Leitsatz (amtlich)

Kein Vergleichsmehrwert im Rahmen des für das gerichtliche Verfahren festzusetzenden Werts bei lediglich deklaratorischem und damit nicht mehr streitbeendendem Charakter der Mehrvergleichsregelung

 

Normenkette

RVG § 23 Abs. 1, § 55 Abs. 2, § 33 Abs. 1; RVG-VV Nrn. 1000, 1003

 

Verfahrensgang

AG Linz

 

Gründe

I. Das vorliegende Rechtsmittel betrifft die familiengerichtliche Festsetzung des Verfahrenswerts in einem Scheidungsverbundverfahren. Dieses bestand neben der Scheidung und der Folgesache Versorgungsausgleich auch aus den Folgesachen Güterrecht, Hausrat und Nachscheidungsunterhalt. Hinsichtlich der Folgesache Güterrecht standen Zugewinnausgleichsansprüche i.H.v. 21.000 EUR im Raum. Hier kamen die vormaligen Ehegatten überein, dass die Antragsgegnerin vom Antragsteller einen Geldbetrag erhalten und sie dem Antragsteller ihren Miteigentumsanteil am gemeinsamen ehelichen Anwesen übertragen soll. Die gerichtliche Protokollierung eines entsprechenden Vergleichs fand in der Folgezeit nicht statt, sondern die vormaligen Ehegatten schlossen einen entsprechenden Notarvertrag. Im darauffolgenden Gerichtstermin am 11.6.2014 haben die Beteiligten dann einen Scheidungsfolgenvergleich abgeschlossen. In diesem heißt es u.a., dass zwischen den vormaligen Ehegatten Einigkeit bestehe, dass mit Erfüllung des o.g. Notarvertrags vermögensrechtliche Ansprüche zwischen ihnen abschließend geregelt und erledigt seien.

Hierauf haben beide Verfahrensbevollmächtigten beantragt, für den Notarvertrag im Scheidungsverbundverfahren einen Vergleichsmehrwert von 55.000 EUR festzusetzen. Dieser Betrag stelle den hälftigen Vermögenswert dar.

Das Familiengericht hat hierzu eine Stellungnahme des Bezirksrevisors bei dem LG Koblenz eingeholt und diesem folgend die Festsetzung eines entsprechenden Vergleichsmehrwerts abgelehnt. Zur Begründung verweist das Familiengericht auf die Ansicht des Bezirksrevisors, wonach sich bezüglich des Gegenstands des Notarvertrags durch diesen eine gerichtliche Auseinandersetzung erübrigt habe.

Hiergegen wenden sich die Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers. Sie sind der Ansicht, auch die im Notarvertrag getroffene Regelung sei Gegenstand des Scheidungsverbundverfahrens gewesen. Dabei sei es nicht nur um einen Zugewinnausgleichszahlbetrag von 21.000 EUR gegangen, sondern auch um die Grundstücksübertragung als solche. Die Einschaltung eines Notars sei lediglich erforderlich gewesen, da das Familiengericht die Vereinbarung aus Gründen der Belehrungsrisiken nicht protokolliert habe.

II. Die gem. § 33 Abs. 3, 8 RVG statthafte und auch sonst zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

Das Familiengericht hat vorliegend nach §§ 55 Abs. 2 FamGKG, 33 Abs. 1 RVG den für das gerichtliche Verfahren maßgeblichen Wert festzusetzen. Dieser richtet sich grundsätzlich im vorliegenden Scheidungsverbundverfahren nach dem anhängigen Verfahrenstand, § 23 Abs. 1 RVG. Zwar können auch nicht anhängige Rechtsverhältnisse oder Ansprüche zu einer Erhöhung des Vergleichswerts um den Wert eines sog. Mehrvergleichs führen. Eine Berücksichtigung dieses Mehrwerts im Rahmen des Verfahrenswerts für das gerichtliche Verfahren setzt allerdings voraus, dass über den bisher nicht anhängigen Gegenstand eine verfahrensbeendende Regelung durch gerichtlichen Vergleich getroffen wurde.

Vorliegend wurde die Folgesache Güterecht durch den außergerichtlich abgeschlossenen Notarvertrag - wohl insgesamt - gütlich geregelt. Der Scheidungsfolgenvergleich gibt dies lediglich deklaratorisch wieder. Bei Abschluss des gerichtlichen Vergleichs bestand insofern - anders als in der von den Beschwerdeführern zitierten Rechtsprechung - zwischen den vormaligen Eheleuten also kein Streit bzw. keine Unsicherheit mehr. Insbesondere hinsichtlich der Miteigentumsübertragung existierte zum Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses im Termin am 11.6.2014 kein Regelungsbedürfnis. Der Gebührenwert für die anwaltliche Vergleichsgebühr im gerichtlichen Verfahren erhöht sich damit nicht (vgl. OLG Hamm JurBüro 1996, 148).

Ganz im Gegenteil stellt sich vorliegend sogar die Frage, ob es gerechtfertigt ist, den Wert für Ziff. 2 des Scheidungsfolgenvergleichs hier noch mit 21.000 EUR anzusetzen. Vielmehr könnte er infolge der lediglich deklaratorischen Regelung in Ziff. 2 des Scheidungsfolgenvergleichs zumindest erheblich zu reduzieren sein. Hierüber vermag der Senat allerdings nicht abschließend zu entscheiden. Zwar wäre er hierzu nach § 55 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FamGKG befugt. Der Senat kann aber nach Aktenlage nicht beurteilen, ob Ziff. 2 des Scheidungsfolgenvergleichs vollumfänglich nur deklaratorisch ist. Mit diesen Gesichtspunkt kann sich aber das Familiengericht noch befassen, § 55 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FamGKG. Sollte im Notarvertrag auch ein abschließender Titel betreffend den Nachscheidungsunterhalt geschaffen worden sein, so gilt vorstehend Gesagtes auch für Ziff. 1 des Scheidungsfolgenvergleichs, dem dann ebenfalls nur deklaratorische Wirkung zukäme.

Unerheblich ...

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