Entscheidungsstichwort (Thema)
Mutwillige Rechtsverfolgung und Prozesskostenhilfe (Unterhaltsverfahren)
Leitsatz (redaktionell)
Eine Klage auf Zahlung laufenden Unterhalts stellt sich dann als mutwillig dar, wenn der Unterhaltsschuldner vor Klageerhebung ausdrücklich Titulierung im Wege der notariellen Urkunde oder einer Jugendamtsurkunde angeboten hat.
Normenkette
ZPO § 114
Verfahrensgang
AG Worms (Beschluss vom 20.04.2005; Aktenzeichen 2 F 42/05) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des AG - FamG - Worms vom 20.4.2005 wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Der - am 9.6.2004 volljährig gewordene - Antragsteller ist der Sohn des Antragsgegners, er lebt bei der - rechtskräftig vom Antragsgegner geschiedenen - Kindesmutter und besucht derzeit die Berufsfachschule (Fachrichtung Technik); im Zeitraum April bis September 2004 hat er bei einer Aushilfstätigkeit Einnahmen erzielt (Verdienstbescheinigung Bl. 38 GA). Mit der vorliegenden Klage begehrt er ab Februar 2005 die Zahlung von Kindesunterhait nach Maßgabe der vierten Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle sowie eines rückständigen Betrages (Juli bis September 2004) i.H.v. 726 EUR zzgl. Zinsen.
Der Antragsgegner zahlt seit Oktober 2004 - "ohne Anerkennung einer Rechtspflicht" - Kindesunterhalt i.H.v. 242 EUR monatlich (Schreiben v. 16.11.2004 - Bl. 34 GA; Verrechnung von Überzahlungen gem. Schriftsatz v. 19.4.2005 - Bl. 41 GA); er hat zudem auf den geltend gemachten Unterhaltsrückstand einen Betrag i.H.v. 256 EUR gezahlt. Der Antragsgegner hat ausdrücklich seine Bereitschaft erklärt, den laufenden monatlichen Unterhalt i.H.v. 242 EUR titulieren zu lassen, beschränkt auf den Zeitraum bis zum Abschluss des Schulbesuchs im Juli 2006 (Schreiben v. 16.11.2004 - Bl. 34 GA; Schriftsätze vom 14.3. und 19.4.2005 Bl. 27 und 41 GA). Im August 2005 hat der Antragsgegner die Unterhaltszahlung eingestellt.
Das AG hat mit Beschluss vom 20.4.2005 (Bl. 44 f. GA) den Prozesskostenhilfeantrag des Antragstellers wegen Mutwilligkeit abgelehnt; hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Antragstellers vom 20.5.2005 (Bl. 48/48a GA).
II. Die sofortige Beschwerde ist statthaft (§ 127 Abs. 2 S. 2 i.V.m. § 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) und auch im Übrigen zulässig; sie hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.
Das AG hat die hier verfolgte Unterhaltsleistungsklage im Ergebnis zu Recht als mutwillig angesehen (§ 114 ZPO). Der Antragsteller ist gehalten, den geltend gemachten - laufenden - Kindesunterhalt, wie es der Antragsgegner auch ausdrücklich angeboten hat, im Wege der notariellen Urkunde (§ 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO) oder aber der Jugendamtsurkunde (§§ 59 Abs. 1 S. 1 Nr. 3, 60 SGB VIII) titulieren zu lassen.
Eine Rechtsverfolgung ist mutwillig, wenn eine verständige, nicht hilfsbedürftige Partei ihre Rechte nicht in gleicher Weise verfolgen würde. Mutwillig handelt deshalb, wer von zwei gleichwertigen prozessualen Wegen denjenigen beschreitet, von dem er von vornherein annehmen muss, dass er für ihn der kostspieligere ist (BGH v. 10.3.2005 - XII ZB 20/04, MDR 2005, 930 = BGHReport 2005, 861; Zöller/Philippi, 25. Aufl. 2005, § 114 Rz. 30 und 34). So liegt der Fall hier.
a) Allerdings hat der Unterhaltsgläubiger auch bei freiwilliger Leistung des Unterhaltsschuldners ein (Rechtsschutz-)Interesse an der - vollständigen -. Titulierung seines (gesetzlichen) Unterhaltsanspruchs; dies folgt schon daraus, dass der Unterhaltsschuldner - wie vorliegend auch geschehen - jederzeit die freiwillige Zahlung wieder einstellen kann (vgl. BGH v. 1.7.1998 - XII ZR 271/97, MDR 1998, 1167 = FamRZ 1998, 1165 f., m.w.N.).
b) Ein kostenbewusst handelnder Unterhaltsgläubiger würde aber zunächst versuchen, den Unterhaltsschuldner zur urkundlichen Unterwerfung zu veranlassen (vgl. OLG Koblenz v. 22.12.2003 - 11 WF 998/03; OLG München v. 12.2.1996 - 12 WF 570/96, OLGReport München 1996, 240 = FamRZ 1996, 1021; Zöller/Philippi, 25. Aufl. 2005, § 114 Rz. 40b; Kalthoener/Büttner/Wrobel/Sachs, Prozesskostenhilfe und Beratungshilfe, 2. Aufl. 1999, Rz. 469); beim Kindesunterhalt sind sowohl die notarielle Urkunde (vgl. §§ 55a, 141 KostO i.V.m. § 62 Abs. 1 Nr. 2 BeurkG) als auch die Jugendamtsurkunde (vgl. § 91 Abs. 7 SGB VIII) kostenfrei (Viefhues FuR 2005, 389 [390]).
Der Antragsgegner hat sich zu einer dementsprechenden Titulierung des laufenden (Bar-)Unterhalts für den Antragsteller - bis zum Abschluss der Berufsfachschule - ausdrücklich bereit erklärt; sein Angebot erfasst bei verständiger Würdigung vollständig das Klagebegehren (vierte Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle; Zahlbetrag 242 EUR monatlich ab Februar 2005 und 252 EUR monatlich ab Juli 2005).
c) Soweit der Antragsteller die Zahlung rückständigen Unterhalts i.H.v. 726 EUR begehrt (jeweils 242 EUR für die Monate Juli bis September 2004), ist die Rechtsverfolgung ohne Aussicht auf Erfolg. Unstreitig hat der Antragsteller im betreffenden Zeitraum Einkommen aus einer Aushilfstätigkeit erzielt (140 EUR für Juli 2004; 200 EUR für August 200...