Verfahrensgang
LG Mainz (Urteil vom 09.05.2018; Aktenzeichen 4 O 189/17) |
Nachgehend
Tenor
1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
2. Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 05.04.2019.
Gründe
Das Landgericht hat im Ergebnis zu Recht festgestellt, dass der Klägerin ein Anspruch auf Ersatz des ihr anlässlich des Unfallereignisses vom 29.07.2016 entstandenen materiellen und immateriellen Schadens nicht zusteht. Die Klägerin hat den Eintritt dieses Schadensereignisses in zurechenbarer Weise selbst herbeigeführt; ein etwaiger geringfügiger Mitverursachungsanteil des Beklagten muss hinter diesem schuldhaften Verhalten der Klägerin zurücktreten.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Schadensersatz auf der Grundlage einer hier allein in Betracht kommenden deliktischen Haftung nach § 823 Abs. 1 BGB.
Für die Herbeiführung des streitgegenständlichen Unfallereignisses ist die Klägerin in hohem Maße verantwortlich, indem sie beim Befahren des Geh- und Radweges auf der ...[A] zwischen ...[B] und ...[C] die ihr obliegenden verkehrsrechtlichen Sorgfaltspflichten missachtet hat.
Nach § 7 Abs. 4, 5 Mobilitätshilfenverordnung (MobHV) hat, wer mit einer elektrischen Mobilitätshilfe am öffentlichen Straßenverkehr teilnimmt, unter Beachtung des Rechtsfahrgebotes auf gemeinsamen Verkehrsflächen für Fußgänger und Fahrzeuge Fußgängern den Vorrang zu gewähren und darauf zu achten, dass diese weder gefährdet noch behindert werden. Diesen Anforderungen wird das Verhalten der Klägerin nicht gerecht.
Handelt es sich - wie im vorliegenden Fall - um einen mit dem Zeichen 240 zu § 41 StVO gekennzeichneten kombinierten Fuß- und Radweg, so treffen den Segway-Fahrer, der innerhalb wie außerhalb geschlossener Ortschaften diesen für Radfahrer freigegebenen Weg nach § 7 Abs. 3 MobHV pflichtgemäß zu befahren hat, gegenüber den dort befindlichen Fußgängern erhöhte Sorgfaltspflichten, die über die Rücksichtnahmepflichten der Fußgänger gegenüber den auf diesem Weg fahrenden Verkehrsteilnehmern hinausgehen (vgl. Hentschel/König/Dauer-König, Straßenverkehrsrecht, 45. Aufl., § 41 StVO Rdn. 248 c zu Zeichen 240 [gemeinsamer Fuß- und Radweg]).
Fußgängern ist es grundsätzlich gestattet, den gemeinsamen Fuß- und Radweg auf der ganzen Breite zu benutzen und dort auch stehenzubleiben (so auch OLG Frankfurt NJW-RR 2013, 600; Hentschel/König/Dauer-König, Straßenverkehrsrecht a.a.O.). Diese Vorrangstellung von Fußgängern auf gemeinsam für Fußgänger und Radfahrer ausgewiesenen Flächen kommt auch darin zum Ausdruck, dass nach der Verwaltungsvorschrift zu § 41 StVO zu Zeichen 240 eine solche Verkehrsfläche nur dann angelegt werden soll, wenn dies unter Berücksichtigung der Belange der Fußgänger, insbesondere der älteren Verkehrsteilnehmer und der Kinder, im Hinblick auf die Sicherheit vertretbar erscheint.
Da der Beklagte als Fußgänger auf dem kombinierten Fuß- und Radweg nach § 7 Abs. 5 MobHV somit den absoluten Vorrang hatte, brauchte er auch nicht fortwährend nach Radfahrern oder sonstigen auf dieser Strecke berechtigt fahrenden Verkehrsteilnehmern, die von hinten herannahen konnten, Ausschau zu halten (so auch OLG Frankfurt, a.a.O.). Der Beklagte durfte mithin im vorliegenden Fall darauf vertrauen, dass die den Weg mit einem Fahrrad oder einer elektrischen Mobilitätshilfe nutzenden Verkehrsteilnehmer gegebenenfalls Schrittgeschwindigkeit einhielten und durch Klingelzeichen oder sonstige akustische Signale rechtzeitig auf sich aufmerksam machen und insbesondere bei unklarer Verkehrslage sicherstellen würden, dass diese Warnsignale von ihm, dem Beklagten, auch rechtzeitig wahrgenommen und verstanden wurden.
Im vorliegenden Fall hätte sich die Klägerin als Fahrerin eines Segway, die die Belange von Fußgängern besonders zu berücksichtigen hatte, durch Blickkontakt mit dem Kläger Gewissheit darüber verschaffen müssen, dass der Beklagte sie wahrgenommen und zu erkennen gegeben hatte, dass er situationsangemessen reagieren würde. Diesen Sorgfaltsanforderungen wird das Verhalten der Klägerin nicht gerecht.
Auch wenn die Klägerin - wie von ihr anlässlich ihrer Anhörung bei dem Landgericht ausgeführt - laut gerufen und geklingelt hat, bevor sie den Standort des Beklagten erreichte, hat sie ihren verkehrsrechtlichen Sorgfaltspflichten noch nicht hinreichend genüge getan.
Der in erster Instanz vernommene Zeuge ...[D] hat insoweit bekundet, er habe weder ein Klingeln noch ein Rufen der Klägerin wahrgenommen. Selbst wenn der Beklagte und der Zeuge ...[D] dies möglicherweise überhört haben...