Entscheidungsstichwort (Thema)
Teilentscheidung im Kostenfestsetzungsverfahren, Befugnis des Beschwerdegerichts, den gesamten Streitgegenstand an sich zu ziehen; zur Erstattungsfähigkeit von Privatgutachterkosten in Bausachen
Leitsatz (amtlich)
1. Hat der Rechtspfleger im Kostenfestsetzungsverfahren auf die Rechtsmittel beider Seiten eine Abhilfeentscheidung teilweise zurückgestellt, im Übrigen nur teilweise abgeholfen und die Sache dem Beschwerdegericht vorgelegt, ist dieses zur Vermeidung einer unzulässigen Teilentscheidung befugt, statt einer Aufhebung und Zurückverweisung den in erster Instanz verbliebenen Streitstoff mitzuentscheiden.
2. Holt der Bauherr vorprozessual Privatgutachten zur Feststellung von Baumängeln ein, können die Kosten in der Regel nicht im nachfolgenden Prozess festgesetzt werden. Die Kosten eines innerprozessualen Privatgutachtens sind nicht erstattungsfähig, wenn abzusehen ist, dass die Klärung der Beweisfragen durch ein gerichtliches Gutachten erfolgen wird.
Normenkette
ZPO §§ 91, 103-104, 301, 540
Verfahrensgang
LG Bad Kreuznach (Aktenzeichen 2 O 314/95) |
Tenor
1. Auf die Rechtsmittel der Parteien werden die Beschlüsse des LG Bad Kreuznach vom 31.3.2000 (Teilabhilfe mit Festsetzung weiterer 599,90 DM) und vom 6.4.2000 (Nichtabhilfe) aufgehoben.
Der Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Bad Kreuznach vom 5.11.1999 wird geändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Nach dem Urteil des LG Bad Kreuznach vom 28.4.1999 – 2 O 314/95 – werden die von der Klägerin an die Beklagte zu erstattenden Kosten auf 7.846,95 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 26.5.1999 festgesetzt.
Der weitergreifende Kostenfestsetzungsantrag der Beklagten wird abgelehnt.
2. Von den außergerichtlichen Kosten des gesamten Erinnerungs- und Beschwerdeverfahrens (Wert: 14.674,03 DM) haben zu tragen:
die Klägerin 4 %;
die Beklagte 96 %.
3. Die gerichtlichen Kosten des erfolglosen Teils ihrer Beschwerde (Wert: 1.030,13 DM) hat die Beklagte zu tragen. Im übrigen sind Gerichtskosten nicht zu erheben.
Gründe
Die klagende Baufirma hatte die beklagte Bauherrin auf Zahlung restlichen Werklohns für ein Einfamilienhaus in Anspruch genommen. Dem ist die Beklagte unter Hinweis auf zahlreiche Baumängel entgegengetreten.
Das LG hat der Klage lediglich teilweise und nur Zug um Zug gegen Durchführung einer Vielzahl von Nachbesserungsarbeiten stattgegeben. Von den Kosten des Rechtsstreits wurden 4/5 der Klägerin und 1/5 der Beklagten auferlegt.
Gestützt auf insgesamt drei Rechnungen (Bl. 386–391 GA) hat die Beklagte im Kostenfestsetzungsverfahren Privatgutachterkosten von insgesamt 18.750,75 DM angemeldet. Diesen Betrag hat die Rechtspflegerin im angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluss um die Mehrwertsteuer gekürzt, jedoch insgesamt als erstattungsfähig anerkannt. Die Kosten seien prozessbezogen und auch notwendig i.S.v. § 91 Abs. 1 ZPO.
Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Erinnerung. Die Privatgutachterkosten seien nicht notwendig gewesen und im Übrigen dem Umfang nach völlig übersetzt.
Dagegen beanstandet die Beklagte mit ihrer Erinnerung die Streichung der Mehrwertsteuer.
Das LG hat der Erinnerung der Beklagten teilweise abgeholfen und ergänzend 599,90 DM Mehrwertsteuer auf die Anwaltskosten festgesetzt. Die Entscheidung, ob ergänzend auch Mehrwertsteuer auf die zuerkannten Privatgutachterkosten festzusetzen sei, hat die Rechtspflegerin dagegen ausdrücklich offen gelassen (Beschluss vom 31.3.2000 – Bl. 455 GA –).
Der Erinnerung der Klägerin hat die Rechtspflegerin dagegen durch Beschluss vom 6.4.2000 nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
Der Senat lässt offen, ob es sich bei dem Abhilfebeschluss des LG vom 31.3.2000 um eine unzulässige Teilentscheidung handelt, die das Verfahren in ein Rechtsmittelverfahren einerseits und ein beim LG verbliebenes Verfahren über denselben Streitgegenstand (Mehrwertsteuer) andererseits aufgespalten hat. Denn auch dann käme eine Zurückverweisung nicht in Betracht, weil im vorliegenden Fall eine endgültige und abschließende Sachentscheidung über die wechselseitigen Kostenfestsetzungsanträge sachdienlich ist (§ 540 ZPO). Nur zur Vermeidung einer Unklarheit und zur Herbeiführung einer einheitlichen Entscheidung über sämtliche Kostenfestsetzungsanträge hat der Senat daher die Beschlüsse der Rechtspflegerin vom 31. März und 6.4.2000 aufgehoben.
Zugleich musste der Kostenfestsetzungsbeschluss vom 5.11.1999 auf das Rechtsmittel der Klägerin um die vom LG (mit einem Anteil von 4/5) zuerkannten Privatgutachterkosten von 13.044 DM gekürzt werden. Denn bei diesen Kosten handelt es sich entgegen der Auffassung der Rechtspflegerin teils nicht um Prozesskosten; im Übrigen waren die Privatgutachterkosten nicht notwendig i.S.v. § 91 Abs. 1 ZPO.
Im Einzelnen:
Die Werklohnklage ist am 30.11.1995 rechtshängig geworden (Bl. 15 GA). Den Privatgutachter G hatte die Beklagte jedoch schon lange zuvor beauftragt. Das entnimmt der Senat den Rechnungen vom 30.4.1995 (12.679,90 DM – Bl. 386/387 GA) und vom 19.9.1995 (3....