Leitsatz (amtlich)

Unterhaltszahlungen, die auf eine unter dem Vorbehalt der Durchführung eines Hauptsachverfahrens stehende Einigung hin gezahlt werden, kommt keine Erfüllungswirkung zu. Die Wirkungen einer solchen Vereinbarung gehen nicht über jene einer gerichtlichen einstweiligen Unterhaltsanordnung hinaus.

Da solche Unterhaltszahlungen unter dem Vorbehalt einer endgültigen Regelung stehen, tritt allerdings mit Rechtskraft der Entscheidung in der Hauptsache im Umfang des mit dieser zuerkannten Unterhalts Erfüllungswirkung ein, ohne dass sich der Unterhaltempfänger auf zwischenzeitlich eingetretene Bereicherung berufen kann.

Diese nachträglich eintretende Erfüllungswirkung ist mittels Vollstreckungsgegenantrag geltend zu machen.

 

Normenkette

BGB §§ 362, 1361; ZPO § 767

 

Verfahrensgang

AG Westerburg (Aktenzeichen 47 F 59/22)

 

Tenor

1. Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Teil-Versäumnis- und Schlussbeschluss des Amtsgerichts Westerburg vom 28.06.2022, Az. 47 F 59/22, in den Ziffern 1. und 2. des Tenors der angefochtenen Entscheidung dahingehend abgeändert, dass die Zwangsvollstreckung aus dem Beschluss des Oberlandesgerichts Koblenz vom 22.02.2022, Az.: 7 UF 555/21, für den Zeitraum ab Oktober 2017 bis einschließlich Februar 2022 in Höhe von 29.664,28 EUR für unzulässig erklärt und der Antrag im Übrigen abgewiesen wird.

2. Die Anträge auf Aussetzung der Zwangsvollstreckung aus dem Vergleich vom 07.09.2017 in dem einstweiligen Anordnungsverfahren vor dem Amtsgericht Westerburg, Az.: 41 F 149/17, sowie auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung aus dem Beschluss des OLG Koblenz vom 22.02.2022, Az.: 7 UF 555/21, werden abgelehnt.

3. Die Kosten des Verfahrens erster und zweiter Instanz hat die Antragsgegnerin zu tragen.

4. Der Verfahrenswert wird für das Beschwerdeverfahren auf 29.838,28 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Beteiligten streiten um die Berücksichtigung von bereits gezahltem Trennungsunterhalt im Rahmen der Zwangsvollstreckung.

Die Beteiligten haben am 07.09.2017 in dem einstweiligen Anordnungsverfahren wegen Trennungsunterhalt (Az.: 41 F 149/17) vor dem Familiengericht folgenden Vergleich geschlossen:

"Der Antragsgegner verpflichtet sich dazu, beginnend mit dem Monat September 2017 an die Antragstellerin einen monatlichen Trennungsunterhalt in Höhe von 700,00 EUR, jeweils fällig im Voraus zum 3. Werktag eines Monats, zu zahlen.

Die Beteiligten sind sich darüber bewusst, dass dies lediglich eine vorläufige Regelung darstellt, jedem Beteiligten steht es frei, ein entsprechendes Hauptsacheverfahren für einen höheren Unterhalt oder für eine Abänderung zu einem niedrigeren Unterhalt anzustreben."

Auf diese Vereinbarung hat der Antragsteller Zahlungen in Höhe von monatlich 700,00 EUR in dem Zeitraum von September 2017 bis Februar 2022, mithin von insgesamt 37.800,00 EUR (54x 700,00 EUR), geleistet.

Mit Beschwerdeentscheidung des Senats vom 22.02.2022 in dem entsprechendem Hauptsachverfahren wegen Trennungsunterhalts (Az.: 7 UF 555/21) wurde der Antragsteller des vorliegenden Verfahrens zur Zahlung von rückständigem Trennungsunterhalt in Höhe von insgesamt 29.838,28 EUR für den Zeitraum von September 2017 bis einschließlich Februar 2022 sowie von laufendem Trennungsunterhalt in Höhe von 792,76 EUR monatlich ab März 2022 verpflichtet. Eine Anrechnung der bereits geleisteten Zahlungen erfolgte nicht. Wegen der Einzelheiten wird auf den Beschluss vom 22.02.2022 (Anlage K 1, Bl. 4 - 9 Rs. Akte AG) verwiesen.

Mit außergerichtlichem Schreiben vom 03.03.2022 hat die Verfahrensbevollmächtigte des Antragstellers die Aufrechnung mit den gezahlten Unterhaltsbeträgen erklärt sowie die Überzahlung in Höhe von 7.961,72 EUR zurückgefordert.

Mit außergerichtlichem Schriftsatz vom 17.03.2022 wurde durch den Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin die Einleitung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen aus dem Beschluss vom 22.02.2022 angekündigt. Zugleich wurde zugesichert, dass Zwangsvollstreckungsmaßnahmen aus dem Vergleich vom 07.09.2017 nicht ergriffen werden.

Der Antragsteller erstrebt in vorliegendem Verfahren die Berücksichtigung der unstreitig geleisteten Trennungsunterhaltszahlungen auf seine Unterhaltsverpflichtungen aus dem Beschluss des Senats vom 22.02.2022 und die entsprechende Erklärung der Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung.

Der Antragsteller hat geltend gemacht,

durch den Beschluss des Senats sei die vergleichsweise Regelung des einstweiligen Anordnungsverfahrens außer Kraft getreten und damit die Rechtsgrundlage für die Zahlungen nachträglich entfallen. Darüber hinaus sei der aus der Kostenentscheidung resultierende Kostenerstattungsanspruch in Höhe von insgesamt 6.264,43 EUR zu berücksichtigen.

Der Antragsteller hat zuletzt beantragt,

die Zwangsvollstreckung aus dem Beschluss des Oberlandesgerichts Koblenz vom 22.02.2022, Az.: 7 UF 555/21, für unzulässig zu erklären.

Die Antragsgegnerin ist im Termin am 20.06.2022 nicht erschienen.

Sie hat die Auffassung vertreten, die Einwendungen seien ausgeschlossen, ...

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