Leitsatz (amtlich)
Seit der Änderung des § 94 Abs. 3 S. 2, 2. Hs. KostO mit Wirkung zum 1.1.2002 betrifft die vom FamG gem. § 13a FGG getroffene Kostenentscheidung nicht mehr nur die außergerichtlichen Kosten sondern auch die gerichtlichen Gebühren und Auslagen. Hebt das Gericht die Kosten eines Sorgerechtsverfahrens gegeneinander auf, können die entstandenen Auslagen (hier: Kosten eines Sachverständigengutachtens von über 5.000 Euro) daher, auch wenn dem einen Elternteil Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlungsanordnung gewährt worden war, gegen den anderen Elternteil nur hälftig angesetzt werden. (Änderung der bisherigen Rechtssprechung).
Verfahrensgang
AG Bingen am Rhein (Aktenzeichen 9 F 172/01) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des AG – FamG – Bingen am Rhein vom 12.12.2002 abgeändert und dahingehend neu gefasst, dass die vom Antragsteller an die Staatskasse zu zahlenden Kosten in Abänderung der Kostenrechnung vom 16.10.2002 auf 2.736,34 Euro festgesetzt werden.
Diese Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei, Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
Das FamG hat mit Beschluss vom 9.7.2002 nach Einholung eines familienpsychologischen Gutachtens eine Sorgerechtsregelung hinsichtlich der beiden minderjährigen Kinder der Parteien getroffen und die Gerichtskosten beiden Parteien je zur Hälfte auferlegt. Mit Kostenrechnung vom 16.10.2002 hat die Staatskasse neben den hälftigen Gerichtsgebühren die gesamten im Verfahren entstandenen Auslagen, insb. die Kosten des eingeholten Sachverständigengutachtens i.H.v. fast 5.400 Euro dem Antragsteller allein in Rechnung gestellt. Seine hiergegen gerichtete Erinnerung hat das FamG durch Beschluss vom 12.12.2002 mit der Begründung zurückgewiesen, gem. § 8 Abs. 3 S. 3 KostVerf seien die gesamten Auslagen von ihm anzufordern, weil die Antragsgegnerin zu einer Zahlung nicht in der Lage sei.
Die gegen diese Entscheidung gerichtete Beschwerde des Antragstellers ist gem. § 14 Abs. 3 bis 5 KostO zulässig und wird vom Senat ausweislich der Erinnerung vom 22.10.2002 dahingehend verstanden, dass der Antragsteller sich nur gegen den Ansatz der gesamten Sachverständigenkosten (nicht der hälftigen Verfahrensgebühr und der weiteren Auslagen) wehren will. In diesem Umfang hat die Beschwerde auch in der Sache Erfolg. Hierbei bedarf es keiner Entscheidung, ob dem Antragsteller, wie von ihm gerügt, aus Gründen des rechtlichen Gehrs die im Rahmen des Prozesskostenhilfeverfahrens gemachten Angaben der Antragsgegnerin (entgegen der gesetzlichen Anordnung des § 117 Abs. 2 S. 2 ZPO) hätten zugänglich gemacht werden müssen. Denn die Einkommens- und Vermgensverhältnisse der Antragsgegnerin sind für den Umfang der vom Antragsteller zu tragenden Kosten ohne Bedeutung. Die Staatskasse war nämlich bereits durch die vom FamG im Beschluss vom 9.7.2002 getroffene Kostengrundentscheidung gebunden, die im Verfahren entstandenen Auslagen nur zur Hälfte gegen den Antragsteller anzusetzen.
Allerdings war es in der Vergangenheit in Rspr. und Literatur streitig, ob die nach § 94 Abs. 3 S. 2 KostO getroffene Kostenentscheidung auch die gerichtlichen Auslagen mit umfasste (vgl. z.B. OLG Hamm v. 20.11.2000 – 4 WF 188/00, FamRZ 2001, 696 einerseits und OLG Celle v. 22.3.1996 – 21 WF 14/96, FamRZ 1996, 1559 andererseits). Nach überwiegender, auch vom erkennenden Senat vertretener Meinung bezog sich die vorgenannte Regelung nur auf die Verfahrensgebühren, während die Frage, wer – und ggf. in welchem Umfang – die gerichtlichen Auslagen (einschließlich entstandener Sachverständigenkosten) zu tragen hat, allein aus §§ 2, 5 KostO, 8 KostVerf beantwortet wurde (vgl. zuletzt z.B. OLG Koblenz v. 27.9.2002 – 13 WF 567/02, MDR 2003, 155 und FamRZ 2001, 297 sowie v. 27.3.2000 – 11 WF 146/00, MDR 2000, 1440; OLG Nürnberg v. 15.5.2001 – 10 WF 958/01, OLGReport Nürnberg 2001, 370 = NJW-RR 2002, 77; OLG Köln v. 24.1.2000 – 27 UF 267/99, FamRZ 2001, 112; OLG Hamm v. 20.11.2000 – 4 WF 188/00, FamRZ 2001, 696). Das hatte seinen Grund darin, dass die gerichtliche Kostengrundentscheidung nach § 13a FGG das Verhältnis der Verfahrensbeteiligten zueinander betrifft und § 94 KostO sich allein mit den Gerichtsgebühren befasste, während die Regelung über die Erstattung entstandener Auslagen an die Staatskasse allein in §§ 2 ff. KostO gesehen wurde (OLG Koblenz v. 27.9.2002 – 13 WF 567/02, MDR 2003, 155 und FamRZ 2001, 297 sowie v. 27.3.2000 – 11 WF 146/00, MDR 2000, 1440; OLG Nürnberg v. 15.5.2001 – 10 WF 958/01, OLGReport Nürnberg 2001, 370 = NJW-RR 2002, 77; OLG Köln v. 24.1.2000 – 27 UF 267/99, FamRZ 2001, 112; OLG Hamm v. 20.11.2000 – 4 WF 188/00, FamRZ 2001, 696).
Hieran kann nach der Änderung des § 94 Abs. 3 S. 2, 2. Hs. KostO durch das Gesetz zur Verbesserung des zivilgerichtlichen Schutzes bei Gewalttaten und Nachstellungen sowie zur Erleichterung der Überlassung der Ehewohnung bei Trennung vom 11.12.2001 (BGBl. I, 3513) nicht mehr festgehalten werden (so auch Hartmann, Kostengesetze, 32. Aufl, KostO § 94 Rz. 27). ...