Verfahrensgang

LG Koblenz (Beschluss vom 13.10.2006; Aktenzeichen 1 HKO 210/03)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss der 1. Kammer für Handelssachen des LG Koblenz vom 13.10.2006 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden der Klägerin auferlegt.

Der Beschwerdewert wird auf 14.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

Gegenstand des Rechtsstreits waren Zahlungsansprüche der Klägerin, denen die Beklagte im Wege der Hauptaufrechnung bestimmte eigene Forderungen entgegensetzte. Nach Erlass eines Vorbehaltsurteils und Einleitung der Beweisaufnahme über die Voraussetzungen der von der Beklagten geltend gemachten Ansprüche hat die Beklagte erklärt, dass ihre zur Abwendung der Zwangsvollstreckung geleisteten Zahlungen nunmehr als Erfüllung gelten sollten, und auf ihre Ansprüche verzichtet, worauf die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben.

Das LG hat durch den angefochtenen Beschluss die Kosten des Rechtsstreits gegeneinander aufgehoben.

Hiergegen hat die Klägerin sofortige Beschwerde eingelegt mit dem Antrag,

unter Abänderung des angefochtenen Beschlusses der Beklagten die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen.

Die sofortige Beschwerde der Klägerin ist zulässig (§ 91a ZPO), hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.

Die Entscheidung des LG ist nicht zu beanstanden. Unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes waren nach billigem Ermessen die Kosten des Rechtsstreits gegeneinander aufzuheben (§ 91a ZPO).

Nach allgemeiner Rechtsprechung sind im Falle einer übereinstimmenden Erledigungserklärung die Kosten des Rechtsstreits grundsätzlich demjenigen aufzuerlegen, der bei Fortführung des Rechtsstreits voraussichtlich unterlegen wäre. Ist eine notwendige Beweisaufnahme nicht oder nicht vollständig durchgeführt worden, so kann das vermutliche Ergebnis dieser Beweisaufnahme berücksichtigt werden. Lassen sich jedoch die Prozessaussichten nicht prognostizieren, so ist eine Kostenaufhebung angezeigt (vgl. z.B. OLG Koblenz v. 25.9.1998 - 5 W 587/98, OLGReport Koblenz 1999, 272 = MDR 1999, 500 = NJW-RR 1999, 943; OLG Celle v. 30.5.1986 - 13 W 36/86, NJW-RR 1986, 1061 f.). Ein solcher Fall ist, wie das LG zutreffend ausgeführt hat, hier gegeben.

Die Beklagte hat die Ansprüche, mit denen sie aufgerechnet hat, darauf gestützt, dass das von der Klägerin gelieferte Bindemittel nicht die vertragsgemäße Zusammensetzung aufgewiesen habe und dadurch Mängel an den von der Beklagten produzierten Fallschutzplatten verursacht worden seien. Der vom Gericht beauftragte Sachverständige hat hierzu erklärt, es sei grundsätzlich möglich, in einem Analyseverfahren festzustellen, welches Bindemittel bei der Herstellung der Platten verwendet worden sei, und die Einhaltung der vereinbarten Spezifikation zu überprüfen. Die in dem technischen Informationsblatt der Klägerin aufgeführten Parameter seien jedoch ausschließlich am unverarbeiteten Bindemittel innerhalb garantierter Zeitgrenzen überprüfbar. Sofern Rückstellproben nicht mehr zur Verfügung gestellt werden könnten, seien die in einem analytischen Verfahren erhaltenen Befunde deshalb nur eingeschränkt verwertbar, da sich ggf. bestimmbare Abweichungen nur zu dem aus der derzeitigen Produktion stammenden Bindemittel herleiten ließen. Dem hat das LG zu Recht entnommen, dass der Beweis mangelnder Vertragsgemäßheit des von der Klägerin gelieferten Bindemittels nicht ausgeschlossen war, sondern auch im Falle des Fehlens von Rückstellproben eine Beweisaufnahme - ggf. unter Heranziehung von Zeugenaussagen - möglich gewesen wäre. Dem LG ist des Weiteren darin zuzustimmen, dass das Ergebnis einer solchen Beweisaufnahme offen war.

Der Senat ist nicht der Auffassung, dass die Beklagte die Kosten des Rechtsstreits tragen müsse, weil sie die Klageforderung freiwillig erfüllt und auf ihre Ansprüche verzichtet hat. Dieser Umstand ist nur insoweit beachtlich, als er einen Hinweis auf den - hypothetischen - Verlauf geben könnte, den der Prozess bei Fortführung des Parteistreits genommen hätte. Erwägungen in dieser Richtung sind hier indessen nicht weiter ergiebig. Die Beklagte hatte nämlich - unabhängig von einer etwa fehlenden Erfolgsaussicht ihrer Rechtsverteidigung - plausible wirtschaftliche Motive für ihr Verhalten vorgetragen: Sie entschloss sich zur Herbeiführung der Erledigung, weil die weitere Beweisaufnahme sehr aufwendig und mit erhebliche Kosten verbunden gewesen wäre. Angesichts dieser Sachlage ist weiterhin von einem offenen Ausgang des Rechtsstreits auszugehen (vgl. dazu auch OLG Koblenz v. 25.9.1998 - 5 W 587/98, OLGReport Koblenz 1999, 272 = MDR 1999, 500; Zöller/Vollkommer, ZPO, 26. Aufl., § 91a Rz. 25).

Entgegen der Auffassung der Klägerin ist nicht die Rechtsprechung einschlägig, wonach im Falle übereinstimmender Erledigterklärung die Prozesskosten derjenigen Partei aufzuerlegen sind, die den Rechtsstreit mutwillig begonnen oder das erledigende Ereignis willkürlich herbeigeführt hat. Ein solcher Fall liegt nich...

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