Leitsatz (amtlich)

Die Methodenvielfalt kann unterschiedliche handwerkliche Vorgehensweisen bei der Durchführung operativer Eingriffe rechtfertigen (hier: Schnittführung bei Operation einer Dupuytren'schen Kontraktur).

Der Umstand, dass der Sachverständige die Ursache der vom Kläger angeführten gesundheitlichen Beeinträchtigung durch andauernde Schmerzen nicht mit Gewissheit klären konnte, begründet bei vollständiger Auseinandersetzung mit dem Vorbringen der Parteien keine Veranlassung für eine weiter gehende gutachterliche Aufarbeitung.

Wird das Risiko einer schweren Funktionsstörung der Hand im Aufklärungsgespräch mit Blick auf eine Sudeck-Erkrankung besprochen, verdeutlicht der Arzt hinreichend das mit dem Eingriff verbundene Risiko. Ob die schwere Funktionsstörung der Hand letztlich auf einer Sudeck-Erkrankung oder auf einer anderen Ursache beruht, ist nicht entscheidend, wenn sich an der Risikolage und der Verdeutlichung der Schwere und Art möglicher Beeinträchtigungen und Belastungen nichts ändert.

 

Verfahrensgang

LG Trier (Urteil vom 02.09.2015; Aktenzeichen 4 O 3/15)

 

Tenor

1. Der Senat weist die Parteien darauf hin, dass er beabsichtigt, die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 4. Zivilkammer des LG Trier vom 2.9.2015 einstimmig gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

2. Der Kläger erhält Gelegenheit, zu den Hinweisen des Senats bis zum 31.3.2016 Stellung zu nehmen. Die Rücknahme der Berufung wird empfohlen.

 

Gründe

I. Der Kläger begehrt immateriellen und materiellen Schadensersatz im Zusammenhang mit einem orthopädisch-chirurgischen Eingriff mit dem Vorwurf fehlerhafter Behandlung und unzureichender Aufklärung.

Der an einer starken Beugekontraktur am mittleren Gelenk des Ringfingers seiner linken Hand (sog. Dupuytren'sche Kontraktur) leidende Kläger stellte sich am 17.6.2011 in der u.a. vom Beklagten betriebenen orthopädischen Gemeinschaftspraxis in T. vor. Im Verlauf der Behandlung riet der Beklagte ihm zu einem operativen Eingriff mit dem Ziel der Behebung der Kontraktur. Die Operation sollte im Krankenhaus... in T. erfolgen, in dem der Beklagte als Orthopäde und Unfallchirurg Belegarzt ist.

Am 9.8.2011 erfolgte in dem Klinikum eine Aufklärung des Klägers hinsichtlich des Eingriffs, wobei eine Einverständniserklärung unterzeichnet wurde (Bl. 97 des Anlagenheftes). Am Folgetag operierte der Beklagte den Kläger und führte eine subtotale Fasziektomie der linken Hohlhand durch. Am Nachmittag wurde der Drainageschlauch gezogen.

Nach der Entlassung des Klägers behandelte der Beklagte diesen ambulant in der orthopädischen Praxis weiter. Im Verlauf beklagte der Kläger eine Sensibilitätsstörung am Ringfinger sowie Schmerzen. Der Beklagte veranlasste laborchemische Untersuchungen zur Abklärung einer Infektion. Die Nachbehandlung durch den Beklagten endete am 8.9.2011.

In der Folge begab sich der Kläger anderweit in medizinische Behandlung. Insbesondere erfolgte während eines stationären Aufenthalts in der... Unfallklinik in L. vom 12.6. bis 16.6.2012 ein erneuter operativer Eingriff an der Hand. Wegen einer Wundheilungsstörung musste am 4.7.2012 eine Nachoperation vorgenommen werden. Im Verlauf eines stationären Aufenthaltes im...-Krankenhaus in T. vom 17.6. bis 21.6.2013 wurde die Hand erneut operiert. Anschließend besserten sich die Streckfähigkeit und der Faustschluss.

Der Kläger hat erstinstanzlich vorgetragen, die Behandlung durch den Beklagten sei fehlerhaft erfolgt. Dieser habe fehlerhaft die Ringbänder A1 und A2 exzidiert. Zudem sei es zu Nervenverletzungen gekommen. Die Schnittführung in Form eines T-Schnitts entspreche nicht dem Standard. Auch die Nachbehandlung sei nicht sachgerecht erfolgt. Insbesondere habe die mit einem gewaltsamen Ruck erfolgte Entfernung des Drainageschlauchs zu erheblichen fortbestehenden Schmerzen geführt. Eine hinreichende Befunderhebung hinsichtlich einer Infektion sei nicht erfolgt und die angekündigte Schiene nicht verordnet worden. Letztlich fehle es auch an einer hinreichenden Aufklärung vor dem Eingriff am 10.8.2011, da der Beklagte ihm nicht eröffnet habe, kein Spezialist für Handchirurgie - wie er es erwartet habe - zu sein. Auf die Möglichkeit eines Dauerschadens auch hinsichtlich weiterer Finger der linken Hand sowie einer Schmerzbeeinträchtigung sei nicht hingewiesen worden. Der Kläger hat daher ein in das gerichtliche Ermessen gestelltes Schmerzensgeld in einer Mindesthöhe von 54.250,00 EUR, materiellen Schadensersatz in Höhe von 122,63 EUR sowie die Feststellung der Einstandspflicht für alle weiteren materiellen und immateriellen Schäden begehrt.

Hinsichtlich des weiteren erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes sowie der erstinstanzlich gestellten Anträge der Parteien wird auf die angefochtene Entscheidung vom 2.9.2015 (Bl. 122 ff. GA) verwiesen.

Das sachverständig beratene LG hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, es könne weder ein Behandlungsfehler noch eine unzureichende Aufklärung vor dem operativen Eingriff festgestellt werden. Ein fehlerhaft...

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