Leitsatz (amtlich)
Ein Prozesskostenhilfegesuch kann durch das Landgericht nicht mit der Begründung zurückgewiesen werden, dass der erfolgversprechende Teil der Klage die landgerichtliche Zuständigkeitsgrenze nicht erreicht, wenn eine (Rück-)Verweisung der Sache an das Amtsgericht nicht mehr in Betracht kommt, da das Landgericht aufgrund eines bindenden amtsgerichtlichen Verweisungsbeschlusses streitwertunabhängig für die Sache zuständig geworden ist.
Verfahrensgang
LG Koblenz (Aktenzeichen 10 O 72/19) |
Tenor
1) Der Klägerin wird für das Beschwerdeverfahren - begrenzt auf einen Beschwerdewert von bis zu 2.000 EUR - Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt. Ihr wird Rechtsanwältin S. zur Vertretung im Beschwerdeverfahren beigeordnet.
2) Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin hin wird der Beschluss des Einzelrichters der 10. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 25.03.2020 aufgehoben, soweit er die Anträge zu 1. und 2. aus der Klageschrift vom 19.12.2018 erfasst. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache an das Landgericht zur Entscheidung zurückverwiesen.
3) Die weitergehende sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.
4) Eine Gebühr für das Beschwerdeverfahren wird nur in hälftiger Höhe erhoben. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.
Gründe
Die Klägerin hat für eine parallel erhobene Klage, mit welcher sie Ansprüche im Zusammenhang mit einem Verkehrsunfall vom 08.12.2015 geltend macht, die Bewilligung von Prozesskostenhilfe beantragt. Das Landgericht hat den Antrag insgesamt abgelehnt, da dem Klageantrag zu 3., einem Feststellungsantrag, keine Erfolgsaussicht beizumessen sei, die beiden auf Zahlung gerichteten Klageanträge zu 1. und 2. aber den landgerichtlichen Zuständigkeitsstreitwert nicht erreichten.
Mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten Beschwerde verfolgt die Klägerin ihren Bewilligungsantrag umfassend weiter. Das Landgericht hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und diese zur Entscheidung dem Oberlandesgericht vorgelegt.
Die zulässige sofortige Beschwerde führt auch in der Sache zu dem aus dem Tenor ersichtlichen, zumindest vorübergehenden teilweisen Erfolg.
Dabei teilt der Senat die Auffassung des Landgerichts, dass der Klage hinsichtlich des angekündigten Klageantrages zu 3. auf Basis des klägerseitigen Vortrages keine Erfolgsaussichten beizumessen sind. Auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts im angegriffenen Beschluss wird insoweit zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen. Mit dieser landgerichtlichen Begründung setzt sich die Beschwerdebegründung inhaltlich auch nicht auseinander, so dass es keiner ergänzenden Ausführungen bedarf. Dass die Klägerin diverse Prellungen bei dem Unfall erlitten hat, steht außer Streit, erklärt aber nicht die mit dem Klageantrag zu 3. verfolgten angeblichen Unfallfolgen wie beispielsweise eine mehr als zwei Jahre nach dem Unfall aufgetretene Unterschenkelvenenthrombose, Lumbago, Divertikulitis, Spondylose oder auch die erneuten - bereits Jahre vor dem Unfall auftretenden - schweren depressiven Episoden. Dabei soll nicht in Frage gestellt werden, dass die Klägerin im Laufe der Zeit diverse und auch erhebliche gesundheitliche Beeinträchtigungen hatte und weiterhin hat. Dass diese unfallbedingt sein könnten, ergibt sich aus ihrem Sachvortrag indes nicht. Der schlichte Verweis auf ein zum Beweis einzuholendes Sachverständigengutachten ersetzt den insoweit erforderlichen substantiierten Vortrag nicht.
Die weiteren Ausführungen des Landgerichts in der Begründung des Beschlusses vom 25.03.2020 tragen dessen den Prozesskostenhilfeantrag insgesamt zurückweisenden Tenor indes nicht. Dabei kann offen bleiben, ob das Landgericht überhaupt das Prozesskostenhilfegesuch insgesamt hätte zurückweisen dürfen, wenn der beabsichtigten Klage zwar teilweise Erfolgsaussichten beizumessen wären, dieser erfolgversprechende Teil indes die Zuständigkeitsgrenze des Landgerichts nicht erreicht (vgl. hierzu Zöller/Schultzky, ZPO, § 114 Rn. 28). Aufgrund der hier gegebenen Besonderheiten kam nämlich - was das Landgericht zutreffend erkannt hat - eine (Rück-)Verweisung an das Amtsgericht nicht mehr in Betracht, so dass in Folge des - das Landgericht bindenden - amtsgerichtlichen Verweisungsbeschlusses dieses streitwertunabhängig für die Sache zuständig geworden war. Dann aber konnte für die Klageanträge zu 1. und 2. die beantragte Prozesskostenhilfe nicht mehr mit der alleinigen Begründung verweigert werden, dass man streitwertbedingt für diese Anträge nicht zuständig sei.
Der landgerichtliche Beschluss war daher hinsichtlich der Klageanträge zu 1. und 2. aufzuheben und insoweit an das Landgericht zur erneuten Prüfung des Vorliegens der Voraussetzungen einer Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats zurückzuverweisen. Darüber hinausgehend war die Beschwerde zurückzuweisen.
Im Umfange des Erfolgs der Beschwerde war der Klägerin auf ihren Antrag hin auch Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren zu bew...