Entscheidungsstichwort (Thema)
Höhere Sachverständigenvergütung trotz fehlenden Vorschusses
Leitsatz (amtlich)
1.
Erklärt die PKH - Partei ihr Einverständnis mit einer abweichend von der gesetzlichen Regelung zu bemessenden Vergütung des gerichtlich bestellten Sachverständigen und ersetzt das Gericht die fehlende Zustimmung des Prozessgegners, ist der Gutachter selbst dann nach dem begehrten Stundensatz zu entschädigen, wenn das Gericht versäumt hat, bei der beweispflichtigen PKH - Partei einen ausreichenden Vorschuss für die Mehrkosten anzufordern.
2.
In einem derartigen Fall ist es nicht Aufgabe des gerichtlichen Sachverständigen, die Akten nach einem Beleg für die Zahlung der PKH - Partei zu durchforschen. Er darf aufgrund der Wiederholung des Gutachtenauftrags vielmehr davon ausgehen, dass das Gericht eine Entscheidung nach § 13 Abs. 4 Satz 1 JVEG getroffen hat ( Abgrenzung zu OLG Düsseldorf in JurBüro 2009, 151 ).
Normenkette
JVEG § 4; ZPO § 114; BGB § 133
Verfahrensgang
LG Mainz (Entscheidung vom 30.07.2009; Aktenzeichen 3 T 109/09) |
AG Mainz (Entscheidung vom 25.05.2009; Aktenzeichen 89 C 291/07) |
Tenor
1.
Auf die weitere Beschwerde des Sachverständigen T. M. werden der Beschluss des Amtsgerichts Mainz vom 25. Mai 2009 und die Beschwerdeentscheidung der 3. Zivilkammer des Landgerichts Mainz vom 30. Juli 2009 aufgehoben:
Die Vergütung des Sachverständigen T. M. wird auf 1.528,61 EUR festgesetzt.
2.
Die Beschwerdeverfahren sind gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
Gegenstand des Verfahrens der weiteren Beschwerde ist die Bemessung des Stundensatzes eines gerichtlichen Sachverständigen. Dem liegt im Einzelnen folgender Sachverhalt zugrunde:
Die Klägerin, der das Amtsgericht Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlungsbestimmung bewilligt hat, begehrt Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall. Die Beklagten bestreiten Unfallort und - hergang. Zur Klärung der Streitfragen ordnete das Amtsgericht ein unfallanalytisches Sachverständigengutachten an, mit dessen Erstellung der Beschwerdeführer beauftragt wurde. Der Gutachter teilte dem Amtsgericht unter Rücksendung der Akten mit, für den gesetzlich bestimmten Stundensatz von 75 EUR könne er nicht tätig werden. Zugleich beantragte er die Herbeiführung des Einverständnisses der Parteien mit einem Stundensatz von 96 EUR, hilfsweise bat er für den Fall des fehlenden Einverständnisses einer Partei um gerichtliche Zustimmung nach § 13 Abs. 2 Satz 1 JVEG.
Während die Klägerin (PKH - Partei) zustimmte, äußerten sich die Beklagten nicht. Daraufhin ersetzte das Amtsgericht die fehlende durch eine gerichtliche Zustimmung und leitete die Akte dem Sachverständigen wieder zu. Dessen Liquidation liegt der angekündigte Stundensatz von 96 EUR zugrunde, den der Kostenbeamte indes auf 75 EUR gekürzt hat.
Der weiter greifende Festsetzungsantrag des Sachverständigen und seine Beschwerde zum Landgericht sind erfolglos geblieben. Zur Begründung hat das Landgericht auf die in JurBüro 2009, 151 abgedruckte Entscheidung des OLG Düsseldorf verwiesen, wonach die Gewährung einer besonderen Vergütung auch in den Fällen der gerichtlichen Zustimmung stets davon abhängt, dass die PKH - Partei einen ausreichenden Betrag für das gegenüber der gesetzlichen Regelung zu erwartende zusätzliche Honorar an die Staatskasse zahlt. Dass es hieran im vorliegenden Fall fehlte, hätte der Sachverständige bemerken müssen, weshalb er auch keinen Vertrauensschutz genieße.
Die dagegen erhobene - vom Landgericht nach § 4 Abs. 5 JVEG zugelassene - weitere Beschwerde des Sachverständigen hat Erfolg; er ist antragsgemäß zu entschädigen.
Der Senat hat bereits entschieden, dass die unterbliebene Zahlung eines ausreichenden Vorschusses die Festsetzung einer höheren als der gesetzlichen Vergütung nicht hindert, wenn die vorschusspflichtige Partei Kostenfreiheit genießt (Senatsbeschluss vom 28. September 2005 - 14 W 618/05 - in OLGR 2006, 178).
Der vorliegende Fall liegt anders, weil das Gesetz in § 13 Abs. 3 Satz 2 JVEG der PKH - Partei im Falle der Zustimmung zu einer höheren als der gesetzlichen Vergütung ausdrücklich die Verpflichtung auferlegt, einen Vorschuss im Umfang der zu erwartenden Honorardifferenz an die Staatskasse zu zahlen. Das ist hier unterblieben. Gleichwohl hat das Amtsgericht unter Ersetzung der fehlenden Zustimmung der Beklagten die Akten dem Sachverständigen wieder zugeleitet und um Erstellung des Gutachtens gebeten.
Diese gerichtliche Maßnahme konnte aus dem maßgeblichen objektivierten Empfängerhorizont des Sachverständigen nur dahin interpretiert werden (§§ 133, 157 BGB), dass das Gericht die Voraussetzungen, von denen der Gutachter sein Tätigwerden abhängig gemacht hatte, nämlich die rechtswirksame Bewilligung eines Stundensatzes von 96 EUR, als gegeben ansah. Da es dafür - trotz der fehlenden Vorschusszahlung der Klägerin - auch eine gesetzliche Grundlage in § 13 Abs. 4 Satz 1 JVEG gibt, durfte der Sachverständige ohne Weiteres davon ausgehen, dass das Gericht die maßgeblichen Vorschriften geprüft und b...