Leitsatz (amtlich)
1. Findet der Versorgungsausgleich aufgrund wirksamer Vereinbarung der Ehegatten nicht statt, ist für die Wertberechnung jedenfalls dann die Anzahl der im Falle der Durchführung des Versorgungsausgleichs zu berücksichtigenden Versorgungsanrechte zugrunde zu legen, wenn ein Ehegatte (zunächst) die Unwirksamkeit der Ausschlussvereinbarung geltend gemacht hat.
2. Bei einem sog. steckengebliebenen Stufenantrag sind für die Wertfestsetzung die Vorstellungen des Antragstellers zur Höhe des Zahlungsanspruchs maßgeblich. Dabei ist nach objektiven Anhaltspunkten anhand des Tatsachenvortrags des Antragstellers danach zu fragen, welche nach außen erkennbaren Vorstellungen er sich vom Wert des Leistungsanspruchs bei Einreichung des Stufenantrags gemacht hat. Fehlen solche Anhaltspunkte im Stufenantragsschriftsatz, ist die Höhe der außergerichtlich geltend gemachten Forderung ein wesentliches Indiz. Demgegenüber ist nicht auf den Inhalt einer nicht nach außen kommunizierten anwaltlichen Beratung abzustellen. Bestehen danach keine ausreichenden Anhaltspunkte, ist gemäß § 42 Abs. 3 FamGKG von einem Auffangwert in Höhe von 5.000,00 EUR auszugehen (Anschluss an OLG Hamm FamRZ 2011, 582).
Normenkette
FamGKG §§ 38, 42 Abs. 3, § 50 Abs. 1, § 53; VersAusglG §§ 6, 8
Verfahrensgang
AG Mayen (Aktenzeichen 8c F 361/18) |
Tenor
1. Auf die Beschwerde der Rechtsanwältin Dr. jur. D. wird der Verfahrenswert für das erstinstanzliche Verfahren des Amtsgerichts - Familiengericht - Mayen zu Az. 8c F 361/18 unter teilweiser Abänderung der Beschlüsse des vorgenannten Gerichts vom 02.10.2020 und 26.10.2020 wie folgt festgesetzt:
Scheidung: 12.012,00 EUR
Versorgungsausgleich: 5.544,26 EUR
Güterrecht (ab 19.02.2019): 5.000,00 EUR
nachehelicher Unterhalt (ab 18.03.2019): 13.224,00 EUR
Gesamt: 17.556,26 EUR (bis 18.02.2019)
22.556,26 EUR (ab 19.02. bis 17.03.2019)
35.780,26 EUR (ab 18.03.2019).
2. Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Die Beschwerdeführerin und Verfahrensbevollmächtigte des Antragsgegners wehrt sich gegen die erfolgte Festsetzung des Verfahrenswerts in einem Scheidungsverbundverfahren, welches neben der Folgesache Versorgungsausgleich auch die Folgesachen Güterrecht und nachehelicher Unterhalt zum Gegenstand hatte. Die beiden letztgenannten Folgesachen wurden im Wege eines Stufenantrags geltend gemacht, wobei es jeweils zu einer Verhandlung und Entscheidung weder über die zweite (eidesstattliche Versicherung) noch dritte (Zahlungsstufe) Stufe kam und ein Zahlungsantrag auch nicht beziffert wurde.
II. Die Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten des Antragsgegners aus eigenem Recht ist gemäß §§ 59 Abs. 1, 55 Abs. 2, Abs. 3 Satz 2 FamGKG, § 32 Abs. 2 Satz 1 RVG statthaft und zulässig. Insbesondere liegt eine Beschwer der Verfahrensbevollmächtigten des Antragsgegners vor, da sie geltend macht, der Verfahrenswert sei zu niedrig festgesetzt worden.
Die Beschwerde hat in der Sache nur teilweise Erfolg.
1. Den Wert der Scheidung hat das Familiengericht in seiner Teilabhilfeentscheidung vom 26.10.2020 auf 12.012 EUR und damit auf einen höheren als in der Beschwerde geforderten Betrag festgesetzt.
Somit ist diese Festsetzung zugrunde zu legen, auch wenn die vom Familiengericht vorgenommene Berechnung unter Zugrundelegung der nach § 43 FamGKG maßgeblichen und von keiner Seite in Abrede gestellten Einzelwerte wohl einen noch höheren Verfahrenswert ergibt (siehe S. 2 des Teilabhilfebeschlusses).
Auch in ihrer Stellungnahme auf die Teilabhilfeentscheidung greift die Beschwerdeführerin die Wertfestsetzung insoweit nicht (mehr) an.
2. Zutreffend rügt die Beschwerde, dass sich die Wertfestsetzung für die Folgesache Versorgungsausgleich vorliegend nicht an dem Mindestwert nach § 50 Abs. 1 Satz 2 FamGKG orientieren kann.
Zwar wurde ein Versorgungsausgleich nicht durchgeführt, weil dieser mit Ehevertrag ausgeschlossen ist. Jedoch hatte der Antragsgegner die Unwirksamkeit des Ehevertrags geltend gemacht. Damit zielte sein Rechtsschutzinteresse auf die Durchführung des Versorgungsausgleichs, so dass der Wertberechnung die Anzahl der im Falle der Durchführung des Versorgungsausgleichs zu berücksichtigenden Versorgungsanrechte zugrunde zu legen ist. Nach unwidersprochenem Vorbringen der Beschwerdeführerin belief sich deren Anzahl auf vier.
Lediglich soweit die Prüfung der Feststellung, dass ein Versorgungsausgleich aufgrund einer nach §§ 6, 8 VersAusglG bindenden Vereinbarung der Ehegatten nicht stattfindet, keinen besonderen Aufwand erfordert, kann es der Billigkeit entsprechen, von einer regelgerechten Festsetzung des Verfahrenswertes in der Folgesache Versorgungsausgleich abzusehen und es beim Mindestwert nach § 50 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 FamGKG zu belassen (vgl. KG MDR 2012, 1347). So lag der Fall hier gerade nicht.
Zwar haben sich die Ehegatten vorliegend letztlich gütlich geeinigt, so dass das Familiengericht nicht über die Wirksamkeit des Ehevertrags entscheiden musste - den ursprünglichen Beschluss vom 29.03.2019 hatte der Sena...