Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsfolgen einer Änderung der Parteibezeichnung im Mahnverfahren; Vollstreckungsbescheid gegen Scheinpartei; Anfechtbarkeit eines nur formell rechtskräftigen Titels
Leitsatz (amtlich)
1. Werden Mahn- und Vollstreckungsbescheid an eine Person zugestellt, gegen die sich der Antrag nicht richten soll, wird diese auch dann nicht Partei des Verfahrens, wenn der Antragsteller vor dem Vollstreckungsbescheid eine Berichtigung der Parteibezeichnung erwirkt, ohne dass sich dadurch die Identität des Antragsgegners ändern sollte (hier: Brüder mit ähnlichen Vornamen - Bassem/Bassam).
2. Ergeht aufgrund einer unwirksamen Änderung des Passivrubrums ein Vollstreckungstitel, ist dieser wirkungslos. Die Scheinpartei kann gegen diesen mit dem Ziel der Beseitigung des Titels vorgehen. Gleichwohl kann ein derartiger Titel formell Rechtskraft erlangen, wenn er nicht fristgemäß angefochten wird.
3. Ein verfristeter Einspruch gegen den formell rechtskräftigen Vollstreckungsbescheid ist in einem derartigen Fall nicht der richtige Rechtsbehelf. Erhebt der Scheinbeklagte in einem derartigen Verfahren erstmals in zweiter Instanz Hilfswiderklage, mit der er die materielle Unrichtigkeit des Vollstreckungsbescheids geltend macht, verliert diese bei Zurückweisung der Berufung (§ 522 Abs. 2 ZPO) in entsprechender Anwendung von § 524 Abs. 4 ZPO ihre Wirkung.
Normenkette
ZPO §§ 33, 253 Abs. 2 Nr. 1, §§ 256, 300, 313 Abs. 1 Nr. 1, §§ 319, 341, 522, 524 Abs. 4, § 690 Abs. 1 Nr. 1, § 692 Abs. 1 Nr. 1, §§ 693, 696, 699-700
Verfahrensgang
LG Bad Kreuznach (Urteil vom 19.05.2015; Aktenzeichen 4 O 13/15) |
Tenor
1. Die Berufung der beklagten Partei gegen das Urteil des LG Bad Kreuznach vom 19.5.2015, zugestellt am 21.5.2015, wird zurückgewiesen.
2. Die beklagte Partei hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des LG Bad Kreuznach ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf bis zu 6.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
A. Die Berufung gegen das Urteil des LG Bad Kreuznach ist gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil nach einstimmiger Auffassung des Senats das Rechtsmittel offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert. Auch die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung ist nicht geboten.
Zur Begründung wird auf die vorausgegangenen Hinweise des Senats im Beschluss vom 7.9.2015 Bezug genommen. Dort hat der Senat mitgeteilt:
"Die Klägerin verlangt Vergütung für die Buchung des Hin- und Rückfluges von Frankfurt nach Beirut und zurück für fünf Personen. Die Flugtickets sowie die Rechnung waren auf Bassem A., Bismarckstraße 10, in X., ausgestellt.
Die Klägerin hat zur Verfolgung ihres Anspruchs am 26.6.2014 den Erlass eines Mahnbescheides gegen Bassem A., Bismarckstraße 10, X., beantragt. Der Zusteller hat den Adressaten und die Zustellanschrift berichtigt auf den Vornamen "Bassam" und die Straße "H-Straße 7" in X und den Mahnbescheid in den zur Wohnung gehörenden Briefkasten oder eine ähnliche Einrichtung eingelegt, woraufhin die Klägerin nach Ablauf der Widerspruchsfrist den Erlass eines Vollstreckungsbescheides sowie die Berichtigung der Antragsgegnerbezeichnung von Bassem A. in Bassam A. unter der Anschrift H-Straße 7 in X. beantragt hat.
Daraufhin hat das AG - Mahngericht - Stuttgart dem Berichtigungsantrag wegen offenbarer Unrichtigkeit stattgegeben und eine Ausfertigung des Vollstreckungsbescheides zur Amtszustellung abgesandt. Nach Zustellung des Vollstreckungsbescheides an Bassam A., H-Straße 7, X., durch Einlegung in den zur Wohnung gehörenden Briefkasten oder eine ähnliche Vorrichtung am 10.10.2014 hat Bassam A. anwaltlich vertreten am 20.1.2015 Einspruch gegen den Vollstreckungsbescheid eingelegt und darauf verwiesen, dass zwischen den Parteien kein Rechtsverhältnis bestehe und zudem weder der Mahnbescheid noch der Vollstreckungsbescheid zugestellt worden seien.
Die Klägerin hat angeführt, es liege keine Namensverwechslung vor und daher beantragt, den Einspruch als unbegründet zu verwerfen.
Mit Urteil vom 19.5.2015 hat das LG Bad Kreuznach den gegen den Vollstreckungsbescheid des AG Stuttgart vom 8.10.2014 eingelegten Einspruch als unzulässig verworfen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der Einspruch nicht innerhalb der zweiwöchigen Einspruchsfrist eingelegt worden sei. Insoweit wird auf das angefochtene Urteil vom 19.5.2015 verwiesen.
Hiergegen wendet sich Bassam A. mit seiner Berufung und führt an, er habe zu keiner Zeit die Reisebuchung vorgenommen. Vielmehr sei diese durch seinen Bruder Bassem A. erfolgt. Dieser wohne in der Bismarckstraße 10 in X.. Gegen seinen Bruder Bassem A. sei auch der Erlass eines Mahnbescheides beantragt worden, weshalb dieser Partei im Mahnverfahren geworden sei. Die anschließ...