Entscheidungsstichwort (Thema)
Das Umgangsverfahren nach §§ 1684 f. BGB ist Amtsverfahren gemäß § 24 FamFG.
Leitsatz (amtlich)
Der Umstand, dass die in § 1684 Abs. 1 BGB gesetzlich statuierte Umgangspflicht eines Elternteils lediglich als höchstpersönliches Recht des Kindes, nicht aber als Recht des Aufenthaltselternteils ausgestaltet ist, hindert nicht die Inhaberschaft einer subjektiven Rechtsposition des Aufenthaltselternteils, wenn es nicht um die Verpflichtung des anderen Elternteils zum Umgang als solche, sondern um Umfang und Ausgestaltung des Umgangsrechts, also um den Ausgleich der widerstreitenden Interessen von Kind, Umgangsberechtigten und Aufenthaltselternteil geht (Abgrenzung zu BGH FamRZ 2008, 1334).
Normenkette
BGB § 1684 Abs. 1, 3; FamFG §§ 24, 59 Abs. 1
Verfahrensgang
AG Montabaur (Aktenzeichen 21 F 12/19) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Mutter wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Montabaur vom 15.03.2019, Aktenzeichen 21 F 12/19, aufgehoben und das Verfahren zur weiteren Verhandlung und Entscheidung an das Familiengericht zurückverwiesen.
Von einer Erhebung der Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens wird abgesehen. Die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.
Der Verfahrenswert wird auf 3.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Antragstellerin und Antragsgegner sind die Eltern der minderjährigen Kinder A (* ... 2006) und M. (* ... 2008). Sie haben sich im Februar 2018 getrennt, wobei die Kinder im Haushalt der Mutter verblieben sind.
Eine familiengerichtliche Umgangsregelung existiert bislang nicht. Außergerichtlich hatten sich die Eltern zunächst darauf verständigt, dass die Kinder den Vater jeweils an den ungeraden Wochenenden besuchen. Diese Regelung wird bislang auch noch von den Beteiligten praktiziert.
Im vorliegenden Verfahren begehrt die Mutter eine gerichtliche Neuregelung des Umgangs, sowohl bezüglich der Wochenenden als auch bezüglich der Ferienzeiten. Sie macht geltend, dass sie aufgrund der familiären Situation ihres Arbeitskollegen nunmehr an den Samstagen der geraden Wochenenden arbeiten müsse, so dass die Kinder während dieser Zeit unbetreut seien. Sie wolle daher die Umgangswochenenden tauschen. Außerdem habe der Vater bislang die Kinder in den Ferien nur für kurze Zeiträume zu sich genommen. Langfristige Absprachen seien mit ihm nicht möglich.
Der Vater sowie der für die Kinder bestellte Verfahrensbeistand und das Jugendamt sehen keine Notwendigkeit für eine Abänderung der außergerichtlichen Umgangsregelung.
Das Familiengericht hat mit dem angefochtenen Beschluss den Umgangsregelungsantrag der Mutter zurückgewiesen und dies damit begründet, dass dem betreuenden Elternteil nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Beschluss vom 14.05.2008, XII ZB 225/06, NJW 2008, 2586) kein Antragsrecht auf gerichtliche Regelung des Umgangs zustehe.
Die Mutter hat hiergegen am 15.04.2019 Beschwerde eingelegt und beantragt, entweder den Umgang selbst zu regeln oder den angefochtenen Beschluss aufzuheben und die Angelegenheit an das Familiengericht zur eigenständigen Entscheidung zurückzuverweisen.
Da zwischen den Eltern Streit über den Umgang bestehe, gebe es ein Bedürfnis für eine gerichtliche Umgangsregelung. Anders als bei dem durch den BGH entschiedenen Fall gehe es hier nicht darum, einen umgangsunwilligen Elternteil zum Umgang mit den Kindern zu zwingen. Wenn das Familiengericht hier ein Tätigwerden ablehne, bleibe ihr wohl nur, dem Vater die Kinder künftig vorzuenthalten, damit dieser dann seinerseits einen - nach der Auffassung des Familiengerichts zulässigen - Umgangsantrag stelle. Dies könne nicht im Interesse der betroffenen Kinder sein.
Der Vater und der Verfahrensbeistand verteidigen die angefochtene Entscheidung. Es gebe keinen Änderungsbedarf bezüglich der bislang praktizierten Umgangsregelung.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen.
II. Die nach §§ 58 ff FamFG statthafte und zulässige Beschwerde der Mutter hat in der Sache zumindest einen vorläufigen Erfolg. Das Familiengericht durfte nicht aus formaljuristischen Gründen den Umgangsantrag der Mutter abweisen, sondern hätte hier eine positive Umgangsregelung treffen oder den Umgang ausschließen müssen (OLG Koblenz FamRZ 2017, 898 und 1844).
Die Mutter ist durch die getroffene Entscheidung beschwert (§ 59 Abs. 1 FamFG), denn die bisherige außergerichtliche Umgangsregelung ist mit Zwangsmitteln nicht durchsetzbar, die Nichteinhaltung wäre damit sanktionslos. Wenn sie sich aber nicht darauf verlassen kann, dass der umgangsberechtigte Vater die Kinder zu den vereinbarten Zeiten tatsächlich zu sich nimmt, schränkt sie dies in ihrer eigenen Lebensführung (Freizeitgestaltung, aber auch Berufstätigkeit - Art. 2 Abs. 1 und Art. 12 Abs. 1 GG) unverhältnismäßig ein. Sie ist mithin durch die Ablehnung einer gerichtlichen Umgangsregelung in ihren Rechten beeinträchtigt.
Der Senat entsc...