Leitsatz (amtlich)
1. Findet der Versorgungsausgleich aufgrund wirksamer Vereinbarung der Ehegatten nicht statt, ist für die Wertberechnung jedenfalls dann die Anzahl der im Falle der Durchführung des Versorgungsausgleichs zu berücksichtigenden Versorgungsanrechte zugrunde zu legen, wenn ein Ehegatte (zunächst) die Unwirksamkeit der Ausschlussvereinbarung geltend gemacht hat.
2. Bei einem sog. steckengebliebenen Stufenantrag sind für die Wertfestsetzung die Vorstellungen des Antragstellers zur Höhe des Zahlungsanspruchs maßgeblich. Dabei ist nach objektiven Anhaltspunkten anhand des Tatsachenvortrags des Antragstellers danach zu fragen, welche nach außen erkennbaren Vorstellungen er sich vom Wert des Leistungsanspruchs bei Einreichung des Stufenantrags gemacht hat. Fehlen solche Anhaltspunkte im Stufenantragsschriftsatz, ist die Höhe der außergerichtlich geltend gemachten Forderung ein wesentliches Indiz. Demgegenüber ist nicht auf den Inhalt einer nicht nach außen kommunizierten anwaltlichen Beratung abzustellen. Bestehen danach keine ausreichenden Anhaltspunkte, ist gemäß § 42 Abs. 3 FamGKG von einem Auffangwert in Höhe von 5.000,00 EUR auszugehen (Anschluss an OLG Hamm FamRZ 2011, 582).
Normenkette
FamGKG §§ 38, 42 Abs. 3, § 50 Abs. 1, § 53; VersAusglG §§ 6, 8
Verfahrensgang
AG Mayen (Aktenzeichen 8c F 361/18) |
Tenor
Auf die Gegenvorstellung der Beschwerdeführerin verbleibt es bei dem Senatsbeschluss vom 06.11.2020.
Gründe
Mit ihrer - einzig statthaften, §§ 59 Abs. 1 Satz 5, 57 Abs. 7 FamGKG - Gegenvorstellung erstrebt die beschwerdeführende Verfahrensbevollmächtigte des Antragsgegners eine weitere Anhebung des Verfahrenswerts für die erstinstanzliche Folgesache Güterrecht.
Dem war aus den in dem Senatsbeschluss vom 06.11.2020 genannten Gründen nicht nachzukommen.
Wie der Senat unter Beifügung entsprechender Quellen ausgeführt hat, ist bei dem sog. "steckengebliebenen Stufenantrag" nach objektiven Anhaltspunkten danach zu fragen, welche Vorstellungen der Stufenantragsantragsteller sich vom Wert des Leistungsanspruchs bei (Folgesachen-)Antragseinreichung gemacht hat (vgl. BGH FamRZ 1993, 1189). Entscheidend sind die erkennbaren Erwartungen des Stufenantragsantragstellers zur Höhe seines Anspruches bei Einreichung des Stufenantrages (vgl. OLG Frankfurt FamRZ 2018, 1258 m.w.Rspr.-Nw.). Solche lagen hier auch nach der Gegenvorstellung nicht vor, so dass der Auffangwert nach § 42 Abs. 3 FamGKG heranzuziehen war.
Soweit die Gegenvorstellung auf den Schriftsatz vom 30.11.2018 verweist, mit welchem Abweisung des Scheidungsantrags begehrt wurde, trifft zwar zu, dass dieser auch Ausführungen zu Folgesachen enthält. Dabei wird zum einen geltend gemacht, dass der abgeschlossene Ehevertrag infolge Ausnutzung einer Erkrankung des Antragsgegners durch die Antragstellerin sowie aufgrund Geschäftsunfähigkeit des Antragsgegners bei Vertragsunterzeichnung nichtig sei. Zum anderen wendet der Antragsgegner Sittenwidrigkeit des Ehevertrags wegen einseitiger wirtschaftlicher Lastenverteilung ein. Für eine Bewertung der Vorstellungen des Antragsgegners in Bezug auf die Höhe eines Zugewinnausgleichsanspruchs gegen die Antragstellerin enthält der Schriftsatz vom 30.11.2018 sodann aber keine ausreichenden Schätzgrundlagen.
Allein ein doppelt so hohes Einkommen des anderen Ehegatten führt noch nicht zu einem Zugewinnausgleichsanspruch in einer abschätzbaren Höhe. Das Hausanwesen der vormaligen Ehegatten stand in deren Miteigentum, so dass sich dieses im Zugewinn grundsätzlich neutral auswirkt. Etwaiger von der Antragstellerin mitgenommener Hausrat spielt im Zugewinn keine Rolle. Einzig die Angabe, dass ein Zugewinnausgleich aufgrund beträchtlichen Aktien- und Sparvermögens zulasten der Antragstellerin ausfallen würde, enthält entsprechende Ausführungen zu einem nach Ansicht des Antragsgegners zu erwartenden Zugewinnausgleichsanspruch. Indes sind diese Ausführungen so unbestimmt, dass sich jedwede Wertfestsetzung als willkürlich erweisen würde. Aus diesem Grund hat es bei der Anwendung des § 42 Abs. 3 FamGKG zu verbleiben.
Soweit die Gegenvorstellung schließlich auf den Inhalt einer ausführlichen Beratung des Antragsgegners vor Einreichung des Stufenantrags abstellt, nach welcher dem Antragsgegner bereits seinerzeit die Eckdaten eines Zahlungsanspruchs in der Art, wie in der Verfahrenswertbeschwerde dargelegt, bekannt waren, ist hierauf nicht abzustellen. Denn bei diesem Beratungsgespräch handelte es sich um vertrauliche Interna zwischen der beschwerdeführenden Rechtsanwältin und ihrem Mandanten. Sie sind für die Ermittlung der erkennbaren Erwartungen des Stufenantragsantragstellers nicht geeignet. Es hätte der Verfahrensbevollmächtigten des Antragsgegners frei gestanden, diese Eckdaten in dem Stufenantrag mitzuteilen, zumal - wie bereits im Senatsbeschluss vom 06.11.2020 ausgeführt - gemäß § 53 FamGKG sogar eine entsprechende Obliegenheit bestand.
Fundstellen
Dokument-Index HI14433189 |