Leitsatz (amtlich)
Ergeht eine einstweilige Anordnung (in einer Gewaltschutzsache) ohne wirksame Ladung des Antragsgegners nach Erörterung der Sache nur mit der Antragstellerin, ergeht die Entscheidung nicht nach § 57 Satz 2 Nr. 4 FamFG auf Grund mündlicher Verhandlung, sondern iSd § 54 Abs. 2 FamFG ohne eine solche.
Eine (anwaltlich eingelegte) Beschwerde gegen diese Entscheidung ist nicht zulässig; sie stellt in Wahrheit einen Antrag nach § 54 Abs. 2 FamFG dar; die Sache ist dann zur (erstmaligen) Durchführung der mündlichen Verhandlung iSd § 54 Abs. 2 FamFG an das AG zurückzugeben.
Verfahrensgang
AG Mainz (Aktenzeichen 37 F 251/16) |
Tenor
Die Sache wird zur Durchführung der mündlichen Verhandlung und Entscheidung an das AG - Familiengericht - Mainz zurückgegeben.
Gründe
Die Sache ist zur Durchführung einer mündlichen Verhandlung an das AG zurückzugeben. Der - entsprechend der Rechtsbehelfsbelehrung sowie der (objektiv unzutreffenden) Angabe im Beschluss hinsichtlich einer ihm zugrundeliegenden mündlichen Verhandlung - als Beschwerde bezeichnete Rechtsbehelf des Antragsgegners stellt bei zutreffender Auslegung unter den Umständen des vorliegenden Falles tatsächlich einen Antrag auf Neuentscheidung nach mündlicher Verhandlung gemäß § 54 Abs. 2 FamFG dar (vgl. hierzu: OLG Celle, Beschluss vom 02.11.2012 - 10 UF 269/12, Rn. 12, juris).
Die angefochtene Entscheidung vom 03.11.2016 ist nicht aufgrund mündlicher Verhandlung im Sinne des § 57 Satz 2 Nr. 4 FamFG ergangen, weil dem Antragsgegner eine Ladung zur anberaumten Verhandlung vom 03.11.2016 nicht ordnungsgemäß nach § 15 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 FamFG bekannt gegeben worden ist. Eine mündliche Verhandlung nach § 57 Satz 2 FamFG setzt aber die ordnungsgemäße Bekanntgabe der Ladung voraus (OLG Celle, a. a. O; OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 16.08.2012 - 5 UF 221/12, juris).
Eine Beschwerde ist nach § 57 Satz 2 FamFG ausschließlich für dort abschließend aufgezählte Verfahrensgegenstände - zu denen gemäß Nr. 4 auch Anträge nach den §§ 1 und 2 Gewaltschutzgesetz wie vorliegend gegeben gehören - eröffnet, auch das allerdings nur, soweit das Gericht des ersten Rechtszugs "auf Grund mündlicher Erörterung entschieden hat". Ist dagegen die Entscheidung über eine einstweilige Anordnung in einer Familiensache - wie hier - ohne mündliche Verhandlung ergangen, ist gemäß § 54 Abs. 2 FamFG auf Antrag auf Grund mündlicher Verhandlung erneut zu entscheiden (OLG Celle, a.a.O.).
Ist dem Antragsgegner wie hier mangels Kenntnis vom Begehren der Antragstellerin und dem dazu anberaumten Termin durch dessen Abhaltung kein rechtliches Gehör gewährt worden, hatte er keinerlei Möglichkeit, der Darstellung der Antragstellerin entgegenzutreten.
Dann erfüllt das amtsgerichtliche Vorgehen aber die entscheidende Funktion der vor einer Beschwerdeeröffnung zwingend vorgeschriebenen mündlichen Erörterung nicht und stellt eine mündliche Erörterung im Rechtssinne nicht dar (OLG Celle, a.a.O.).
Die danach fehlerhafte Rechtsbehelfsbelehrung schafft kein - in Wahrheit nicht gegebenes - Rechtsmittel.
Fundstellen
Dokument-Index HI10174917 |