Leitsatz (amtlich)
Der Unterhaltspflichtige kann durch - ausdrückliche oder konkludente - Vereinbarung mit dem Unterhaltsberechtigten auf die Geltendmachung der Verwirkung des Unterhalts nach § 1579 Nr. 2 BGB verzichten. Dies kann im Unterschied zu einer Verzeihung auch bereits vor Eintritt des Verwirkungstatbestandes geschehen.
Normenkette
BGB §§ 133, 157, 1579 Nr. 2
Verfahrensgang
AG Trier (Beschluss vom 16.01.2019; Aktenzeichen 9 F 105/18) |
Tenor
Die gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Trier vom 16. Januar 2019 gerichtete Beschwerde des Antragstellers wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Antragsteller zu tragen.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 125.000,- EUR festgesetzt.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Beteiligten waren vormals Eheleute. Ihre am 5. September 1992 geschlossene Ehe wurde mit Beschluss des Amtsgerichts München vom 8. Dezember 2015 geschieden. Die Scheidung ist rechtskräftig.
Bereits am 31. August 1992 hatten die Beteiligten einen Ehevertrag notariell beurkunden lassen. Mit notarieller Urkunde vom 19. September 2008 des Notars ...[A] schlossen sie dann erneut einen "Ehevertrag und weitere Vereinbarungen", in dessen § 4 ("Ehegattenunterhalt") es eingangs heißt, die Unterhaltsvereinbarung in dem Ehevertrag vom 31. August 1992 werde vollumfänglich aufgehoben. Zum Trennungs- und nachehelichen Unterhalt würden die nachfolgenden Vereinbarungen getroffen. Danach verpflichtete sich der Antragsteller unter anderem für den Fall der Trennung und Scheidung zur Zahlung eines monatlichen Unterhalts in Höhe von 4.000,- EUR. Ferner wurde vereinbart, dass ein etwaiges Renteneinkommen der Antragsgegnerin auf diesen Unterhalt anzurechnen sein und eine Anpassung des Unterhaltsbetrages an Veränderungen des Verbraucherpreisindex für Deutschland (VPI) erfolgen solle. Weiter heißt es in § 4 der vorbezeichneten Urkunde dann:
"Im übrigen ist der Unterhalt unabänderbar mit folgenden Ausnahmen:
a) Wenn Herr ...[B] berufs- oder erwerbsunfähig wird und sich sein Einkommen [...] so verringert, dass [...] weniger als die Hälfte seines Einkommens verbleibt.
b) Im Fall der Wiederverheiratung oder dem Eingehen einer eingetragenen Lebenspartnerschaft von Frau ...[C] reduziert sich der Unterhalt auf die Hälfte des zuletzt geschuldeten Betrages. Auf § 1586 BGB wird verwiesen. Die Unterhaltsverpflichtung geht jedoch auf die Erben über. Diese können sich nicht auf die Beschränkung des Pflichtteils berufen."
Am 9. November 2009 ließen die Beteiligten dann von dem Notar ...[A] einen "Nachtrag zum Ehevertrag" beurkunden, in dessen § 2 ("Ehegattenunterhalt") es heißt:
Die Unterhaltsvereinbarung in § 4 der Vorurkunde wird wie folgt abgeändert:
Herr ...[B] verpflichtet sich, an Frau ...[C] für den Fall der Trennung und Scheidung der Ehe einen monatlichen, monatlich im Voraus fälligen Trennungs- und nachehelichen Unterhalt in Höhe von 5.000,00 EUR [...] zu bezahlen, vorbehaltlich der Vereinbarungen in § 7 Abs. 4.
Zusätzlich verpflichtet sich Herr ...[B], die Miete und die Nebenkosten, nicht aber für Telefon, für die von Frau ...[C] bewohnte Wohnung [...] zu bezahlen.
Diese Verpflichtung gilt solange bis [...]."
Der Antragsteller hat vorgetragen,
er habe dem Erhöhungsverlangen der Antragstellerin, welches Anlass für den Abschluss des am 9. November 2009 beurkundeten Nachtrags zum Ehevertrag gewesen sei, nur unter der Maßgabe zugestimmt, dass damit auch die Wertsicherungsklausel und die weiteren unterhaltsrechtlichen Vorteile aus der Vorurkunde entfallen. Die Antragsgegnerin lebe nunmehr in einer neuen verfestigten Lebensgemeinschaft.
Er ist der Ansicht,
§ 4 des notariellen Vertrages vom 19. September 2008 habe durch den notariellen Vertrag vom 9. November 2009 insgesamt ersetzt werden sollen. Darüber hinaus sei ein Verzicht auf den aus § 1579 Nr. 2 BGB folgenden Verwirkungseinwand aber aus Rechtsgründen schon gar nicht in wirksamer Art und Weise möglich. Nach alledem sei der hier titulierte Unterhaltsanspruch nach der vorzitierten Norm verwirkt und somit vollständig entfallen.
Der Antragsteller hat in erster Instanz beantragt,
den notariellen Ehevertrag vor dem Notar ...[A] vom 09.11.2009, Urkundenrollennummer ..01/2009 dahingehend abzuändern, dass er - der Antragsteller - ab April 2017 keinen Unterhalt mehr an die Antragsgegnerin zu bezahlen hat;
sowie hilfsweise,
die Zwangsvollstreckung aus der notariellen Urkunde vor dem Notar ...[A] vom 09.11.2009, URNr. ..01/2009, in § 2 ab April 2017 für unzulässig zu erklären.
Die Antragsgegnerin hat beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Sie ist der Auffassung,
der Antragsteller habe im Ehevertrag vom 19. September 2008 wirksam auf den Verwirkungseinwand des § 1579 Nr. 2 BGB verzichtet. Diese Abrede sei später zu keinem Zeitpunkt mehr abgeändert oder gar gänzlich aufgehoben worden.
Das Familiengericht hat die Anträge des Antragstellers mit Beschluss vom 16. Januar 2019 vollumfänglich zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführ...