Leitsatz (amtlich)
Niedrige Schulden - bis rund 100 EUR - bilden bei beengten wirtschaftlichen Verhältnissen keinen Abzugsposten, sondern sind ebenfalls den allgemeinen Lebenshaltungskosten zuzurechnen (im Anschluss an: BGH FamRZ 2009, 314) und somit im Ergebnis aus dem - derzeit 200 EUR umfassenden - Erwerbstätigenbonus beim notwendigen Selbstbehalt zu begleichen.
Verfahrensgang
AG Koblenz (Beschluss vom 05.06.2013; Aktenzeichen 191 F 273/13) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den ihm Verfahrenskostenhilfe versagenden Beschluss des AG - Familiengericht - Koblenz vom 5.6.2013 wird zurückgewiesen.
Gründe
Die nach §§ 113 Abs. 1 FamFG, 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO statthafte sofortige Beschwerde des Antragstellers ist auch sonst zulässig, insbesondere gem. §§ 113 Abs. 1 FamFG, 127 Abs. 2 Satz 3, 567 ff. ZPO form- und fristgerecht eingelegt. Das Rechtsmittel hat aber in der Sache keinen Erfolg, da das Familiengericht die nachgesuchte Verfahrenskostenhilfe im Ergebnis zu Recht mangels Erfolgsaussichten versagt hat.
Nach dem Vortrag des Antragstellers bezieht dieser ein monatliches Nettoeinkommen von 1.359,04 EUR. Dies entspricht einer monatlichen Arbeitsleistung von 160 Stunden, mithin rund 38 Stunden/Woche. Zwar arbeite er nach seinen Angaben in dem Sommerhalbjahr bis zu 200 Stunden pro Monat; der sich daraus ergebende Mehrverdienst werde aber von seinem Arbeitgeber zwecks Ausgleichs geringerer Arbeitsumfänge in den Wintermonaten einbehalten. Danach ist zunächst von einem Monatseinkommen i.H.v. 1.359,04 EUR auszugehen.
Hiervon ist kein Abzug für berufsbedingte Aufwendungen vorzunehmen, denn ein solcher Aufwand ist nicht dargetan. Während der Antragsteller im Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung (AG Koblenz 191 F 150/13) noch Fahrtkostenaufwand behauptet hat, hat er nunmehr mit Schriftsatz vom 29.5.2013 eingeräumt, dass sein Arbeitgeber ihm rund um die Uhr ein Fahrzeug zur Verfügung stelle, in dem sich auch die Gerätschaften befinden und mit welchem er zu den verschiedenen Objekten fährt. Es ist daher davon auszugehen, dass der Antragsteller somit auch den Kraftstoff für dieses Fahrzeug letztlich nicht aus der eigenen Tasche zahlen muss.
In Abzug zu bringen ist indes nach dem Vorbringen des Antragstellers das eheliche Darlehen i.H.v. 89,09 EUR/mtl. Gleiches gilt jedoch nicht für Kfz-Haftpflichtversicherung und -kredit sowie für die Ausgaben für Hausrat- und Privathaftpflichtversicherung. Denn die Kosten einer Hausrat- bzw. einer Haftpflichtversicherung gehören zur allgemeinen Lebensführung und sind aus dem Selbstbehalt zu bestreiten (vgl. BGH FamRZ 2010, 1535). Darüber hinaus ist bei minderjährigen Kindern die verschärfte Elternhaftung nach § 1603 Abs. 2 BGB auch im Rahmen der hinsichtlich der Frage nach der Berücksichtigungsfähigkeit von Schulden vorzunehmenden Billigkeitsabwägung (vgl. KoL 10.4.) zu beachten. Danach benötigt der Antragsteller aus den o.g. Gründen hier beruflich kein Fahrzeug, so dass er im Zuge der ihn treffenden gesteigerten Unterhaltspflicht nach § 1603 Abs. 2 BGB gehalten sein könnte, das sonach allein privat genutzte Fahrzeug notfalls zu verkaufen. Letztlich kann dies aber hier sogar dahinstehen. Denn unabhängig davon, dass die Kreditaufnahme nach den eingereichten Unterlagen im Zuge der Trennung und damit bereits bei für den Antragsteller absehbarer Barunterhaltspflicht erfolgte, bilden niedrige Schulden - bis rund 100 EUR - bei beengten wirtschaftlichen Verhältnissen keinen Abzugsposten, sondern sind ebenfalls den allgemeinen Lebenshaltungskosten zuzurechnen (vgl. BGH FamRZ 2009, 314) und somit im Ergebnis aus dem - derzeit 200 EUR umfassenden - Erwerbstätigenbonus beim notwendigen Selbstbehalt zu begleichen (vgl. Gerhardt/v. Heintschel-Heinegg/Klein Handbuch des Fachanwalts für Familienrecht 9. Aufl. 2013 Kap. 6 Rz. 189).
Somit verbleibt dem Antragsteller nach seinen Darlegungen ein bereinigtes Nettoeinkommen von 1.269,95 EUR. Nach Abzug seines sich aktuell auf 1.000 EUR belaufenden notwendigen Selbstbehalts bestünde damit zwar zum Mindestunterhalt eine monatliche Unterdeckung von durchschnittlich 64,05 EUR. Diese Lücke kann der Antragsteller allerdings durch Aufnahme bereits einer äußerst geringfügigen Nebentätigkeit, der er sich zudem nach den zutreffenden Ausführungen des Familiengerichts im Winterhalbjahr verstärkt widmen kann, schließen, so dass bei der auf das Jahr hoch gerechneten durchschnittlichen Wochenarbeitszeit von rund 38 Stunden im Haupterwerb ebenfalls keine Bedenken in Bezug auf eine im Lichte von Art. 1 und 2 GG unzumutbare Beanspruchung des Antragstellers bestehen. Der Antragsteller hat nicht konkret dargelegt, dass ihm eine so geringfügige Nebentätigkeit nicht zumutbar sei. Eine derartige zusätzliche Beschäftigung ist zunächst nach dem vorgelegten Arbeitsvertrag (§ 3) nicht ausgeschlossen und hieran ändert auch die eingereichte eidesstattliche Versicherung des Arbeitgebers des Antragstellers nichts. Denn ebenso wie im Rahmen der Bemessung des Umf...