 8 Abs. 1 Nr. 2 FPersG, § 22 Abs. 2 Nr. 3 FPersV sowie wegen vorsätzlicher Lenkzeitunterbrechung, Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1, Abs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85, § 8 Abs. 1 Nr. 2 FPerG begangen."
Ausweislich des Tenors ist der Betroffene jedoch insoweit wegen fahrlässiger Lenkzeitüberschreitung, Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 i. V. m. § 8 Abs. 1 Nr. 2 FPersG, § 22 Abs. 2 Nr. 3 FPersV sowie wegen vorsätzlicher Lenkzeitunterbrechung, Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1, Abs. 2 der Verordnung (EWG) Nr...