Leitsatz (amtlich)
1. Die Verkehrssicherungspflicht verpflichtet grundsätzlich denjenigen, der eine Gefahrenlage schafft, die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen zu treffen, um eine Schädigung anderer möglichst zu verhindern (in Anknüpfung an BGH, Urteile vom 19.12.1989 - VI ZR 182/89 - NJW 1990, 1236; vom 12.11.1996 - VI ZR 270/95 - VersR 1997, 250 = NJW 1997, 582 ff., juris Rn. 12; vom 04.12.2001 - VI ZR 447/00 - NJW-RR 2002, 525; vom 15.07.2003 - VI ZR 155/02 - VersR 2003, 1319, juris Rn. 6; vom 08.11.2005 - VI ZR 332/04 - NJW 2006, 610 ff., juris Rn. 9 f.; vom 06.02.2007 - VI ZR 274/05 - NJW 2007, 1684, juris Rn. 14 f.; OLG Celle Urteil vom 25.01.2007 - 8 U 161/06 - Juris Rn. 5; OLG Koblenz Urteile vom 19.01.2011 - 2 U 468/10 - MDR 2011, 787 f., juris Rn. 11; vom 11.09.2013 - 3 U 675/13 - MDR 2013, 1345 f., juris Rn. 24; vom 16.12.2009 - 2 U 904/09 - MDR 2010, 630, juris Rn. 11). Der Verkehrssicherungspflichtige ist aber nicht gehalten, für alle denkbaren, entfernt liegenden Möglichkeiten eines Schadenseintritts Vorsorge zu treffen.
Es genügen diejenigen Vorkehrungen, die nach den konkreten Umständen zur Beseitigung der Gefahr erforderlich und zumutbar sind.
Erforderlich sind die Maßnahmen, die ein umsichtiger und verständiger, in vernünftigen Grenzen vorsichtiger Angehöriger der betroffenen Verkehrskreise für notwendig und ausreichend halten darf, um andere Personen vor Schäden zu bewahren (in Anknüpfung an BGH, Urteile vom 16.05.2006 - VI ZR 189/05 - NJW 2006, 2326 f., juris Rn. 7; vom 16.02.2006 - III ZR 68/05 - VersR 2006, 665 = juris Rn. 13; OLG Koblenz, Beschluss vom 16.12.2009 - 2 U 904/09 - NJW 2003, 1352, juris Rn. 11), d.h. nach den Sicherheitserwartungen des jeweiligen Verkehrs geeignet sind, solche Gefahren von Dritten tunlichst abzuwenden, die bei bestimmungsgemäßem oder bei nicht ganz fernliegender bestimmungswidriger Benutzung drohen (in Anknüpfung an BGH, Urteil vom 21.02.1978 - VI ZR 202/76 - NJW 1978, 1629, juris Rn. 9 f.). Der Dritte ist aber nur vor den Gefahren zu schützen, die er selbst, ausgehend von der sich ihm konkret darbietenden Situation bei Anwendung der von ihm in dieser Situation zu erwartenden Sorgfalt erfahrungsgemäß nicht oder nicht rechtzeitig erkennen und vermeiden kann (BGH, Urteil vom 20.09.1994 .- VI ZR 162/93 - NJW 1994, 3348 f., juris Rn. 10; OLG Hamm, Urteile vom 17.12.2001 - 13 U 171/01 - VersR 2003, 605, juris Rn. 5; vom 13.01.2006 - 9 U 143/05 - NJW-RR 2006, 1100, juris Rn. 9 BeckOK BGB Bamberger/Roth/Hau/Poseck-Förster, 43. Edition Stand 15.06.2017, BGB § 823 Rn. 307; Bamberger/Roth/Hau/Poseck-Reinert, 43. Edition Stand 15.06.2017, BGB, § 839 Rn. 48).
2. Befindet sich ein Fahrradständer im Eingangsbereich eines stark frequentierten Weihnachtsmarktes unmittelbar vor einer Hauswand im Anschluss an einen leicht erhöhten Randstein und damit in einem Bereich, in dem sich Fußgänger ohnehin mit einer erhöhten Aufmerksamkeit bewegen müssen und hebt sich der Fahrradständer in Bezug auf seine Größe und Farbe deutlich von der Umgebung ab, wird ein Fußgänger bei Aufwendung der auch im Bereich von Weihnachtsmärkten mit starkem Publikumsverkehr gebotenen Vorsicht und Sorgfalt diesen ohne Weiteres rechtzeitig erkennen und wahrnehmen können, so dass eine Verkehrssicherungspflichtverletzung des Verkehrssicherungspflichtigen nicht vorliegt.
Normenkette
BGB §§ 253, 839; GG Art. 34
Verfahrensgang
LG Koblenz (Urteil vom 28.09.2017; Aktenzeichen 1 O 170/17) |
Tenor
Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 28.09.2017 - 1 O 170/17 - gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückzuweisen.
2. Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 5. März 2018.
3. Der Senat regt an, eine Rücknahme der Berufung zu prüfen. Bei Beendigung des Verfahrens durch Berufungsrücknahme ermäßigen sich die Gebühren für das gerichtliche Verfahren nach Ziff. 1222 der Anlage 1 zum GKG regelmäßig von 4,0 auf 2,0 Gebühren.
Gründe
Die Voraussetzungen nach § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO sind nach Auffassung des Senats gegeben. Die Berufung hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht. Eine mündliche Verhandlung ist nicht geboten.
1) Die Klägerin nimmt die beklagte Verbandsgemeinde auf Schadensersatz und Schmerzensgeld wegen Verletzung der Verkehrssicherungspflicht in Anspruch. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten Berufung.
Die Klägerin erstrebt unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Verurteilung der Beklagten,
1. zur Zahlung eines Betrages in Höhe von 112,95 EUR und ein der Höhe nach in das
Ermessen des Gerichts gestelltes, angemessenes Schmerzensgeld nebst Zinsen in
Höhe von fünf Prozentpunkten aus dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 27.11.2015;
2. zur Zahlung eines Betrages in H...