Entscheidungsstichwort (Thema)
Erstattung von Detektei- und Privatgutachterkosten in einer Wettbewerbssache
Leitsatz (amtlich)
1. Zur gerichtsverwertbaren Aufklärung eines wettbewerbswidrigen Verhaltens darf ein betroffener Mitbewerber vorprozessual eine Detektei beauftragen. Der Auftrag muss auf das für den Prozess Erforderliche beschränkt werden.
2. In Ausnahmefällen kann es notwendig sein, bei besonders schwierigen Ermittlungen, die eine spezielle sachliche Ausstattung und besondere persönliche Fähigkeiten erfordern, mit der Detektei ein Tagespauschalhonorar zu vereinbaren (hier: 640 Euro).
3. Die Kosten eines innerprozessualen Privatgutachtens müssen spezifiziert werden. Ausnahmsweise ist ein Pauschalhonorar jedoch vom Prozessgegner zu erstatten, wenn sicher feststeht, dass die Vergütung des Privatgutachters die nach dem ZSEG zu gewährende Entschädigung für eine vergleichbare Leistung nicht übersteigt.
Normenkette
ZPO § 91 Abs. 1; ZSEG § 3
Verfahrensgang
LG Koblenz (Beschluss vom 21.08.2003; Aktenzeichen 3 HO 211/97) |
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der 3. Kammer für Handelssachen des LG Koblenz vom 21.8.2003 wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
3. Der Beschwerdewert beträgt 14.571.81 Euro.
Gründe
Die Parteien sind Wettbewerber; sie verlegen Automobilzeitschriften. Die Klägerin hat die Beklagte auf Unterlassung in Anspruch genommen und dazu vorgetragen, die Beklagte habe der Informationsgemeinschaft zur Feststellung der Verbreitung von Werbeträgern mehrfach überhöhte Auflagenzahlen gemeldet, um ihre Marktanteile, insbesondere im Bereich der Anzeigen, zu vergrößern.
Die Klageschrift datiert vom 23.12.1997. Zuvor hatte die Klägerin eine Wirtschaftsdetektei mit der Prüfung und Abgleichung der Auflagenzahlen der Beklagten beauftragt. Hierüber verhalten sich Rechnungen über (jeweils netto) 7.500 DM vom 27.10.1997 (Bl. 637 GA) und 2.500 DM vom 19.11.1997 (Bl. 638 GA). Eine dritte Rechnung über 12.500 DM datiert vom 13.3.1998 (Bl. 639 GA). Letztlich hat die Klägerin innerprozessual ein Privatgutachten eingeholt, wofür ihr „pauschal” 6.000 DM in Rechnung gestellt wurden (Bl. 636 GA).
Die Rechtspflegerin hat alle vier Beträge antragsgemäß gegen die kostenpflichtige Beklagte festgesetzt und zur Begründung ausgeführt, es handele sich um notwendige Prozesskosten.
Dagegen wendet sich die Beklagte mit ihrer sofortigen Beschwerde. Die Einschaltung einer Detektei und eines Privat- gutachters sei nicht notwendig gewesen. Auch der Höhe nach seien die Forderungen nicht nachvollziehbar.
Das zulässige Rechtsmittel ist nicht begründet.
Die vor- und innerprozessualen Detekteikosten sind als notwendige Prozesskosten von der Beklagten zu erstatten. Gleiches gilt für die Kosten des Privatgutachtens, das die Klägerin im Prozess eingeholt hat.
Nach st. Rspr. des Senats können Detektivkosten erstattungsfähig sein, wenn die Einschaltung eines Ermittlers in unmittelbarem Zusammenhang zu einem konkreten Rechtsstreit steht und der Auftrag bei objektiver Betrachtung aus der Sicht der Partei zur Führung des Rechtsstreits notwendig i.S.v. § 91 Abs. 1 ZPO war. Dient der Auftrag an die Detektei dazu, Tatsachen und Sachverhalte zu erfahren, die den Vorwurf wettbewerbswidrigen Verhaltens belegen sollen, um darauf gestützt im Klagewege vorzugehen, ist die Einschaltung der Detektei sachgemäß und zur Verfahrensvorbereitung auch notwendig.
So lag es hier. Der Senat ist nach Prüfung des Prozessstoffs überzeugt (§ 286 ZPO), dass die Beklagte sich zur Verbesserung ihrer Markt- und Wettbewerbsposition unlauterer Machenschaften bediente. Dieser Verdacht war für die Klägerin im Vorfeld des Rechtsstreits zwar naheliegend, aber nicht in einer Weise greif- und darstellbar, die der gerichtlichen Prüfung standgehalten hätte. Vor diesem Hintergrund war es notwendig, vorprozessual eine Detektei einzuschalten.
Der Umfang der hierdurch verursachten Kosten wird von der Beklagten mit beachtlichen Erwägungen, letztlich aber erfolglos in Zweifel gezogen: Richtig ist zwar, dass der Auftrag an eine Detektei auf das für den Prozess Erforderliche beschränkt sein muss. Der Auftrag ist insbesondere so zu gestalten, dass die Partei die Ausführung überwachen kann und die Entscheidung über Fortdauer und Abbruch der Ermittlungen nicht völlig dem Detektiv überlassen ist. Jede Prozesspartei hat im Interesse der gebotenen kostengünstigen Prozessführung die Einschaltung der Detektei so zu gestalten, dass überflüssige Kosten vermieden werden.
Der vorliegende Fall weist indes die Besonderheit auf, dass es sehr spezieller, teilweise verdeckt zu führender Ermittlungen bedurfte. Die raffinierten Machenschaften der Beklagten konnten nur mit Mitteln aufgedeckt werden, die außerhalb der Möglichkeiten einer allgemeinen Detektei liegen. Der Senat weiß, dass es bundesweit nur eine äußerst geringe Zahl von Detekteien gibt, deren personelle und sachliche Ausstattung es ermöglicht, die hier erforderlichen ...