Entscheidungsstichwort (Thema)
Erstattungsfähigkeit fiktiver Informationsreisekosten bei nicht notwendiger Einschaltung eines Korrespondenzanwalts
Leitsatz (amtlich)
Kosten einer fiktiven Informationsreise der Partei zu einem auswärtigen Prozessbevollmächtigten mit Kanzlei am Sitz des unzuständigen Gerichts sind nicht erstattungsfähig, wenn feststeht, dass es ohne die überflüssige Einschaltung eines Korrespondenzanwalts auch nicht zu einer Informationsreise gekommen wäre(hier: wegen Verweisung an das zuständige Gericht am Wohnsitz der Partei).
Normenkette
ZPO § 91; BRAGO § 52
Verfahrensgang
LG Bad Kreuznach (Beschluss vom 11.10.2001; Aktenzeichen 2 O 160/99) |
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Bad Kreuznach vom 11.10.2001 in der Fassung des Teilabhilfebeschlusses vom 10.1.2002 geändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Die nach dem Urteil des LG Bad Kreuznach vom 14.2.2000 von der Klägerin an die Beklagte zu erstattenden Kosten werden auf 2.938,42 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 29.2.2000 festgesetzt.
Der weitergreifende Kostenfestsetzungsantrag der Beklagten wird abgelehnt.
2. Die Beschwerdeentscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.
Die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens (Wert: 874,70 DM = 447,22) hat die Beklagte zu tragen.
Gründe
Die Klägerin hatte die im Bezirk des LG Bad Kreuznach wohnhafte Beklagte ursprünglich bei dem LG Traunstein auf Zahlung in Anspruch genommen. Nach Anordnung des schriftlichen Vorverfahrens bestellte sich ein dort zugelassener Rechtsanwalt für die Beklagte. Er zeigte lediglich die Verteidigungsabsicht an, ohne einen Sachantrag zu formulieren (Bl. 25 GA).
Unmittelbar hiernach wurde die Sache auf Antrag der Klägerin an das örtlich zuständige LG Bad Kreuznach verwiesen, wo die Beklagte durch ortsansässige Rechtsanwälte vertreten war.
Die Beklagte, die umfassend obsiegt hat, machte im Kostenfestsetzungsverfahren u.a. eine 10/10 Prozessgebühr ihres Traunsteiner Bevollmächtigten geltend. Außerdem begehrte sie die Festsetzung von Kosten eines Korrespondenzanwalts mit Kanzleisitz in Münster.
Durch Kostenfestsetzungsbeschluss vom 11.10.2001 hat die Rechtspflegerin die Erstattungsfähigkeit der Korrespondenzanwaltskosten verneint. Allerdings müsse die Klägerin die Kosten einer (fiktiven) Informationsreise vom Wohnort der Beklagten zum Kanzleisitz des Traunsteiner Bevollmächtigten erstatten. Dessen Kosten (10/10 Prozessgebühr) hat die Rechtspflegerin antragsgemäß festgesetzt.
Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Beschwerde. Sie trägt vor, dem Traunsteiner Bevollmächtigten sei mangels Sachantrag wegen der alsbaldigen Verweisung lediglich eine 5/10 Prozessgebühr nach § 32 BRAGO entstanden. Kosten einer Informationsreise von Bad Kreuznach nach Traunstein/Rosenheim seien ebenfalls nicht zu erstatten. Wegen der alsbaldigen Verweisung an das LG Bad Kreuznach sei nicht nachvollziehbar, aus welchem Grund die Beklagte eine Informationsreise zu ihrem Traunsteiner Bevollmächtigten hätte durchführen sollen.
Nachdem die Rechtspflegerin der Beschwerde zunächst insgesamt nicht abgeholfen hatte, ist die Sache durch Senatsbeschluss vom 5.12.2001 (OLG Koblenz v. 5.12.2001 – 14 W 820/01) zur Herbeiführung einer mit Sachgründen versehenen Nichtabhilfeentscheidung an das LG zurückverwiesen worden.
Die Rechtspflegerin hat nunmehr dem Rechtsmittel teilweise abgeholfen und die festgesetzte volle Prozessgebühr des Traunsteiner Prozessbevollmächtigten um 5/10 gekürzt (§ 32 BRAGO). Die Festsetzung fiktiver Informationsreisekosten der Beklagten nach Traunstein hat die Rechtspflegerin erneut bestätigt. Ohne die Einschaltung des Korrespondenzanwaltes habe es wegen der bereits vorliegenden Klagebegründung einer umfassenden Sachinformation des Traunsteiner Prozessbevollmächtigten bedurft.
Dagegen wendet sich die sofortige Beschwerde mit Erfolg. Ohne die Tätigkeit des Korrespondenzanwaltes hätte die Beklagte keine Informationsreise nach Traunstein zu ihrem dortigen Prozessbevollmächtigten durchgeführt. Fiktive Reisekosten sind daher nicht erstattungsfähig.
Das ergibt sich aus folgendem:
Beim LG Traunstein war das schriftliches Vorverfahren angeordnet worden (Bl. 20 GA). Die Klagegründung mit der gerichtlichen Aufforderung, die Verteidigungsbereitschaft anzuzeigen, ist der Beklagten am 15.4.1999 zugestellt worden (Bl. 241 GA). Verteidigungsbereitschaft wurde am 29.4.1999 angezeigt (Bl. 25 GA).
Am selben Tag beantragte die Klägerin Verweisung an das örtlich zuständige LG Bad Kreuznach (Bl. 26 GA). Diesem Antrag entsprach das LG Traunstein am 11.5.1999.
In Bad Kreuznach meldeten sich nach einer Zwischenverfügung vom 25.5.1999 (Bl. 27 Rückseite GA) erst am 18.6.1999 die dortigen Anwälte der Beklagten, baten um Akteneinsicht und beantragten, die Klageerwiderungsfrist um 14 Tage zu verlängern.
Bei dieser Sachlage kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Traunsteiner Prozessbevollmächtigte der Beklagten von deren Korrespondenzanwalt mehr erhielt als den Auftrag, die...